«Anti-Diva» Dagmar Manzel wird 65
Die Schauspielerin hat eine grosse schwule Fangemeinde
Dagmar Manzel feiert am 1. September ihren 65. Geburtstag. Die vielseitige Sängerin und Schauspielerin blickt auf eine lange und erfolgreiche Bühnenkarriere zurück. Sie freut sich aber auch auf die Zeit danach.
Von Weronika Peneshko, dpa
Sie gilt als eine der wandlungsfähigsten Künstlerinnen in Deutschland. Sie schauspielert auf den grossen Berliner Bühnen, singt Operetten, inszeniert Pippi Langstrumpf und holt als Paula Ringelhahn mit dem Franken-«Tatort» regelmässig Millionen Zuschauer*innen vor die Bildschirme: Dagmar Manzel begeht am 1. September ihren 65. Geburtstag.
Den Tag feiert sie so, wie man es nicht unbedingt erwarten würde: Sie geht mit einem Freund ein Spiel des 1.FC Union Berlin gucken. «Ich schaue gerne Fussball – auch Frauenfussball – und trinke dazu ein Bierchen. Ich fiebere jedes Mal total mit. Das finde ich vollkommen entspannend.»
Die Tochter eines Lehrerehepaars wuchs in Ost-Berlin mit Opern und Operetten auf. Zuhause sang sie zu Platten von Maria Callas, vor dem Spiegel dirigierte sie ganze Orchester. Dann entdeckte eine Freundin ihr komödiantisches Talent, irgendwann überraschte Manzel die Eltern mit dem Entschluss, auf die Staatliche Schauspielschule in Berlin zu gehen. Barrie Kosky, der ehemalige Intendant der Komischen Oper Berlin (MANNSCHAFT berichtete), nannte sie einst eine «Anti-Diva». In ihm hatte sie einen würdigen Wegbegleiter ihrer Kunst gefunden.
Auch am Deutschen Theater wirkte das Geburtstagskind ganze 18 Jahre als Teil des Ensembles. Für ihr Stück «Gift» von Lot Vekemans, bei dem sie im Duo mit Ulrich Matthes auftrat, erhielt sie den «Goldenen Vorhang» als beste Schauspielerin, den Zuschauerpreis des Berliner Theaterclubs. Und sie ist «back by popular demand» – im Oktober wird das Stück wieder zu sehen sein. Von der neuen Intendantin Iris Laufenberg hat sie zugesagt bekommen, das Stück noch so lange spielen zu können, wie sie wolle. Das heisst: Solange auch die Zuschauer kommen «und mein Partner Ulrich Matthes auch will», erklärt Manzel.
Der Goldene Vorhang ist nicht der einzige Preis, den sie den ihren nennen darf. Als beste weibliche Nebenrolle im Film «Die Unsichtbare» wurde sie mit dem Deutschen Filmpreis ausgezeichnet, das war 2012. Und davor hatte sie bereits zwei Mal den Deutschen Fernsehpreis sowie zwei Mal den Adolf-Grimme-Preis und den Bayerischen Fernsehpreis eingesammelt. Die Berlinerin kann also bereits auf eine lange und sehr erfolgreiche Karriere zurückblicken. Eine Lieblingsrolle hatte sie in der Zeit aber nicht – im Gegenteil: In so gut wie jede Figur habe sie ihr Herzblut reingesteckt. «Jede Rolle war immer das Nonplusultra. Ich versuche immer im Jetzt mit ganzem Herzen präsent zu sein.»
In «Coming Out »spielte sie die Freundin von Philipp (Matthias Freihof), bevor der sich als schwul outete; in «Gloria – Die schönste Kuh meiner Schwester» war Freihof als Partner ihres schwulen Bruders (Axel Prahl )zu sehen (MANNSCHAFT berichtete).
Manzel will noch viele Rollen verkörpern. «Allen voran: Mutter Courage.» Diese Figur aus Bertolt Brechts berühmtem Drama «Mutter Courage und ihre Kinder» reist während des Dreissigjährigen Krieges als Händlerin durchs Land und versucht, ihre drei Kinder am Leben zu halten. «Wenn die Rolle zu mir kommt, dann soll ich sie spielen, wenn nicht, dann soll es nicht sein.»
Gerade ist sie in ihre letzten Dreharbeiten als Kommissarin im «Tatort» gestartet und wird die ARD-Krimi-Reihe danach verlassen. «Wenn’s am schönsten ist, soll man aufhören. Paula ist eine spannende und vielschichtige Figur und ich bin sehr dankbar, dass ich sie gestalten durfte – und gleichzeitig gibt es noch viele andere Sachen, auf die ich unglaublich viel Bock habe», sagte die 64-Jährige, die seit 2015 dabei ist, nach Angaben des Bayerischen Rundfunks (BR).
65 ist ein verheissungsvolles Alter und für viele Menschen von Umbrüchen gekennzeichnet. Auch Manzel wird kürzertreten, nicht mehr so viel gleichzeitig machen. «Ich werde in Rente gehen und mehr Zeit für mich und meine Enkelkinder haben, zum Beispiel um mit ihnen mal für sechs Wochen in den Urlaub zu fahren.» Sie verschwinde aber nicht von der Bühne und der Leinwand. Mit viel Ruhe wolle sie sich auf einzelne, spannende Projekte konzentrieren. Mir hat alles Spass gemacht, aber es ist gut, dass jetzt auch ein Einschnitt kommt – eine Zeit, in der ich gar nicht mehr muss und nur noch kann.»
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