Kritik an ARD-Plakataktion zur Themenwoche Toleranz

Ein Mann küsst einen anderen Mann auf die Stirn, dazu die Überschrift «Normal oder nicht normal?» Mit solchen Plakaten will der deutsche Sender ARD bei der Themenwoche Toleranz Denkprozesse in Gang bringen. Nun regt sich Kritik. Minderheiten würden in ihrer Existenz infrage gestellt.

(dpa) – Die ARD hat sich mit einer Plakataktion über Schwule, Zuwanderer und behinderte Menschen massive Kritik eingehandelt. Die Posterserie zur ARD-Themenwoche Toleranz sei «sehr unglücklich und wenig reflektiert», sagte der Hauptgeschäftsführer des Paritätischen Gesamtverbandes, Ulrich Schneider, dem «Handelsblatt». «Die Toleranzdebatte wird eine solche Kampagne nicht befördern.»

Hintergrund ist eine Aktion, mit der das Erste für seine Themenwoche «Anders als Du denkst» wirbt, die am Samstag startet. Sie soll laut ARD «zum Nachdenken über eigene Haltungen und Vorurteile» anregen.

Ein Bild zeigt einen Mann, der einen anderen auf die Stirn küsst, dazu die Überschrift «Normal oder nicht normal?». Auf einem anderen ist ein Schwarzer zu sehen, darüber die Frage: «Belastung oder Bereicherung?» Über einem Rollstuhlfahrer steht «Außenseiter oder Freund?» und über einem schreienden Kind «Nervensäge oder Zukunft?»

Ebenfalls im «Handelsblatt» forderte der Grünen-Bundestagsabgeordnete Volker Beck von der ARD ein Überdenken ihres Themenspecials. «Die öffentlich-rechtlichen Medien verlassen ihren gesetzlichen Auftrag, wenn sie Minderheiten in ihrer Existenz infrage stellen.»

«Die Kritik nehmen wir selbstverständlich ernst», sagte der verantwortliche Koordinator der ARD-Themenwoche, Hans-Martin Schmidt, auf Anfrage der Deutschen Presse-Agentur. Der Sender habe anscheinend einen Nerv getroffen. «An den Aussagen auf den Plakaten soll sich der Betrachter reiben.» Intoleranz werde oft von Äusserlichkeiten und Vorurteilen geprägt. «Genau damit spielt die Kampagne.»

«Eine gewisse Provokation haben wir dabei in Kauf genommen, jedoch sollte sich niemand persönlich verletzt fühlen», sagte Schmidt. Im Vorfeld habe es Gespräche mit Vertretern gesellschaftlich relevanter Gruppen gegeben. Dort sei bemängelt worden, «dass wir noch keine vollkommene Normalität im Umgang mit dem Thema Homosexualität in Deutschland haben. Insofern greifen wir eine bestehende Debatte auf.»

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