Zahl der Kirchenaustritte in NRW schnellt in die Höhe
Die zentrale Verantwortung liegt bei Kardinal Woelki, sagt ein Experte
Die Zahl der Kirchenaustritte in Nordrhein-Westfalen ist in die Höhe geschnellt: Im Jahr 2022 habe die Gesamtzahl der Austritte 223’509 betragen, teilte das Justizministerium in Düsseldorf am Donnerstag der Deutschen Presse-Agentur mit.
Im Vorjahr 2021 waren 155’322 Menschen aus der Kirche ausgetreten. Schon das war die höchste Zahl in der bis 2011 zurückreichenden Statistik des Ministeriums gewesen. Aus den Zahlen lässt sich nicht ablesen, wie sich die Austritte nach Konfessionen aufschlüsseln.
Der Kirchenrechtler Thomas Schüller aus Münster sprach von einer «hochdramatischen Dynamisierung der Kirchenaustrittszahlen». Was die katholische Kirche betreffe, so schreite deren Vertrauensverlust generell immer schneller voran. In NRW müsse man die zentrale Verantwortung jedoch bei Kardinal Rainer Maria Woelki suchen. Der Kölner Erzbischof habe durch sein Verhalten das Ansehen der katholischen Kirche stark in Mitleidenschaft gezogen und sei zum Katalysator einer Austrittsbewegung geworden, die alle Bistümer in NRW, aber auch in Deutschland in einen Strudel ziehe.
Die katholische Kirche pulverisiert sich selbst zu einer Minderheitenkirche.
«Davon wird sich die katholische Kirche auf lange Zeit nicht mehr erholen und sie pulverisiert sich selbst zu einer Minderheitenkirche, die kaum noch Einfluss auf ihre eigenen Gläubigen, geschweige denn auf virulente gesellschaftliche Fragen haben wird», sagte Schüller der dpa.
Woelki werden unter anderem Fehler bei der Aufarbeitung des Missbrauchsskandals in der katholischen Kirche vorgeworfen.
Derweil hat in einem Klageverfahren von Woelki gegen den Axel Springer-Verlag das Kölner Landgericht den früheren Missbrauchsbeauftragten des Erzbistums, Oliver Vogt, als Zeugen gehört. Der 53-Jährige sagte am Mittwoch aus, er habe mehrfach mit Woelki über einen Pfarrer gesprochen, gegen den es Missbrauchsvorwürfe gab, und eine sogenannte Interventionsakte über den Mann zusammengestellt. Welche Papiere sich konkret in dieser Akte befanden, wisse er jedoch nicht mehr, sagte Vogt. Auch habe er Woelki nicht die Personalakte des Priesters gegeben.
In dem presserechtlichen Verfahren gegen den Verlag und einen Reporter wehrt sich Woelki gegen einen Bericht der Bild-Zeitung. Darin geht es um die Beförderung des umstrittenen Pfarrers zum stellvertretenden Düsseldorfer Stadtdechanten im Jahr 2017. Der Pfarrer hatte Jahre zuvor mit einem 16-jährigen Prostituierten Sex gehabt. Nach Ansicht Woelkis hat die Zeitung fälschlicherweise behauptet, dass er bei der Ernennung des Pfarrers dessen Personalakte gekannt und von einer Warnung der Polizei gewusst habe.
Woelki hat dazu eine eidesstattliche Versicherung abgegeben. Demnach habe er lediglich von dem Kontakt zu dem Prostituierten und «weiteren Gerüchten» gehört. Ein Springer-Sprecher erklärte, man halte die Berichterstattung für rechtlich zulässig.
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