Adults-only-Hotels: Keine Kinder, bitte

Was in anderen Ländern gang und gäbe ist, gehört in der Schweiz noch zur Nische

Bild: iStockphoto
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In Deutschland, Italien und Österreich gibts einige von ihnen: Hotels die sich auf eine kinderlose Kundschaft spezialisiert haben. In der Schweiz tun sich viele Häuser mit einer «Adults only»-Politik schwer. Zu gross ist die Angst, als Kinderhasser dazustehen. Dabei sind sogar junge Eltern ganz gerne mal unter sich.

Wer in der Schweiz ein Hotel sucht, das nur erwachsene Gäste aufnimmt, muss sich auf eine umständliche Suche im weltweiten Netz einstellen. Auf der Website von Schweiz Tourismus kann man zwar Hotels suchen und buchen, doch bei den Hoteltypen stehen nur Kategorien wie «nachhaltige Hotels», «Bikehotel», «Wanderhotel» oder «hundefreundliche Hotels» zum Anklicken zur Verfügungen, die Kategorie «Erwachsenenhotels» oder «Adults only» sucht man vergeblich.

Markus Berger ist Mediensprecher von Schweiz Tourismus und sagt dazu: «Das Thema «adults only» ist in der Schweiz eine absolute Nische. Anfragen dazu gibt es praktisch gar nie, weder von Seiten der Gäste noch von Seiten der Hoteliers.» Mit der Aussage, dass «Adults only» in der Schweiz eine Nische sei, damit ist Stephan Maeder vom Hotel Carlton Europe in Interlaken einverstanden. Seit 2019 ist sein Haus kinderfrei.

«Wir haben uns bewusst für diese Nische entschieden, denn ich bin der Meinung, dass nur Hotels mit klarer Positionierung eine Zukunft haben.» Er meint damit, dass in der Schweiz zu viele Hotels zu viel vom Gleichen anböten und sich nur durch den Preis unterschieden. 

Bereits anderthalb Jahre bevor Maeder sein Hotel auf erwachsene Gäste umstellte, hat er begonnen, die neue Strategie zu kommunizieren, und ist heute «sehr froh» über diese Umstellung, wie er sagt: «Wir hatten ein viel besseres Jahr», meint er weiter. Zwar zahle sich die Politik (noch) nicht aus, doch vom Betriebsablauf habe die Neupositionierung vieles vereinfacht und verbessert.

Ja, es sei vorgekommen, dass er Laufkundschaft wieder habe wegschicken müssen. «Interlaken ist eine beliebte Destination für arabische und indische Familien. Aber auch sie haben grösstenteils verständnisvoll auf unsere Hotelpolitik reagiert und sich dann halt nach einem anderen Hotel umgeschaut.» Komme hinzu, sagt er, dass sein 120-jähriges Haus mit seiner musealen Einrichtung oder dem Biobadepool für Kinder einfach ungeeignet sei. Maeder freut sich, dass sein Hotel heute vor allem bei frisch Verheirateten, Hundehalter*innen oder auch bei der LGBTIQ-Community beliebt ist. Mit «adults only» unterscheidet er sich klar von seiner Konkurrenz. Zudem wünscht er sich, dass man in den gängigen Suchmaschinen wie booking.com oder hotels.com – sowie natürlich auch bei Schweiz Tourismus – bald leichter gezielt nach Hotels für Erwachsene suchen kann. 

Keine Kinderfeindlichkeit Ebenfalls kinderfrei seit diesem Jahr ist das Hotel Arnica in Scuol. Martina Zogg betont wie Stephan Maeder, dass diese Positionierung ihrer Hotels im Erwachsenensegment überhaupt nichts mit einer Kinder- oder Familienfeindlichkeit zu tun habe. Beide sind nämlich Familienmenschen und haben sich aus strategischen Gründen für eine «Adults-only»-Politik entschieden. Zogg sagt dazu: «Als wir unser zweites Haus eröffnet haben und im neuen Haus keine Kinder beherbergen wollten, wurde uns vorgeworfen, eine Zweiklassenpolitik zu fahren. Das hat immer wieder zu unnötigen Diskussionen mit den Gästen geführt.» 

«Nur Hotels mit einer klaren Positionierung haben eine Zukunft», sagt Stephan Maeder vom Hotel Carlton Europe in Interlaken.
«Nur Hotels mit einer klaren Positionierung haben eine Zukunft», sagt Stephan Maeder vom Hotel Carlton Europe in Interlaken.

Das familiengeführte Hotel stand vor einer Entscheidung: Entweder wird das gesamte Hotel für Kinder geöffnet oder beide Häuser werden künftig als Erwachsenenhotel geführt. Da das Hotel Arnica weder über Spielzimmer noch -plätze verfügt, hat die Familie sich für Letzteres entschieden. «Damit stossen wir zwar nicht überall auf Verständnis», meint Zogg, «doch unsere Entscheidung haben wir noch nie bereut.» Schliesslich gebe es genügend andere Hotels, die besser auf Kinder ausgerichtet seien. Zogg erinnert sich: «Am Anfang fürchteten wir uns vor einem Shitstorm in den sozialen Medien. Doch glücklicherweise ist dieser ausgeblieben und heute gibt es bereits viele Gäste, die unser Haus explizit wegen unserer Erwachsenenpolitik ausgesucht haben.» 

«Peru ist auf dem richtigen Weg»

Auszeit ohne Kinderlärm Als Andri Franziscus und sein Partner Thomas Werren 2015 die Guarda Lodge eröffneten, haben sie sich ebenfalls überlegt, ihr kleines Haus als Erwachsenenhotel zu positionieren. Franziscus sagt dazu: «Wir haben uns dann bewusst dagegen entschieden, weil Kinder zu Guarda, dem berühmten Schellen-Ursli-Dorf, einfach irgendwie dazu gehören.» Wichtig sei ihnen aber, dass die Balance zwischen erwachsenen und kleinen Gäste stimme. «10 bis 15 Prozent unserer Gäste sind Kinder, das sei gut verkraftbar und sorge auch für eine «schöne Stimmung im Haus», wie er sagt. Er findet es aber gut, dass es das «Adults only»-Angebot vermehrt gebe. Denn auch Eltern würden sich gerne mal eine Auszeit nehmen und ein kinderfreies Wochenende geniessen. Damit sich ein Hotel aber überhaupt eine «No kids»-Politik leisten könne, braucht es eine gewisse Grösse des Ortes und des Hauses, zeigt er sich überzeugt. 

«Nicht nur Schwule, auch viele heterosexuelle, junge Pärchen oder Eltern wünschen sich mal ein Wochenende ohne Kinderlärm.»

Gross genug wären sowohl der Ort wie auch das Haus: Reto Konrad ist Marketing- und Verkaufsleiter im Hotel Eden Spiez und sagt: «Seit zwei Jahren spielen wir mit dem Gedanken, ob wir ebenfalls ein «Adults only»-Haus werden sollen», sagt er. Das Hotel sei ideal für Gäste ab 45 Jahren, doch die Direktion konnte sich bis anhin noch nicht entscheiden, nur noch Erwachsene zu beherbergen. Auch Konrad findet: «Nicht nur Schwule verbringen ihre Freizeit oft lieber unter Erwachsenen, auch viele heterosexuelle, junge Pärchen oder Eltern wünschen sich mal ein Wochenende ohne Kinderlärm. Bis Ende Oktober 2019 seien lediglich etwa vier Prozent der Eden-Gäste Kinder gewesen. Dass man hier zum Beispiel Zustellbetten nur in höheren Zimmerkategorien buchen könne, das hindere Gäste mit Kindern auch daran, hier zu reservieren, meint Konrad. Auch die Guarda Lodge muss nicht befürchten, von Kindern überbucht zu werden. Franziscus dazu: «Unsere sieben Zimmer sind eher klein. Vier davon sind Doppelzimmer, in denen eh kein drittes Bett Platz hat.»

Entwicklungsland Schweiz In der Schweiz ist die «Adults-only»-Nische erst am Aufkommen, und sie entwickelt sich nur langsam. Hierzulande fürchtet man sich noch, mit einer eindeutigen Positionierung als Familien- und Kinderfeind wahrgenommen zu werden. Doch darum geht es gar nicht. Bei diesem Vorwurf geht erstens vergessen, dass es bereits unzählige explizite Familienhotels gibt, und zweitens, dass viele Menschen gerade in den Ferien für einmal Ruhe und Erholung suchen. Um es nochmals in den Worten Stephan Maeders zu sagen: «So wie es Businesshotels, Familienhotels, Designhotels, Jugendherbergen oder Wanderhotels und so weiter gibt, sollte es auch Erwachsenenhotels geben. Daran ist nichts falsch. Es ist einfach eine bewusste Positionierung des Hotels.»

Auf Mallorca gibt es übrigens auch ein Hotel, in dem nur Frauen absteigen dürfen; alle Gäste müssen mindestens 14 Jahre alt sein: im Som Doma. Und aus Deutschland kommt ganz aktuell die Forderung, Adult-only-Hotels zu verbieten. Sie seien «asozial».

 

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