Sprecher der Homosexuellen in der AfD: «Meine Partei hat nichts gegen Schwule»
Mirko Welsch, 39, ist Gründer und stellvertretender Bundessprecher der «Homosexuellen in der AfD». Er ist gewählter Bezirksrat in Saarbrücken-Dudweiler und stellvertretender AfD-Kreisvorsitzender in Saarbrücken. Welsch ist Callcenter-Mitarbeiter und lebt seit zehn Jahren in einer Beziehung mit einem Mann, der ebenfalls AfD-Mitglied ist.
Herr Welsch, Sie sehen ja mein Profilbild auf Facebook – bin ich ein richtiger Mann für Sie? Warum nicht? Rote Haare, blaue Augen, Bart. Finde ich ehrlich gesagt sexy.
Dann kann ich mich ja glücklich schätzen. Einen anderen Mann bezeichnen Sie in einem Facebook-Post als «Gender-Ideologie-verstrahlte Eunuche» … Ich habe den Mut zur Wahrheit. Mein Facebook-Post war richtig. Männer müssen endlich wieder Männer sein. Gender-Mainstreaming ist keine Alternative.
Ist es akzeptabel, wenn Politiker Männer beleidigen, nur weil ihnen deren Kleidung nicht gefällt? Finden Sie es okay, wenn solche Leute mir die politische Fähigkeit absprechen, nur weil ich in der AfD bin?
Nein, ich unterhalte mich ja mit Ihnen, um etwas über Ihre politische Gesinnung herauszufinden. Das finde ich auch gut. Der Dialog kommt gerade in der schwul-lesbischen Gesellschaft zu kurz.
[perfectpullquote align=“full“ cite=““ link=““ color=““ class=““ size=““]«Männer müssen endlich wieder Männer sein. Gender-Mainstreaming ist keine Alternative.»[/perfectpullquote]
Also zurück zur Frage: Ist es OK, Männer als Waschlappen zu bezeichnen und ihnen die Männlichkeit abzusprechen, nur weil Ihnen die Kleidung nicht gefällt? Es geht hier nicht nur um die Kleidung. Es ist die verqueerte, Gender-ideologisierte Lebensweise, die mich stört. Und die oftmals respektlose Einstellung zur Mehrheit in unserem Land – den konservativ geprägten Bürgerlichen. Wie wollen wir eine echte Akzeptanz erreichen, wenn der gegenseitige Respekt fehlt?
Ihr Post zeugt auch nicht gerade von Respekt. Oder wollen Sie schwulen Männern vorschreiben, wie sie zu leben haben? Ich finde diese Frage interessant. Wollen nicht gerade diese Menschen aus dem linksgrünen Spektrum mir vorschreiben, wie ich zu leben habe? Es gibt wichtigere Probleme als die Kleidung. Wie wollen wir uns vor der wachsenden importierten Intoleranz schützen? Hier haben weder der Lesben- und Schwulenverband in Deutschland (LSVD) noch die Aidshilfe oder andere Gruppierungen eine Antwort. Das finde ich traurig für diese zentralen Sprachrohre der Community.
Wen oder was meinen Sie mit «wachsender importierter Intoleranz»? Ich denke, dass klar ist, was ich meine. Frauenfeindlichkeit, Schwulenhass, Antisemitismus und andere Fehlverhalten dürfen nicht bagatellisiert oder gar toleriert werden. Keine Toleranz für importierte Intoleranz!
Haben Sie überhaupt schon einmal mit Flüchtlingen gesprochen? Was macht Sie so sicher, dass diese Beschreibungen zutreffend sind? Klar. Ich bin Kommunalvertreter. Da habe mit allen Menschen zu tun. Und ich weiss von was ich rede. Es sind nicht alle Menschen einer bestimmten Gruppierung gut, es sind auch nicht alle schlecht. Dieses Schwarz-Weiss-Denken muss aufhören.
Eine weitere verbale Entgleisung kam von Ihnen auf einer AfD-Veranstaltung in Nürnberg, auf der Sie den schwulen Grünen-Politiker Volker Beck als «Krebsgeschwür der Schwulenbewegung» bezeichnet haben … Mit seiner fehlenden Distanz zur Pädophilie und seinem obskuren Rechtsverständnis bei der Crystal-Meth-Affäre hat er Homosexuellen massiv geschadet. Ein Rücktritt Volker Becks ist überfällig. Damit würde er den Schwulen und Transsexuellen erheblich helfen.
2014 haben Sie die Gruppe «Homosexuelle in der AfD» gegründet. Warum? Um zu zeigen, dass meine Partei nichts gegen Schwule hat. Inzwischen haben wir eigene Positionspapiere erarbeitet und ein Grundsatzprogramm mit einer tollen Präambel.
Einige Ihrer Parteifreunde haben sehr wohl etwas gegen Schwule … Das sind Einzelmeinungen. Die grosse Mehrheit hat nichts gegen Schwule. Selbst in der CDU, CSU, SPD und FDP, sogar bei den Grünen und Linken, gibt es Menschen, die nichts mit Homosexuellen anfangen können. Hier muss man schauen, woran das liegt. Wir konnten in unserer Partei viele Skeptiker mit ins Boot holen. Durch die Teilnahme an Parteitagen oder durch Vorträge in der ganzen Republik.
Wie kann man sich als schwuler Mann wohl fühlen in einer Partei, der Schwulenrechte egal sind und aus deren Reihen homophobe Äusserungen kommen, die wirklich zum Fürchten sind. Kay Nerstheimer beispielsweise nannte Schwule «degenerierte Spezies» mit «widernatürlichen Anlagen»; der Landtagsabgeordnete Andreas Gehlmann äusserte, dass Schwulen in Deutschland wie in Maghreb-Staaten Gefängnisstrafen drohen sollten. Und es gibt noch zahlreiche weitere Beispiele. Wie gesagt, wir reden intern und klären solche Angelegenheiten vor Ort. Gerade im Fall Nerstheimer habe ich meinen Standpunkt auch öffentlich dargelegt, was von Ihren Kollegen des Onlineportals «Queer.de» und des Magazins «Männer» entsprechend positiv registriert wurde. Gleichzeitig ist es aber Sache des Berliner Landesverbandes, zu handeln. Und ich vertraue meinen Parteifreunden in der Bundeshauptstadt uneingeschränkt. Um es nochmal zu sagen: Meine Partei ist nicht homophob. Die AfD stellt inzwischen vier mir bekannte schwule Landtagsabgeordnete. Dazu kommen viele schwule und lesbische Vorstandsmitglieder. Wir werden wegen unserer Qualifikation gewählt, nicht wegen einer sexuellen Neigung. Das macht die AfD so sympathisch.
[perfectpullquote align=“full“ cite=““ link=““ color=““ class=““ size=““]«Ich lehne den Begriff der Ehe bei Verpartnerungen unter zwei Männern oder zwei Frauen ab.»[/perfectpullquote]
In der Programmatik der AfD sind Schwulenrechte so gut wie nicht vorhanden. Warum sollte ein schwuler Mann Ihre Partei wählen? Weil wir nicht nur über Schwulenfeindlichkeit in Parteien reden, sondern auch die importierte Homophobie fest im Blick haben. Wer dauerhaft als Schwuler, als Lesbe beziehungsweise als Bi- oder Transsexueller sicher in Deutschland ohne Verfolgung leben will, hat mit der AfD einen verlässlichen Partner an seiner Seite.
Sie spielen wieder auf Flüchtlinge an. Dann werden Sie bitte konkret. Wie ist Ihre Haltung in der Flüchtlingsfrage? Kriegsflüchtlinge haben unsere Hilfe verdient. Am besten durch aktive Unterstützung in ihrer Region vor Ort. Damit sie nicht in die Hände von zweifelhaften Schlepperbanden fallen. Die derzeitige Politik von Frau Merkel und die linksgrüne sogenannte Willkommenskultur aber begünstigen genau diese. Ebenso wie die Asylindustrie. Zahlreiche Verbände haben sich an der Asylkrise eine goldene Nase verdient. Im Saarland wurden für mehrere hunderte Asylbewerber zwei weitere Landesaufnahmestellen errichtet. Und bis heute wurde in diesem Gebäuden kein Einziger Asylbewerber untergebracht.
Was sollte mit Flüchtlingen passieren, die in Deutschland aufgenommen wurden? Man sollte deren Asylstatus prüfen und ihnen entsprechend Hilfe auf Zeit bieten. Das Asylrecht darf nicht als Ersatz für ein überfälliges Einwanderungsgesetz, das etwa Kanada hat, missbraucht werden.
Wie stehen Sie zur Ehe für alle? Ich lehne den Begriff der Ehe bei Verpartnerungen unter zwei Männern oder zwei Frauen ab. Die Ehe ist ein Verbund zwischen Mann und Frau. Ich habe aber nichts dagegen, wenn wir für den Begriff der Eingetragenen Lebenspartnerschaft eine sympathischere und weniger bürokratische Alternative finden.
Sollte ein schwules Paar ein Kind adoptieren können? Für mich ist klar: Wenn das Jugendamt grünes Licht gibt, warum nicht? Aber wir sollten immer bedenken, dass es kein Grundrecht auf eine Adoption gibt. Sondern nur eins auf eine behütete Kindheit.
Am kommenden Samstag will ich auf einer Schwulenparty tanzen gehen. Schön feiern zu Musik von Madonna und Co. Bin ich dann immer noch ein richtiger Mann in Ihren Augen? Ich gehe regelmässig Karaoke singen. Von daher bin ich da sehr entspannt. Ich wünsche Ihnen viel Spass beim Tanzen. Und immer bedenken: Kondome schützen.
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