Klage gegen Gendersprache-Leitfaden bei Audi abgewiesen
Der Kläger will das Urteil mit seinen Anwälten prüfen
Audi verlangt von seinen Beschäftigten, dass sie in der schriftlichen Kommunikation geschlechtergerechte Sprache verwenden. Ein Mitarbeiter der Konzernmutter VW wollte das nicht akzeptieren und zog vor Gericht – vergeblich. Das Landgericht Ingolstadt hat die Klage abgewiesen.
Der Mitarbeiter hatte sich daran gestört, dass die Audi-Beschäftigten in der Kommunikation mit ihm wegen des Leitfadens Gender-Formen mit Unterstrich («Mitarbeiter_innen») nutzen – den sogenannten Gender-Gap.
Wie die Zivilkammer am Freitag entschied, gibt es keinen Unterlassungsanspruch des Klägers. Der Vorsitzende Richter Christoph Hellerbrand betonte, dass der VW-Mitarbeiter nicht zur aktiven Nutzung des Leitfadens verpflichtet sei, weil dieser sich nur an Audi-Beschäftigte richte. Auch die passive Betroffenheit des Klägers reichte dem Gericht nicht aus. Es gebe für ihn kein Recht, «in Ruhe gelassen zu werden», sagte Hellerbrand.
Der Prozess hatte bundesweit Beachtung gefunden, weil es auch in anderen Unternehmen Vorgaben zur Nutzung von gendersensibler Sprache gibt. Der Kläger kündigte an, das Urteil nun mit seinen Anwälten prüfen zu wollen. «Dass es weitere Schritte gibt, schliesse ich explizit nicht aus», sagte er zu möglichen Rechtsmitteln. Falls er Berufung einlegt, müsste sich das Oberlandesgericht München nochmals mit dem Fall befassen. (MANNSCHAFT berichtete zum LGBTIQ-Schutz im Grundgesetz)
Der Kläger sagte aber auch, er wünsche sich unabhängig von dem juristischen Verfahren, dass es eine Diskussion über die richtigen Genderformen gebe. Die bei Audi verwendeten Gendervorgaben lehnt er ab, weil diese zu neuer Ungerechtigkeit führten. «Das kann nicht der Weisheit letzter Schluss sein.» Ausserdem betonte er, dass Gendersprache auch lesbar sein müsse.
Der Autobauer hatte im vergangenen Jahr die Unternehmensrichtlinie zu Gendersprache erlassen. In Anspielung auf einen bekannten Werbeslogan von Audi heisst der Leitfaden «Vorsprung beginnt im Kopf». Das Unternehmen begründete die Sprachvorgaben im März 2021 damit, dass dies ein Zeichen für Gleichberechtigung sei und die Vielfalt der Geschlechter besser abbilde. «Audi möchte gendersensible Formulierungen von nun an in der internen und externen schriftlichen Audi Kommunikation allgegenwärtig machen», hiess es.
In der mündlichen Verhandlung im Juni war eine gütliche Einigung zwischen den Parteien gescheitert. Die Anwälte der Audi AG lehnten es ab, die Genderformen aus allen E-Mails an den VW-Prozessmanager und den dazugehörigen Anhängen zu entfernen. Dies sei nicht praktikabel, meinten sie.
Das Gericht sah letztlich weder einen Verstoss gegen das Allgemeine Gleichstellungsgesetz noch eine Verletzung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts des Klägers. Die Richter prüften dies unter den Aspekten der geschlechtlichen Identität und der sprachlichen Integrität.
Unterstützt wurde die Klage gegen Audi von dem unter Experten umstrittenen Verein Deutsche Sprache, der das Gendern generell ablehnt und von einer «Ideologie» spricht. Andere Organisationen der Sprachpflege sehen eine Notwendigkeit des Genderns, appellieren aber an die Einhaltung der grammatikalischen Regeln.
So sieht die Gesellschaft für deutsche Sprache eine Doppelnennung («Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter») positiv, den Unterstrich im Wort oder das Gendersternchen («Mitarbeiter*innen») hingegen problematisch. Auch der Kläger in dem Audi-Verfahren betonte, dass er nicht gegen das Gendern sei, wenn die Regeln der Grammatik nicht verletzt würden.
SP-Nationalrätin Céline Widmer will mehr Mut zum Gendern. Ihr Ziel ist eine trans-inklusive Sprache (MANNSCHAFT berichtete).
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