Island – Wo Feuer auf Eis trifft
Riesige Gletscher, dramatische Wasserfälle, heisse Quellen und einsame Fjorde
Island zählt zu den LGBTIQ-freundlichsten Ländern der Welt. Aber wer die Vulkaninsel erleben möchte, muss nicht unbedingt die viel befahrene, 1400 km lange Ringstrasse abklappern.
Island liegt einsam im wilden Nordatlantik zwischen Grönland und Norwegen. Die Insel gilt als jüngste europäische Insel, und sie wächst stetig weiter. Hier, wo die eurasische und nordamerikanische Platte unaufhörlich auseinanderdriften, begannen Vulkane vor etwa 20 Millionen Jahren auf dem Meeresgrund Lava zu spucken. Damit legten sie das Fundament für dieses einzigartige Naturparadies. Entdeckt wurde Island vor etwas mehr als 1000 Jahren von den Norweger*innen. Da sich die karge Insel aber nur bedingt für die Landwirtschaft eignete und ein Leben mit Vulkanen stets Gefahren mit sich bringt, nahm die Bevölkerung nur langsam zu.
Im 14. Jahrhundert kam die Vulkaninsel unter dänische Herrschaft. Diese dauerte mehr als 500 Jahre, bis das Land im Jahr 1918 offiziell unabhängig wurde. Bis heute zählt der Fischfang zu den wichtigsten Wirtschaftszweigen Islands. Seit der Jahrtausendwende hat auch der Tourismus stark zugenommen. So besuchten vor der Pandemie jährlich rund zwei Millionen ausländische Gäste die Insel.
Nördlichste Hauptstadt der Welt Viele der bekannten Sehenswürdigkeiten befinden sich im Südwesten des Landes und sind von der Hauptstadt Reykjavik aus schnell zu erreichen. Reykjavik wirkt auf den ersten Blick etwas verschlafen, ist jedoch eine moderne Stadt mit einer grossen Kunst-, Kultur- und Gastroszene. Die gesamte Innenstadt lässt sich leicht zu Fuss erkunden, wobei sich als Ausgangspunkt die Hallgrimskirkja besonders gut eignet. Diese wie eine Betonfestung wirkende Kirche thront auf einem Hügel und gilt als Wahrzeichen Reykjaviks. Die einzigartige expressionistische Architektur des Gebäudes erinnert an vulkanische Basaltsäulen, denen man auf Island immer wieder begegnet.
Vom 73 Meter hohen Kirchturm hat man einen grossartigen Blick über die bunten Holzhäuser bis hin zum Hafen der Stadt. Wer anschliessend durch die Gassen in Richtung Meer schlendert, kommt an unzähligen Shops, Cafés und Restaurants vorbei. Ein beliebtes Fotomotiv ist die sogenannte Regenbogenstrasse, die im Jahr 2015 eigens für die Pride in den Regenbogenfarben bemalt wurde. Eigentlich sollte die auffällige Strassenbemalung schon kurz darauf wieder verschwinden, doch man entschied sich, den Farbtupfer im Stadtzentrum permanent als Zeichen gegen die Diskriminierung von Menschen aus der LGBTIQ-Community beizubehalten.
Ein weiteres unübersehbares Wahrzeichen der Stadt ist das Harpa Konzerthaus beim Hafen, welches eine einzigartige kristallähnliche Fassade aufweist. Das Gebäude ist nicht nur von aussen spektakulär, sondern begeistert auch im Innern mit interessanten Lichtbrechungen, die von den unzähligen Fenstergläsern erzeugt werden.
Wellness zwischen Lavafeldern Ein Pflichtprogramm für viele Island-Reisende ist der Besuch der Blauen Lagune, die sich etwas ausserhalb der Hauptstadt befindet. Die Geschichte dieses faszinierenden Gewässers mit einer perfekten Badetemperatur von 39 °C reicht bis ins Jahr 1976 zurück. Damals bildete sich aus dem überschüssigen Wasser des nahen Geothermalkraftwerks ein kleiner Salzwassersee. Als bekannt wurde, dass die Lagune wertvolle Nährstoffe wie Mineralsalze, Kieselerde und Algen enthalten soll, liessen die ersten Badebesucher nicht lange auf sich warten und tauchten in den wohlig warmen Tümpel ein. Auch wenn sich mittlerweile jeden Tag hunderte Besucher*innen im milchig-blauen Wasser des Sees entspannen, kann man sich stets über eine gute Wasserqualität freuen. Dies, weil unablässig neues Meerwasser aus einer Tiefe von rund 2000 Metern in die von schwarzen Lavafeldern umgebene Lagune strömt und sich die gesamte Wassermenge innerhalb von 48 Stunden erneuert.
Ungezähmte Natur In weniger als zwei Stunden erreicht man von Reykjavik aus das idyllische Tal von Haukadalur, das bekannteste Heissquellengebiet des Landes. Hier sollte man unbedingt dem spektakulären Geysir Strokkur einen Besuch abstatten. Dieser schiesst alle vier bis zehn Minuten eine 20 bis 30 Meter hohe Wasserfontäne in die Höhe. Rund um den Strokkur lassen sich auf einer Rundwanderung weitere blubbernde Wasserstellen entdecken, die in grellen Blau-, Grün und Gelbtönen leuchten.
Nach einer kurzen Fahrt erreicht man danach ein weiteres Island-Highlight: Den Gullfoss-Wasserfall. Hier donnern gigantische Wassermassen über zwei Stufen fast 35 Meter in eine enge Schlucht. Wer möchte, kann sich auf einer natürlichen Felsplattform ganz nahe an das zischende Gewässer heranwagen. Nächster Stopp ist der Vulkan Kerið, dessen rund 3000 Jahre alter Kratersee ein wahres Farbwunder ist. Ein Weg, der dem Kraterrand entlangführt, bietet tolle Aussichten auf den blau-grün schimmernden See.
Abenteuerliche Südküste Fährt man anschliessend in Richtung Süden, erreicht man bald die isländische Ringstrasse, auf der man die Insel vollständig umrunden kann. Auf dieser gelangt man nach rund einer Stunde zum malerischen Seljalandsfoss-Wasserfall. Hier stürzt das Wasser von einer hohen Klippe, die einst die Küstenlinie des Landes markierte, fast 70 Meter in die Tiefe. Hinter dem Fall befindet sich eine Höhle, die über einen rutschigen Pfad erreicht werden kann. Wer im Mittsommer den Seljalandsfoss besucht, kann bei gutem Wetter gegen Mitternacht durch den Wasserschleier hindurch den zauberhaften Sonnenuntergang bestaunen.
Weiter im Osten liegt in der Nähe des Ortes Skógar ein weiterer eindrücklicher Wasserfall: der Skógafoss. Dessen Wassermassen rauschen frei fallend in einem gewaltigen, 25 Meter breiten Wasservorhang hinab. Ein steiler Pfad führt zu einer Aussichtsplattform, von welcher aus sich ein grandioser Blick über das Naturschauspiel bietet. Zurück auf der Ringstrasse erblickt man bald das Hinweisschild für eine eisige Sehenswürdigkeit. Bei der Gletscherzunge des Sólheimajökull handelt es sich um einen rund 10 Kilometer langen Ausläufer des Myrdalsjökull-Gletschers. Beim Näherkommen lassen sich die riesigen Ausmasse erst richtig begreifen. Abenteuerlustige können hier mit einem erfahrenen Guide eine spannende Gletscherwanderung unternehmen und dabei viel Interessantes zur Entstehung der Gletscher erfahren.
Strand mit Wow-Faktor Vík í Mýdral, das südlichste Dorf des isländischen Festlands, liegt etwa 180 Kilometer von der Hauptstadt Reykjavik entfernt. Vom Sólheimajökull dauert es jedoch nur noch eine kurze Fahrt, bis man diesen landschaftlich schön gelegenen Ort erreicht. Hier stehen Reisenden diverse Restaurants, Hotels und Einkaufsmöglichkeiten zur Verfügung. Zu den bekanntesten Sehenswürdigkeiten in der Umgebung des Dorfes zählt der schwarze Strand von Reynisfjara, wo die donnernden Wellen des Atlantiks auf die Küste treffen.
Während sich am östlichen Ende des wildromantischen Strandes eindrückliche sechseckige Basaltsäulen und eine Höhle entdecken lassen, erhebt sich im Westen der 120 Meter hohe Vogelfelsen von Dyrhólaey. Von hier oben lässt sich nicht nur ein toller Blick über das Meer und die Küste geniessen, sondern man kann insbesondere in den Sommermonaten auch unzählige Seevögel beobachten. Ein besonders beliebtes Fotomotiv bilden Papageientaucher, auch Puffins genannt, die hier ab Mai in grossen Kolonien an den steilen Klippen brüten. Im August, wenn die Jungvögel flügge sind, fliegen die Papageientaucher wieder zurück aufs Meer.
Wer nach so viel grossartigen Naturerlebnissen noch mehr von der rauen Schönheit Islands sehen möchte, kann von Vík í Mýdral der gut ausgebauten Ringstrasse weiter in Richtung Osten folgen. Im Gegenuhrzeigersinn sind es jedoch nochmals gut 1200 Kilometer, bis man wieder in Reykjavik eintrifft. Reisende, die hierfür zu wenig Zeit haben, sind in rund drei Stunden wieder zurück am Flughafen von Reykjavik.
LGBTIQ Leben
Island zählt zu den LGBTIQ-freundlichsten Ländern der Welt. Gleichgeschlechtliche Paare können hier ihre Partnerschaft seit 1996 rechtlich anerkennen lassen. Ebenfalls seit 1996 ist die Stiefkindadoption erlaubt. 2006 wurde das Adoptionsrecht auf nicht-leibliche Kinder erweitert. Im Juni 2010 befürwortete das isländische Parlament einstimmig die Öffnung der Ehe für gleichgeschlechtliche Paare. Als erste machte die damalige Premierministerin Jóhanna Sigurðardóttir vom neuen Gesetz Gebrauch und heiratete ihre langjährige Lebenspartnerin, mit der sie sich zuvor in einer eingetragenen Partnerschaft befunden hatte.
Im Juni 2019 sprach sich das Parlament einstimmig für eine Genderreform aus. Das neue Gesetz erkennt nicht-binäre Menschen an und führt für trans Personen einen Selbstbestimmungsprozess ein (MANNSCHAFT berichtete). Seither benötigen diese keine medizinische Diagnose mehr, um ihr amtliches Geschlecht zu ändern. Aufgrund der geringen Einwohnerzahl ist die Gayszene Islands überschaubar. Es gibt einige Bars und Clubs in der Hauptstadt Reykjavik, wobei sich insbesondere die Kiki Queer Bar einer grossen Beliebtheit erfreut. Seit 1999 wird zudem jedes Jahr eine Pride-Parade durchgeführt, die von diversen kulturellen Veranstaltungen begleitet wird.
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