Unser Vorgucker auf den TEDDY Award

Aus Portugal kommt der 20-minütige Kurzfilm „Onde o Verão Vai“ (li); „Marilyn“ kommt aus Südamerika (re)
Aus Portugal kommt der 20-minütige Kurzfilm „Onde o Verão Vai“ (li); „Marilyn“ kommt aus Südamerika (re)

Am Donnerstag starten die 68. Internationalen Filmfestspiele Berlin, in deren Rahmen der 32. TEDDY AWARD stattfindet. Mannschaft ist erstmal als Medienpartner mit dabei. Der queere Filmpreis wird in den Kategorien Bester Spielfilm, Bester Dokumentarfilm, Bester Kurzfilm sowie als TEDDY Jury Award und als TEDDY Readers Award powered by Mannschaft vergeben. (Am 14. Februar feiern wir den Auftakt zur Berlinale in der Neuköllner IPA Bar.)

Die Filme, die ins Rennen gehen, sind mal kurz, mal lang, mal dokumentarisch, mal fiktiv, aber immer queer. Sie kommen aus der ganzen Welt: u. a. aus Brasilien, Argentinien, Peru, Frankreich, Schweden, Österreich, der Schweiz, aus dem Iran, Israel und der Türkei. Neben Coming-out- und Coming-of-Age-Geschichten setzen sich die Filme auch mit den Themen Partriarchat, Religion und Nationalismus auseinander.

(Foto: „Ludwig der Zweite, König von Bayern“ @ Deutsche Kinemathek)
(Foto: „Ludwig der Zweite, König von Bayern“ @ Deutsche Kinemathek)

Nicht im Rennen für einen TEDDY Award, aber zweifellos spannend ist der Film „Ludwig der Zweite, König von Bayern“ aus dem Jahr 1927. Weil der Film Ludwigs Faszination für nackte Männerkörper nicht unterschlug, gab es heftige Angriffe aus Bayern. Als die Berliner Zensurbehörden Eingriffe verweigerten, verhängte der Münchner Polizeipräsident ein Aufführungsverbot wegen »Gefährdung der öffentlichen Ordnung«.

Rupert Everett als Oscar Wilde (Foto: The Happy Prince)
Rupert Everett als Oscar Wilde (Foto: The Happy Prince)

Zu den prominentesten Protagonisten unter den TEDDY-Kandidaten zählt zweifellos „The Happy Prince“, großartig besetzt Colin Firth, Emily Watson, Tom Wilkinson und natürlich Rupert Everett, der Regie führte, das Drehbuch schrieb und die Titelrolle spielt: Oscar Wilde. Im Zentrum der Filmbiografie stehen die letzten Jahre des einst gefeierten, später in Ungnade gefallenen Schriftstellers. Rückblenden und assoziative Traumbilder zeigen ihn als den exzentrischen Lebemann, der er zeitlebens war, und das Porträt öffnet sich zu einem Panorama der beginnenden Moderne.

Neues von Gus van Sant: „Don’t Worry, He Won’t Get Far on Foot“ (Foto: Filmstill)
Neues von Gus van Sant: „Don’t Worry, He Won’t Get Far on Foot“ (Foto: Filmstill)

Auch Gus van Sant stellt seinen neuen Film auf der Berlinale vor. „Don’t Worry, He Won’t Get Far on Foot“ ist ein  biografisches Drama basierend auf den Memoiren des Cartoonisten und Musikers John Callahan, der mit 21 einen Autounfall hatte und fortan querschnittgelähmt war. Mit Joaquin Phoenix (Foto) und Beth Ditto sehr vielverspechend besetzt. Das fiktive Porträt erzählt zärtlich, melancholisch und mit hoffnungsvoller, bejahender Energie von einem Leben mit Einschränkungen. Wie in vielen seiner Filme thematisiert Van Sant auch hier die Suche nach Identität im Umfeld sozialer Subkulturen und ungewöhnlicher Milieus

(Foto/Filmstill: „Obscuro Barroco“/ Evangelia Kranioti)
(Foto/Filmstill: „Obscuro Barroco“/ Evangelia Kranioti)

In der 60-minütigen Doku aus Frankreich und Griechenland, „Obscuro Barroco“, folgt Regisseurin Evangelia Kranioti den poetischen Worten ihrer transidenten Erzähler*in Luana Muniz, Ikone der queeren Subkultur Brasiliens. In einem schlafwandlerischen Fluss von Kamerabildern begibt sie sich in die pulsierende Welt der Nachtgestalten. Ein Bewusstseinsstrom aus dem Underground Brasiliens fließt mitten hinein in den Straßenkarneval der Stadt.

Zwischen Masken und Make-up, jungen, nackten und neuen Körpern und dem Spektakel des Feuerwerks kommen Menschen zum Vorschein, deren Transformationen kein klares Geschlecht mehr kennen. Ein weißer Clown führt durch den Film, in dessen Bildwelten unvermittelt auch Proteste gegen die Regierung ihr ungeschminktes Gesicht zeigen.

(Foto: Bixa Travesty/Nubia Abe)
(Foto: Bixa Travesty/Nubia Abe)

„Bixa Travesty“ heißt der Film über eine schwarze Transfrau aus den armen Peripherien São Paulos: Die Pop-Figur Linn da Quebrada erhebt ihre Stimme für die Queers of Colour aus den Favelas. Mit ihrer Jugendfreund*in und Partner*in in Crime, der schwarzen Transfrau und Sängerin Jup de Bairro, performt sie in fulminanten Konzerten. Mit exorbitanten Kostümen und viel Twerking unternimmt sie eine elektro-musikalische Attacke gegen die weiße heteronormative Geschlechterordnung Brasiliens und den Machismus der dortigen Funk-Musikszene.

Eine Frau mit Penis Die Dokumentation zeigt Linn u.a. inszenierte Radiointerviews, in denen sie ihre Überzeugungen zu Feminismus und ihrer Transsexualität sprachgewaltig präsentiert: Linn will keine Cis-Frau sein, sondern eine Frau mit Penis, deren Genderidentität nicht an Genitalien gebunden sondern im stetigen Wandel begriffen ist.

(Foto/Filmstill: „Marilyn“)
(Foto/Filmstill: „Marilyn“)

„Marilyn“ heißt ein Film aus Argentinien und Chile, der auf wahren Tatsachen beruht: Mit großer Ruhe und ganz ohne leitende Musik zeichnet Martín Rodríguez Redondo in seinem Debütfilm das zärtliche Porträt einer Jugend und einer vorerst unterdrückten Selbstfindung.

Die Preisverleihung findet am 23. Februar 2018 ab 20:30 Uhr statt und wird auf dem Facebook-Profil der Mannschaft live gestreamt.

Das könnte dich auch interessieren