Albstadt lädt zum 1. CSD – und wird schon angefeindet

Die Kleinstadt will die queere Community stärken

Bild: Norbu Gyachung, Unsplash
Bild: Norbu Gyachung, Unsplash

Albstadt liegt auf der pietistischen Schwäbischen Alb. Die Kleinstadt hat nahezu 50’000 Einwohner*innen. Trotzdem hat es dort nie eine queere Bewegung gegeben. Das soll sich mit dem CSD ändern.

«Man soll dein drecksschwules Herz rausschneiden und an die Hunde verfüttern»: So lautet eine E-Mail, die das Organisationsteam des CSD Albstadt erreichte. Doch das verängstigt die Organisierenden nicht, schreiben sie in einer Pressemitteilung.

Der baden-württembergische Ort Albstadt sei bekannt als eine Hochburg «mit Geschmäckle». Hier wurde Bundeskanzler Kiesinger geboren, der für seine NS-Vergangenheit in den Geschichtsbüchern bekannt ist. Im Nachbarort Balingen existiert die Hindenburgstrasse, an der das ehemalige NSDAP-Kreisgebäude immer noch steht. Weniger Kilometer entfernt regierte der erste AfD-Bürgermeister in Süddeutschland, im Örtchen Burladingen.

Dabei ist in der Region nicht alles rechts. Im Gegenteil. Die ansässige Lebenshilfe verkauft hier Kaffeebohnen, von denen eine Spende an den Lesben- und Schwulenverband gelangt. In Albstadt hatte zudem Stauffenberg einer seiner Schlösser.

Im Landkreis können LGBTIQ mal eben nicht zur Aids-Hilfe gehen. Denn es gibt keine. Bei nahezu 200’000 Einwohnern. Und auch sonst kennt man queere Menschen in Albstadt und Umgebung eher aus dem Fernsehen. In Albstadt findet man keine Regenbogenflagge an den Häusern. Dabei ist es nicht so, als hätte der Zollernalbkreis es nicht versucht. Vor circa 10 Jahren sollte hier schonmal ein CSD stattfinden. Allerdings stellten sich die Veranstalter*innen, ein schwules Paar, als Betrüger*innen heraus. Mit dieser Vorgeschichte hat der diesjährige Albstädter CSD nichts zu tun.

Der CSD wird organisiert von den Jusos Zollernalb und dem Verein «Immerwaslos». Auf der Kundgebung am 6. September wird es sehenswerte Redebeiträge geben. So wird beispielsweise der Out-in-church-Aktivist Uwe Grau auf dem CSD sprechen, gemeinsam mit dem trans Pfarrer Samuel Schelle. Der Politiker Florian Wahl wird auch eine Rede halten. Er ist queer-politischer Sprecher der SPD Baden-Württemberg. Der CSD Albstadt hat es sich zur Aufgabe gemacht, mehr Offenheit im schwarzen Zollernalbkreis zu wagen. Nach jahrzehntelangem Verstecken sollen nun LGBTIQ im Mittelpunkt stehen.

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