So war der «Tatort»: Kein «Schoggiläbe» für das schwule Opfer
Achtung, der Artikel könnte Spoiler enthalten!
Am Sonntag kam der zweite Zürcher «Tatort» ins Fernsehen. Mit einem schwulen Opfer, einer zerstrittenen Familie und wenig Schokolade sponnen die Macher*innen eine verworrene Geschichte.
Für den zweiten «Tatort» aus Zürich ermitteln die Kommissarin Isabelle Grandjean (Anna Pieri Zuercher) und die Profilerin Tessa Ott (Carol Schuler) im Umfeld der superreichen Schokoladenherstellerfamilie Chevalier (MANNSCHAFT berichtete). Dabei mussten die beiden auch mit den Geistern ihrer eigenen Vergangenheit fertig werden.
Gleich zu Beginn sorgte der Anzug des Opfers für einige gewitzte Kommentare auf Twitter. «Wenn du ne Leiche bei Guido-Maria Kretschmer bestellst. #Tatort», schrieb ein*e User*in. Selbst der offizielle «Tatort»-Account machte sich darüber lustig.
Bei der ersten Befragung kurz nach dem Mord erzählte die Tochter des Opfers, dass ihr Vater schwul gewesen sei. Ganz ehrlich, nach der Einstellung mit dem klischeehaften Anzug hätte Claire das beinahe nicht mehr erwähnen müssen.
An Verdächtigen mangelte es diesem Film nicht. Die Tochter, die Tag und Nacht schuftete, um das familieneigene Schokoladenimperium zu modernisieren. Die Mutter, die ihren schwulen Sohn nie akzeptierte und ihn für zu schwach hielt. Der baldige Schwiegersohn, der seine Verlobte hintergeht, um selbst an die Firmenspitze zu gelangen. Oder vielleicht doch der Callboy und seine Bekannten?
Kommissarin Grandjean vermutet wohl zurecht, dass jede Person im Umfeld vom Opfer nahm, was sie brauchte. Während der Tote versucht hatte, es allen recht zu machen. Doch innerlich führte dieses hin und her zu einer Zerrissenheit. Hans-Conrad Chevalier kämpfte sein Leben lang mit Depressionen.
Schwulsein und Schokolade, da war doch was: Nicht nur die fiktive Familie Chevalier konnte mit der Sexualität ihres Mitglieds nicht umgehen. Das freikirchliche Engagement der Familie Läderach gegen LGBTIQ sorgte für Boykottaufrufe (MANNSCHAFT berichtete) und die Fluggesellschaft Swiss kündigte die Zusammenarbeit (MANNSCHAFT berichtete).
Die Geschichte der neuesten «Tatort»-Folge ist verworren. Zu viele Verdächtige, zu viele Erzählstränge laufen gleichzeitig und nicht alle werden geklärt. Die Kritiker*innen bei Twitter sind sich ziemlich einig: Der Zürcher Tatort wäre noch ausbaufähig. Zu hoffen ist, dass die dritte Folge aus der Schweiz offene Fragen zu den Hauptfiguren aufklärt. Das starke Frauenteam mit den beiden vielschichtigen Persönlichkeiten könnte sicher noch einige gute Folgen bringen.
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