«Homosexualität ist hier viel sichtbarer als in der Schweiz»

Seit mehr als fünf Jahren leben die Auswanderer Tobias und Michael auf der Kanarischen Insel Fuerteventura

«Heimat ist da, wo meine Träume sind», haben sich Tobias und Michael gedacht, und sind ausgewandert. (Bild: zvg)
«Heimat ist da, wo meine Träume sind», haben sich Tobias und Michael gedacht, und sind ausgewandert. (Bild: zvg)

Tobias und Michael haben sich ihren Traum erfüllt und sind nach Fuerteventura ausgewandert. Sie erzählen uns, warum sie sich dabei von einem Fernsehteam haben begleiten lassen.

Als Tobias Bayer und Michael Paris 2011 zum ersten Mal für längere Zeit auf die Kanarische Insel Fuerteventura zogen, war ein Produktionsteam des Privatsenders 3+ dabei. Bei ihrer definitiven Auswanderung 2016 begleiteten sie Kameras der SRF-Sendung «Auf und davon».

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Beim zweiten Mal hatten sie ausserdem ein klares Konzept und zwei Träume im Gepäck: Der 48-jährige Berner Tobias wollte schon immer eine Bar auf der Vulkaninsel eröffnen. Der 44-jährige Ungar Michael träumte vom eigenen Modelabel. Das Resultat sind die Bar mit Boutique und das dazugehörige Label «STARS».

Das Paar lernte sich 2004 in Spanien kennen und besuchte Fuerteventura oft für gemeinsame Ferien. Aufgrund eines schönen Urlaubs in ein Ferienparadies auszuwandern, könne jedoch in einer Enttäuschung enden, warnt Michael. Denn abseits der weissen Sandstrände gibt es Schatten: Die Kanaren sind reich an landschaftlicher Schönheit, jedoch wirtschaftlich arm. «Leuten, die Auswanderungswünsche hegen, empfehlen wir, ein paar Monate auf Probe zu wohnen und das Land von allen Seiten kennen zu lernen.»

Doch weshalb taten sie sich mitten im Auswanderungsstress die neugierigen Blicke und Fragen der Fernsehleute an? «Publicity», lautet die ehrliche Antwort. Gerade im ersten Jahr sei der Werbeeffekt immens gewesen, denn zu ihrer Kundschaft zählen hauptsächlich Schweizer Tourist*innen. Dass sich ihr Lokal grosser Beliebtheit erfreut, belegen zahlreiche auf Deutsch geschriebene Rezensionen im Internet. Die Einheimischen dagegen würden die Ausländer*innen auf der Insel meiden und in der Regel unter sich bleiben.

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Anfeindungen und Homophobie musste das Paar jedoch nie erleben. «Im Gegenteil; Homosexualität ist hier vor allem bei jungen Menschen viel sichtbarer als in der Schweiz», sagt Tobias.

Trotz Arbeitsalltag: Ein bisschen von der ganzjährigen Ferienstimmung der Tourist*innen überträgt sich schon auf Tobias und Michael. Genau dafür haben sie ihr Leben in der Schweiz hinter sich gelassen. Familie, Freunde, Jobs, Wohnung, Versicherungen, Krankenkasse – komplett «abnabeln» mussten sie sich.

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Gegen latentes Heimweh reist das Paar dreimal jährlich in die Schweiz. Regen und Schnee sind dann eine willkommene Abwechslung zum ewig sonnigen Ferienparadies. Unterdessen sind sie jedoch geistig endgültig auf der Insel angekommen. Den Rückflug Richtung Fuerteventura nennen sie nämlich mittlerweile «Heimflug».

Dieser Text stammt zusammen mit den Geschichten von anderen Auswandern aus der Print-Ausgabe der MANNSCHAFT. Hier geht es zum Abo Deutschland und hier zum Abo Schweiz.

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