St. Patrick’s Day: Selbst 2022 dürfen LGBTIQ nicht überall mitmarschieren
Trotz der Öffnung in Irland selbst verhalten sich irische Organisator*innen im Ausland weniger offen gegenüber queeren Teilnehmenden
Weltweit wird am 17. März jedes Jahr der St. Patrick’s Day gefeiert – das Fest des irischen Nationalheiligen, bei dem alles sich grün färbt und Zusammengehörigkeit gefeiert wird, speziell von Iren im Ausland. Schon lange wird diskutiert, wie willkommen LGBTIQ bei solchen Events und den dazugehörigen Paraden sind.
Während sich Irland selbst zuletzt deutlich von der katholischen Kirche emanzipiert hat (worüber der LGBTIQ-Journalist Derek Scally letztes Jahr seinen Bestseller «The Best Catholics in the World» veröffentlichte, in Anspielung auf den Schwulenklassiker «The Best Little Boy in the World») und entsprechend Events wie die St.-Patrick’s-Day-Paraden in Irland sehr viel diverser geworden sind, sieht die Situation in den USA anders aus. Dort leben seit Generationen irische Auswandererfamilien, an denen die Entwicklungen in der alten «Heimat» vorgegangen zu sein scheinen. Sie halten nach wie vor an rigiden katholisch-konservativen Normen fest.
Als Folge davon waren bei vielen der US-amerikanischen Paraden LGBTIQ über Jahrzehnte verbannt. Und sind es teils immer noch. So etwa bei der bevorstehenden Parade in Staten Island, einem Aussenbezirk von New York City. Dort soll die Parade 2022 wieder stattfinden, nach einer Corona-Unterbrechung 2021. Im Anmeldeformular zur Teilnahme heisst es (in Grossbuchstaben): «THIS PARADE IS NOT TO BE USED FOR AND WILL NOT ALLOW POLITICAL OR SEXUAL IDENTIFICATION AGENDAS TO BE PROMOTED.» Das berichtet das Nachrichtenportal LGBTQ Nation. Mit anderen Worten: Die Parade darf nicht «benutzt» werde und werde es auch explizit «verbieten», dass Teilnehmende ihre «politische oder sexuelle Identifizierungs-Agenda» bewerben. Was immer damit genau gemeint sein mag.
Laut Anmeldeformular dürfen weiterhin nur Personen und Gruppen sich registrieren, die «in keiner Weise im Widerspruch zu den Lehren der katholischen Kirche stehen». (MANNSCHAFT berichtete über Graham Nortons autobiografischen Roman, in dem er von seiner komplizierten Jugend im streng katholischen Irland schreibt.)
Ausgrenzung wird immer intensiver Über 20 Jahre lang waren LGBTIQ auch offiziell ausgeschlossen von der Parade im benachbarten Manhattan, wo alljährlich die grösste St.-Patrick’s-Day-Parade der Welt stattfindet. Doch dieser Ausschluss wurde 2014 aufgehoben. In Staten Island jedoch nicht. Im Gegenteil. Laut LGBTQ Nation sei die Ausgrenzung dort zuletzt «immer intensiver» geworden. Nicht nur LGBTIQ-Gruppen wurde die Teilnahme an der Parade untersagt, sondern auch Einzelpersonen, die irgendwelche LGBTIQ-Verbindungen haben.
«Unsere Parade ist ein Stück irisches Erbe und Kultur», sagte Larry Cummings als Präsident des Organisationskomitees zu The Irish Voice im Jahr 2018: «Es ist keine politische Parade und keine, die sexuelle Identifikation feiert.» Er spricht von «sexual identification», nicht von «identity».
Als Folge dieser krassen anti-LGBTIQ-Haltung weigern sich nun viele Organisationen aus New York, an der Parade in Staten Island teilzunehmen. Darunter Abteilungen der Feuerwehr und Polizei, die eigene LGBTIQ-Gruppen haben.
Offiziell ist von Seiten des Bürgermeisters von Staten Island zu hören: «Wir hoffen immer noch, dass die Organisator*innen der Staten Island St.-Patrick’s-Day-Parade einsehen werden, wie wichtig Inklusion ist, wenn man kulturelles Erbe feiern will, zu dem auch LGBTIQ gehören.» (MANNSCHAFT berichtete über die lesbischen irischen Cousinen Edith Somerville und Violet Martin, die im späten 19. und frühen 20. Jahrhundert Berichte über ihre Reisen durch Connemara schrieben.)
Bei der Parade in Dublin – neben Manhattan die andere grosse und wichtige weltweit – gibt es auf der offiziellen Homepage der Veranstalter*innen Teilnehmer*innenpakete mit dem Titel «Taste of Modern Ireland» – dabei geht es zwar um Essen, es zeigt aber auch, dass in Irland die queere Zeitenwende längst vollzogen ist.
Das spiegelt sich in einer «Acceptance and Love»-Rubrik auf der Homepage der Dubliner Paradeorganisator*innen, wo auf besondere Regenbogen-Events zum St. Patrick’s Day hingewiesen wird, um die Diversität Irlands zu feiern und «die Schönheit des sich gegenseitig Akzeptierens».
Das könnte dich auch interessieren
Niedersachsen
Inklusiv und ordentlich voll: CSD in Oldenburg
Annähernd 15'000 Menschen zogen am Samstag beim Pride-March durch Oldenburg. Eine freikirchliche Organisation konnte nur eine Handvoll Menschen zum Protest mobilisieren.
Von Stephan Bischoff
Pride
Deutschland
Religion
News
TIN
Deutschland
CSDs am Samstag: Hier mit Gegendemo, dort mit Polizeipräsident
Trotz Anfeindungen zieht der zweite CSD durch Eberswalde. Sorgen aber bleiben. Auch der Polizeipräsident ist vor Ort.
Von Newsdesk/©DPA
Pride
Queerfeindlichkeit
News
Kommentar
Ist die Party vorbei? Rückzug grosser Firmen als Chance für den CSD
Warum der CSD wieder politisch werden muss und wir uns an die eigene Nase fassen müssen. Ein Kommentar
Von Robin Schmerer
Pride
Queerfeindlichkeit
Berlin
Senatorin lag Lehrerbrief über homofeindliches Mobbing doch früher vor
Wann hat der Bildungssenatorin der Beschwerdebrief eines homosexuellen Lehrers an sie vorgelegen? Erst im Mai oder schon im Dezember?
Von Newsdesk/©DPA
Bildung
Religion
Schwul
News