Unterwegs in der «Pride of Africa» – Die Couple of Men auf Zeitreise

Entschleunigtes Reisen mit Panorama

Karl (links) und Daan an Bord der «Pride of Africa». (Bild: Couple of men)
Karl (links) und Daan an Bord der «Pride of Africa». (Bild: Couple of men)

Stilvolles Reisen wie vor 100 Jahren: Karl und Daan von «Couple of Men» gehen an Bord der «Pride of Africa» – eines Luxuszugs, der das Reiseblogger-Paar von Walvis Bay in Namibia bis nach Pretoria in Südafrika bringt. Am Fenster ziehen einmalige Wüsten- und Dünenlandschaften vorbei, unterwegs stehen eine Safari und mehrere Nationalparks auf dem Programm. Ein Reisetagebuch.

Bei der «Pride of Africa» handelt es sich nicht etwa um eine afrikanische Regenbogenparade, sondern um eine mit viel Liebe restaurierten Dampflokomotive mit Wagons im viktorianischen Stil. Diese bringen uns in neun Tagen einmal quer durch den Süden Afrikas.

Das Programm dieser Namibia-Südafrika-Reise liest sich wie ein Handbuch für eine aufregende Abenteuersafari aus längst vergangenen Zeiten. Dazu trägt natürlich auch die Eisenbahn bei, die in den letzten Jahren eine neue Bedeutung als entschleunigte Form des Reisens gewonnen hat. Mit der Pride of Africa kommt zudem eine besondere Nostalgie auf, die uns in unseren Kindheitserinnerungen an Romane wie «In 80 Tagen um die Welt» von Jules Verne schwelgen lässt.

Start unserer neuntägigen Eisenbahnfahrt ist Walvis Bay an der Atlantikküste Namibias. «Niemals hätte ich gedacht, dass ich als schwuler Mann so offen durch Afrika reisen könnte», sagt Daan zu mir, als die Pride of Africa Fahrt aufnimmt. In Namibia stehen homosexuelle Handlungen zwischen Männern unter Strafe, schwulen und lesbischen Besucher*innen wird geraten, von Berührungen in der Öffentlichkeit abzusehen. Wir sitzen auf dem gemütlichen Doppelbett in unserem privaten Abteil und können unsere Begeisterung kaum in Worte fassen. Arm in Arm bestaunen wir die faszinierende Wüstenlandschaften, die an unserem Fenster vorbeiziehen.

Die historischen Pullmanwagen der Pride of Africa sind sorgfältig restauriert mit viel Liebe zum Detail. (Bild: Couple of men)
Die historischen Pullmanwagen der Pride of Africa sind sorgfältig restauriert mit viel Liebe zum Detail. (Bild: Couple of men)

Die Pride of Africa wird für die nächsten 3400 Schienenkilometer unser Zuhause sein. Der Zug gehört einem Unternehmen im Besitz der südafrikanischen Familie Rovos und verknüpft verschiedene Länder Süd- und Ostafrikas miteinander und gibt Reisenden so die Möglichkeit, den Kontinent aus dem Zug heraus zu erleben, statt mit dem Flugzeug darüber hinwegzufliegen. Wir kleben immer noch am Fenster und bewundern die Natur, als uns eine sanfte Xylophonmelodie daran erinnert, wie spät es eigentlich schon ist. Es ist Zeit für unser erstes Abendessen – auf Schienen!

Im Speisewagen gilt ein förmlicher Dresscode. (Bild: Couple of men)
Im Speisewagen gilt ein förmlicher Dresscode. (Bild: Couple of men)

Gediegene Speisen Mit seinem grüngestreiften Hosenanzug, dem markanten Vollbart und dem braunen Lederhut, den er vor der Abfahrt gekauft hat, sieht Daan nicht nur wie ein echter Abenteurer aus, sondern ist auch passend für den Speisewagen gekleidet, denn dort herrscht Anzugpflicht. Mit Schlips und Fliege herausgeputzt gehen wir durch die schmalen Gänge der Waggons zum vorderen Ende des Zugs. An den Wänden poliertes Mahagoni, auf dem Tisch stehen feinstes Porzellan, schwere Kristallgläser und ein kleiner Blumenstrauss. Während sich im Hintergrund klassische Musik mit dem internationalen Sprachenwirrwarr der anderen Gäste vermischt, serviert die Besatzung ein köstliches Fünf-Gänge-Menü: traditionelle Gerichte mit regionalen Zutaten begleitet von Wein, selbstverständlich aus Südafrika! Nach dem Hauptgang erscheint der Zugmanager und informiert uns über den weiteren Verlauf der Reise, bevor er uns eine gute erste Nacht wünscht. Unter Applaus wird der Nachtisch serviert. Danach ist es schon bald Zeit für unsere erste Nacht auf Schienen.

Das Tierreich von Etosha «Daran muss ich mich wirklich erst gewöhnen», murmelt Daan am nächsten Morgen vor sich hin und öffnet dabei die Fensterläden unserer Kabine. Man hatte uns vorgewarnt: Schlaflose erste Nächte gehören zu einem Zugabenteuer in Afrika einfach dazu.

Wir sind bereit für unsere Wildtiersafari im Etosha-Nationalpark. (Bild: Couple of men)
Wir sind bereit für unsere Wildtiersafari im Etosha-Nationalpark. (Bild: Couple of men)

Doch die unruhige Nacht ist schnell vergessen, denn in den kommenden Tagen können wir uns auf mehrere aufregende Ausflüge freuen. Was wäre schon ein Urlaub in Afrika ohne eine echte Safari? Am zweiten und dritten Tag macht die Pride of Africa an einem der bedeutendsten Naturschutzgebiete Namibias Halt. Im Etosha-Nationalpark steht ein Meet-and-Greet mit Giraffe, Zebra, Nashorn und Elefant auf dem Programm. In der sengenden Hitze der weiten Salzpfanne, die den grössten Teil des Parks ausmacht, flimmern zahlreichen Straussenvögel und Giraffen unwirklich in der Ferne auf ihrem Weg zum nächsten Wasserloch. Mit Hut und Feldstecher ausgerüstet, können wir uns kaum an der eindrucksvollen Naturkulisse sattsehen und erspähen Gnus, Antilopen und verschiedenste Vogelarten. Gleichzeitig erklärt uns unser namibischer Reiseleiter die Besonderheiten des Schutzgebietes auf einer Karte. Immer wieder erhalten wir über Funk Informationen über mögliche Tiersichtungen, auf die wilde Fahrten durch den Busch folgen. Unser Highlight erleben wir bei Sonnenuntergang: Wir haben das Glück, einer Elefantenfamilie mit mindestens 20 Dickhäutern am Wasserloch beim Trinken zuzusehen. (Auch in Costa Rica gibt es sehenswerte Nationalparks – MANNSCHAFT berichtete.)

Eine Elefantenfamilie im Etosha-Nationalpark. (Bild: Couple of men)
Eine Elefantenfamilie im Etosha-Nationalpark. (Bild: Couple of men)

Natürliche Wunderwerke Die Eindrücke der vergangenen Erlebnisse noch nicht mal richtig verarbeitet, erreichen wir am nächsten Tag bereits Windhoek, die Hauptstadt Namibias. Und während ich diese Zeilen schreibe, wird mir wieder ganz mulmig in der Magengegend. Denn der kurze Flug von Windhoek in die Wüste Sossusvlei ist wirklich ein Abenteuer für sich. Immer wieder sackt das kleine Propellerflugzeug der Desert Air in Luftlöchern über den schroffen Felsformationen der Berge unter uns ab. Ich sehne mich jetzt schon nach der Pride of Africa!

Nach einem Abendessen unter der sternenklaren Milchstrasse gehts am nächsten Tag früh los: Mit mehreren Wasserflaschen ausgerüstet besteigen wir hier den «Big Daddy», der mit seinen 320 Metern zu den höchsten Sanddünen der Welt zählt. Je höher wir steigen, desto einsamer wird es um uns herum. Aus der Ferne erkennen wir unsere Jeeps und Fahrer, die wie winzige Ameisen im Sand herumwuseln. Der Blick über die weiten Dünenfelder der Namib ist einfach nur atemberaubend. Nicht fehlen darf ein Besuch der «toten Bäume» des Deadvlei, eines ausgetrockneten Sees. Die abgestorbenen und von der extremen Trockenheit konservierten Akazienbäume mussten schon für manchen Film oder Werbespot als Kulisse herhalten und sind äusserst zerbrechlich. Daher gilt: berühren verboten!

«Peru ist auf dem richtigen Weg»

 

Dann geht es auch schon mit dem Propellerflugzeug zurück zu unserer geliebten Pride of Africa. Die Ausflüge der kommenden Tage liegen zum Glück in unmittelbarer Nähe der Schienen. Wir erkunden die Wanderwege des Fish River Canyons, der zweitgrössten Schlucht der Welt, und bewundern im Garas-Park den Scharfsinn der Natur: Die einzigartig strukturierten Stämme der jahrhundertealten Köcherbäume können grosse Mengen an Wasser speichern und den widrigen Bedingungen zum Trotz jährlich ein paar Zentimeter wachsen.

Raffiniertes Wassereservoir: Ein Köcherbaum im Garas Park. (Bild: Couple of men)
Raffiniertes Wassereservoir: Ein Köcherbaum im Garas Park. (Bild: Couple of men)

Koloniales Erbe mit gemischten Gefühlen Den siebten Tag verbringen wir ausschliesslich an Bord der Pride of Africa. Dies gibt uns die Gelegenheit, die Besatzung ein bisschen näher kennenzulernen, darunter auch unseren Reiseleiter. Craig ist Südafrikaner, offen schwul und schon seit vielen Jahren ein fester Bestandteil von Rovos Rail. Dem Familienunternehmen liege die Vielfalt am Herzen, sagt er uns. Die Angestellten stammen aus den verschiedensten Ländern Afrikas und werden einzeln für die vielfältigen Lebensmodelle sensibilisiert und geschult. Dabei gehe es genauso um die sexuelle Orientierung wie auch um die Hautfarbe oder die Herkunft. Mit Craig kommen wir auch auf ungemütliche Themen aus der Vergangenheit zu sprechen, etwa die Apartheid, die Craig Ende der Neunzigerjahre persönlich miterlebt hat. Gut 25 Jahre später sei das Thema Rassismus und Diskriminierung immer noch aktuell, und das werde wohl noch einige Zeit so bleiben.

Craig erzählt uns, dass es für viele Einheimische faszinierend, aber auch etwas unverständlich sei, dass man freiwillig in einem Zug durch das Land fährt. Und doch seien sie vor allem eines: neugierig. Wir sind uns bewusst, dass die Reise in einem Luxuszug durch Afrika ein ungeheures Privileg darstellt. Immer wieder winken uns Einheimische entlang der Strecke zu, es fliegen jedoch auch Steine. Craig glaubt aber nicht, dass die Bevölkerung die Rovos-Züge ablehnt. Für viele Menschen, die entlang der Bahnstrecken leben, sei der Eisenbahnverkehr Teil des Alltags und werde schon lange nicht mehr mit kolonialen Europäer*innen in Verbindung gebracht. Er ist überzeugt, dass Kinder in Afrika die Züge als Zielscheibe für Wurfspiele verwenden.

Der Fish River Canyon ist die zweitgrösste Schlucht der Welt. (Bild: Couple of men)
Der Fish River Canyon ist die zweitgrösste Schlucht der Welt. (Bild: Couple of men)

Die Diamantenstadt Eng mit der kolonialen Vergangenheit ist auch die südafrikanische Minenstadt Kimberley verbunden, wo wir am achten Tag unserer Reise einen Halt einlegen. 1866 löste hier ein Diamantenfund einen regelrechten Rausch aus, der Tausende Siedler*innen und Kolonist*innen aus Europa anlockte. Die Ausbeutung der Schätze erfolgte jedoch planlos, und viele Menschen fielen Armut, Krankheiten und Kriminalität zum Opfer. Neben dem Flanieren durch die Stadt steht der Besuch des Diamantenmuseums auf dem Programm, das sich dem geologischen und historischen Hintergrund des Diamantenrausches widmet.

Zurück an Bord der Pride of Africa soll der letzte Abend ein ganz besonderer werden, bevor es am nächsten Tag dann in Pretoria Endstation heisst. Der Zufall will es, dass heute Afrikatag gefeiert wird. Jährlich zelebrieren afrikanische Länder den Gründungstag der früheren Organisation für Afrikanische Einheit – heute die Afrikanische Union. Aus diesem speziellen Anlass sind auch wir eingeladen, unsere Unterstützung für ein freies und unabhängiges Afrika auszudrücken, zum Beispiel durch das Tragen eines durch Afrika inspirierten Kleidungsstücks. Nach dem Abendessen im geschmückten Speisewagen gibt es dazu Cocktails in der Lounge und die Möglichkeit, mit der Crew ins Gespräch zu kommen. Wir tanzen, lachen und lernen dabei sogar einige Wörter Afrikaans.

Schwarz, weiss, gay, hetero: Nach langen erlebnisreichen Tagen war es immer eine Freude, von der vielfältigen Besatzung an Bord empfangen zu werden und ihren Geschichten zu lauschen. Sie verleihen diesem nostalgischen Hotel auf Schienen das besondere Etwas und tragen dazu bei, dass uns die Pride of Africa in bester Erinnerung bleibt.

Mehr von den «Couple of Men» erfährst du hier.

Unser Reiseplan

Tag 1 Abfahrt in Walvis Bay, Namibia

Tag 2 und 3 Etosha Nationalpark, Namibia

Tag 4 und 5 Sossusvlei Nationalpark, Namibia

Tag 6 Fish River Canyon und Garas Park, Namibia

Tag 7 Entspannen an Bord der Pride of Africa

Tag 8 Kimberley,Südafrika

Tag 9 Endstation in Pretoria, Südafrika

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