220 trans Menschen haben Personenstand-Wechsel beantragt
Das zeigt die Antwort auf eine schriftliche Anfrage des Grünen-Abgeordneten Sven Lehmann. Seine Kritik: Das Gesetz aus dem Innenministerium produziert Chaos
Das Gesetz für inter Menschen steht weiter in der Kritik: Anlass sind Angaben des Innenministeriums, dass es viele Anträge von trans Menschen auf einen Wechsel des Personenstandes gibt. Das Ministerium hatte zuvor die Standesämter davor gewarnt, falsche Bescheinigungen auszufüllen.
Das Gesetz zur dritten Option wurde Ende 2018 beschlossen. Doch bei deutschen Standesämtern führt es zu Verwirrung – sie entscheiden unterschiedlich oder überhaupt nicht. Das zeigten Recherchen von BuzzFeed Deutschland.
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Inter Menschen, die biologisch nicht den Kategorien Mann oder Frau zugeordnet werden, können sich seit diesem Jahr in der Geburtsurkunde als divers eintragen lassen. Zudem ermöglicht das Gesetz, den Geschlechtseintrag in der Geburtsurkunde von männlich auf weiblich oder umgekehrt zu ändern. Dass auch trans Personen das Gesetz nutzen, wurde vom Innenministerium kritisiert. Gegenüber queer.de sagte ein Sprecher des CSU-Ministeriums: «Es ist eindeutig, dass die in Kraft getretene Neuregelung ausdrücklich nicht für transsexuelle Menschen gilt.» Und weiter: Sollte ein Arzt eine falsche Bescheinigung ausfüllen, sei dies eine Straftat: «Für die Richtigkeit dieser Bescheinigung ist der Arzt verantwortlich.»
Nun wollte der queerpolitische Sprecher der Grünen, Sven Lehmann, in einer schriftlichen Anfrage wissen: Wie oft wurde nach Kenntnis der Bundesregierung seit dem 1. Januar 2019 eine Änderung des Personenstandes von männlich zu weiblich bzw. von weiblich zu männlich auf Grundlage des § 45b PStG beantragt, und in wie vielen Fällen wurde diesem Antrag positiv entsprochen bzw. er negativ beschieden?
Laut Ministerium hätten im Zeitraum vom 22. Dezember 2018 bis 31. März 2019 in 14 Bundesländern (Daten von Niedersachsen und Schleswig-Holstein lägen derzeit nicht vor) in 114 Fällen eine Änderung des Personenstandes von männlich zu weiblich und in 106 Fällen von weiblich zu männlich auf Grundlage des § 45b des Personenstandsgesetzes (PStG) beantragt. Die Bundesregierung hat keine Erkenntnisse darüber, wie viele dieser Fälle positiv oder negativ beschieden wurden und wie die Altersstruktur der Antragsteller war.
Handwerklich schlechtes Gesetz Dazu erklärt Lehmann: «Horst Seehofer steht vor dem Ergebnis seines selbst produzierten Chaos. Das Bundesinnenministerium muss seine Drohkampagne gegenüber Ärzt*innen und Standesbeamten sofort einstellen. Wer ein handwerklich schlechtes Gesetz verabschiedet, der muss nun mit den Konsequenzen leben, statt anderen die Schuld in die Schuhe zu schieben und inter- und transgeschlechtlichen Menschen das Leben weiter schwer zu machen.»
Die Grünen hätten immer davor gewarnt, ein Sondergesetz für inter Menschen zu verabschieden. Man habe gefordert, das Urteil des Bundesverfassungsgerichtes umzusetzen, das Transsexuellengesetz abzuschaffen und durch ein modernes Gesetz zur Anerkennung der Geschlechtervielfalt und Selbstbestimmung zu ersetzen. «Das ist vor allem an der Ideologie in der Union gescheitert. Sie hält bis heute zwanghaft daran fest, trans und inter Menschen zu begutachten und sie damit fremdzubestimmen. Diese Politik ist schon wenige Monate nach Inkrafttreten des neuen Gesetzes gescheitert.»
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Das neue Personenstandsrecht müsse verfassungskonform ausgelegt werden, so der Grüne Lehmann. «Die Zugehörigkeit zu einem Geschlecht hängt nicht allein von den Geschlechtsmerkmalen bei der Geburt ab, sondern im Wesentlichen davon, welchem Geschlecht sich eine Person als zugehörig empfindet. Geschlecht hat eine sehr starke subjektive Dimension, deswegen macht auch die Begutachtung von außen durch Psycholog*innen oder Psychiater*innen nach dem Transsexuellengesetz keinen Sinn. Das Transsexuellengesetz mit seinen diskriminierenden Verfahren muss endlich abgeschafft werden. Über sein Geschlecht kann nur eine Person Auskunft geben und das ist jeder Mensch selber.»
Der neue Geschlechtseintrag für inter Menschen ist in deutschen Grossstädten bislang wenig nachgefragt. Das hatte eine stichprobenartige Umfrage der Deutschen Presse-Agentur im März und April ergeben. Die Stadt mit den meisten Änderungen der Geschlechtsangabe von männlich oder weiblich in divers war demnach Berlin: Dort wollten seit Jahresbeginn bis zum Stichtag 11. April neun Erwachsene bei den Standesämtern ihre Angaben entsprechend ändern, wie ein Sprecher der Innenverwaltung mitteilte. In Köln war bisher von sechs, in Nürnberg von fünf und in Regensburg von drei solchen Änderungswünschen im Personenstandsregister die Rede. In München, Hamburg, Erfurt, Leipzig und Essen wollten je zwei Menschen den neuen Eintrag divers.
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