TV-Sendung: Samenspender durch Annonce
Mit der Bechermethode bekam ein lesbisches Paar drei leibliche Söhne. In der WDR-Reihe «Menschen hautnah» wird der Alltag der Frankfurter Regenbogenfamilie einfühlsam porträtiert.
(dpa)
«Mit Romantik hat das wirklich nix zu tun.» Anny und Petra, genannt Pedy, sind seit vielen Jahren ein Paar. «Für uns beide war klar, das ist wichtig für uns: Wir möchten eine Familie mit Kindern sein», sagt Anny. «Wir haben uns intensiv Gedanken gemacht, ob wir das verantworten können.» Nach dem das «Ob» entschieden war, blieb das «Wie». Die blond gelockte Krankenschwester und die Chemielaborantin mit dem dunklen Kurzhaarschnitt gaben eine selbstironische Anzeige auf: «Wir (beide w, 30) haben es schon so oft versucht und werden doch nicht schwanger. Wer hilft uns?!»
Es meldeten sich unglaublich viele Männer – und so stand das Paar bald auch noch vor der Frage «Wer». Die Wahl fiel auf Eike, einen Heilpraktiker und Kampfsport-Lehrer. Ein anonymer Spender aus einer Samenbank wäre für sie nicht infrage gekommen: Die Kinder sollten ihren Vater kennenlernen können. Erst bekam Anny mit Eikes Samen Linus, zwei Jahre später brachte Petra Lou zur Welt. Zu Beginn des Films ist Anny mit Pino erneut schwanger.
Gezeugt wurden die Kinder mittels Insemination. Was man dafür braucht, wird im Film gezeigt und erklärt: ein Becher für das Sperma, ein Schlauch mit Trichter oben dran zum Einführen. «Mit Romantik hat das wirklich nix zu tun.»
Der Samenspender nennt «den eigenen Fortpflanzungswunsch» als Motiv. Wer weiss, ob er eine Familie gründen werde, sagte er, «und so hab ich schon mal was». Seine Söhne sieht er ein- bis zweimal im Jahr, Erziehungspartner oder Familienmitglied soll er bewusst nicht sein. «Die Kinder sind von mir. Aber ob’s meine sind?» In der Anzeige stand «keine Rechte, keine Pflichten».
Später half Eike noch zwei weiteren lesbischen Paaren, ihren Kinderwunsch zu erfüllen – die Kamera hält Annys und Pedys Überraschung fest, als sie das erfahren. «Ich hab zwei Mamas und einen Papa», erklärt Linus in der Schule, und jetzt kommen plötzlich auch noch drei Halbgeschwister dazu.
«Die Kinder sind ja normal – bis jetzt» «Sie müssen die Jungs gut ausrüsten», rät ein Pastor und Freund der Familie. Dass sie mit Unverständnis und Anfeindungen konfrontiert werden, damit müssten sie ihr Leben lang rechnen. Für Anny ist das die grösste Sorge: Ob es ihnen als Eltern gelingt, die Kinder so zu stärken, dass es für sie in Ordnung ist, so aufzuwachsen, «dass sie sich nicht schämen oder rechtfertigen müssen».
Zu Wort kommen auch Annys zunächst kritischer Bruder und die bis heute nicht ganz überzeugten Grosseltern. «Aus meiner Sicht müsste da ein bisschen mehr Härte rein», sagt der Onkel über die Doppelmütter-Erziehung, gibt aber auch zu: «Die beiden sind super Eltern.» «Die Kinder sind ja normal – bis jetzt», murrt der Opa.
Auch Stimmen aus dem sozialen Umfeld hat die Regisseurin eingefangen: den Fussballtrainer, Schulfreunde, Sportkollegen. Ihre Ansichten stehen für sich, es gibt kaum Kommentar aus dem Off und auch keine Expertenmeinungen. Wohltuend.
Annette Ernst wurde sowohl als Dokumentarfilmerin als auch für ihre Spielfilme mehrfach ausgezeichnet. Für eine geplante Doku zum globalen Thema Wasser bekam sie den Hessischen Drehbuchpreis. Gleich ihr erster Spielfilm «Kiss and Run» brachte ihr den Grimme-Preis ein. Für das Fernsehen drehte sie vor allem Komödien wie «Bettgeflüster und Babyglück» auf Sat1. mit Katharina Wackernagel und Serien – zuletzt für Sat.1 «Josephine Klick» mit Diana Amft -, aber auch Dokumentationen zum Beispiel über eine Bahnhofs-Toilettenfrau.
Mehr Infos zur Sendung auf der Seite von WDR. Text: Sandra Trauner
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