Zürcher Gemeinderat stimmt über Unterkunft für LGBTIQ-Geflüchtete ab
Am Mittwoch entscheidet der Zürcher Gemeinderat über die Schaffung von Unterkünften für LGBTIQ-Geflüchtete. Das Postulat der SP erhält Unterstützung von der CVP und der GLP, vielleicht auch von der FDP.
Diesen Mittwoch behandelt der Zürcher Gemeinderat ein Postulat der SP-Gemeinderäte Alan David Sangines und Marco Denoth. Dieses fordert von der Stadt Zürich die Bereitstellung von separaten Unterkünften für LGBTIQ-Geflüchtete.
«Für LGBTIQ-Geflüchtete aus Staaten, in welchen ein äusserst LGBTIQ-feindliches Klima herrscht, ist es besonders schwierig, sich in die Gesellschaft zu integrieren, weil sie bei ihren Landsleuten die Vorurteile befürchten, denen sie zu Hause ausgesetzt waren», heisst es im Postulat, das neben der SP von Grüne und AL geschlossen unterstützt wird.
Wir wissen, dass es heute schon Fälle gibt, in denen LGBTIQ-Geflüchtete in der Unterkunft diskriminiert, drangsaliert oder auch nur gemieden werden.
Die Forderung von Sangines und Denoth wird von diversen Organisationen unterstützt, darunter die Homosexuellen Arbeitsgruppen Zürich HAZ, TGNS und Queeramnesty. «Wir wissen, dass es heute schon Fälle gibt, in denen LGBTIQ-Geflüchtete in der Unterkunft diskriminiert, drangsaliert oder auch nur gemieden werden. Die betreffenden Personen leben in ständiger Angst und sozialer Isolation», schrieb die HAZ in einem Schreiben an die Gemeinderäte.
LGBTIQ-Geflüchtete fürchten sich gemäss Queeramnesty «zu Recht vor Unverständnis, Ablehnung und erneuter Gewalt. Vielen fällt es schwer, über die erlebte Gewalt und Diskriminierung gegenüber einer Behörde zu sprechen, insbesondere, wenn es sich um sexuelle Gewalt handelt.» In der täglichen Betreuung würden viele lesbische, schwule, bisexuelle oder transgeschlechtliche Geflüchtete den Wunsch nach einer separaten Unterbringung äussern. «Das Anliegen des Postulats entspricht daher klar einem tatsächlichen Bedürfnis – und ähnliche bereits bestehende Angebote im Ausland», so Queeramnesty.
Keine Zentren, sondern separate Wohngemeinschaften Sollte das Postulat durchkommen, wäre Zürich die erste Schweizer Stadt, die für LGBTIQ-Geflüchtete eine getrennte Unterkunft bereitstellt. In Deutschland ist dies bereits in Berlin und München der Fall.
«Wer mit betroffenen geflüchteten Menschen spricht, weiss, wie wichtig ihnen ein Rückzugsort ist, an dem sie sich sicher fühlen können, vor allem nach all dem Horror, den sie durchlebt haben», sagt Sangines gegenüber der Mannschaft. «Mit dem Vorstoss soll eine unbürokratische, unkomplizierte Unterbringungsform angestrebt werden, wie beispielsweise separate Wohngemeinschaften in Wohnungen – keine grossen Zentren.»
Unterstützung von CVP und GLP Zustimmung gibt es von der bürgerlichen Seite, zumindest von CVP-Gemeinderat und Stadtratskandidat Markus Hungerbühler. «Ich persönlich stehe positiv zum Geschäft. Ich werde mich auch dafür einsetzen, dass die Fraktion das Postulat geschlossen annimmt», sagt er.
Der Schutz vor Diskriminierung sei keine Frage der politischen Einstellung, sagt er. «Für manche mag das vielleicht überraschend klingen, aber die CVP der Stadt Zürich hat sich stets für solche Anliegen eingesetzt.» Er weist darauf hin, dass seine Partei im Gemeinderat die Ausweitung der Zürcher Fachstelle für Gleichstellung auf LGBTIQ-Themen befürwortet und auch den «Aktionsplan zur Gleichstellung und zur Sicherung der Grundrechte von trans Personen» mitunterzeichnet habe. Der Aktionsplan wurde vor wenigen Wochen im Parlament eingereicht.
Falls angenommen wird das Postulat vom Stadtrat umgesetzt, der im März 2018 neu gewählt wird. Zu den Kandidierenden gehören neben Markus Hungerbühler der gegenwärtige GLP-Kantonsrat Andreas Hauri. Auch er schliesst sich dem Postulat an, obwohl er eine spezielle Behandlung von LGBTIQ-Menschen in der heutigen Gesellschaft als nicht mehr notwendig erachtet. «Leider ist dies jedoch noch nicht immer der Fall, zum Beispiel aufgrund von Gewalt gegen Homosexuelle in Asylunterkünften. In diesem Sinne unterstütze ich das Postulat», sagt Hauri gegenüber der Mannschaft. Er betont jedoch, dass er wenn immer möglich die Integration anstelle einer weiteren Ausgrenzung bevorzuge.
Zusicherung der FDP unter Bedingungen FDP-Gemeinderat Marcel Müller ist sich der Problematik bewusst und will sich hinter das Anliegen stellen. Für ihn muss das Postulat aber noch klarer formuliert sein und auf einfache, kostenneutrale Lösungen zurückgreifen: «Mir ist es wichtig, dass auf Verlangen von einzelnen oder mehreren LBGT-Flüchtlingen gehandelt wird, zum Beispiel, wenn diese gemobbt werden. Und sie sollen dann in separaten, der Asyl Organisation Zürich zur Verfügung stehenden WGs oder Wohnungen untergebracht werden.»
Der Text ist bewusst offen formuliert, um eine möglichst praktische und unbürokratische Lösung zu finden.
Müller wird seiner Fraktion eine Textänderung am Postulat unterbreiten und – falls diese akzeptiert wird – eine Zustimmung beantragen.
«Der Text ist bewusst offen formuliert, um eine möglichst praktische und unbürokratische Lösung zu finden», sagt Alan David Sangines gegenüber der Mannschaft. Er werde eine allfällige Textänderung gerne prüfen. «Es betrifft nicht viele, daher rechne ich nicht mit hohen Kosten. Dennoch habe ich kein Verständnis dafür, dass Kostenneutralität über den Schutz von LGBTIQ-Geflüchteten gestellt wird. Eine solche Einschränkung würde ich ablehnen.»
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