«Es ist keine Massnahme, die Regenbogenfahne runterzunehmen!»
Die Polizei hatte dem Café Kairo geraten, die Regenbogenfahne zu entfernen
Beim Heimspiel der Young Boys gegen Roter Stern Belgrad werden serbische Hooligans erwartet. Weil sie den Ruf haben, gewaltbereit und homophob zu sein, stand das Café Kairo in Bern vor der Entscheidung: Regenbogenfahne abnehmen oder hängen lassen?
«Nimmst du sie ab?», will eine vorbeigehende Nachbarin wissen. «Ich weiss es noch nicht, Erika», sagt Trine Pauli, Wirtin vom Café Kairo.
Eigentlich wollte das Team des Café Kairo beim Mittagessen einen Entscheid fällen. Doch dazu kam es nicht. Ein Journalist vom Radio kam vorbei, dann rief ein Reporter einer Newsplattform an, und auch MANNSCHAFT wollte sich ein Bild machen: Nimmt Trine Pauli die Regenbogenfahne ab, die vor dem Café Kairo an einem Mast weht?
Lange war Pauli noch unschlüssig. «Wir schwanken. Das Herz sagt nein, der Verstand sagt, dass es vielleicht vernünftiger wäre. Doch die Tendenz ist eher nein,» sagt sie uns.
Der Grund für die Sorge: 2019 führte der Fanmarsch des Roten Stern von der Innenstadt über den Nordring zum Wankdorf Stadion am Café Kairo vorbei. «Volle Bierdosen und Flaschen sind geflogen. Sowas macht man einfach nicht, das ist keine gute Kinderstube!», erinnert sich Trine. «Glücklicherweise trafen sie keinen Kopf, sondern beschädigten nur einen Tisch, der draussen stand. Kleiner Sachschaden, grosser Schreck.» Eine andere Bilanz zog die Stadt Bern. Die serbischen Fans plünderten einen Kiosk und verletzten fünf Personen. Beim Bollwerk schlugen sie auf einen Randständigen ein, ein Polizist musste Warnschüsse feuern.
Grosse Vorbereitungen macht das Café Kairo dieses Jahr nicht. Schliessen ist auch keine Option. Ganz im Gegenteil: Trine und ihr Team forderten die Stammgäste auf, sich solidarisch zu zeigen und vorbeizukommen. Man werde sich drinnen aufhalten.
Im Vorfeld des Spiels gegen Roter Stern hatte die Polizei dem Café Kairo nahegelegt, die Regenbogenfahne zu entfernen (MANNSCHAFT berichtete). «Ich habe es geschätzt, dass die Polizei uns gewarnt hat. Die Fahne abnehmen finde ich aber keine prickelnde Lösung», sagt Trine. «Ich habe ein gutes Gefühl, dass sie schauen, dass alles friedlich läuft. Ich bin auch nicht wütend, wie es in einem früheren Medienbericht geheissen hat, sondern eher konsterniert. Und traurig. Es ist keine Massnahme, die Fahne herunterzunehmen. Auch nicht gegenüber unseren Freund*innen aus der LGBTIQ-Community.»
Gegen halb vier am Nachmittag steht die Entscheidung: Die Fahne bleibt hängen! Auch wenn am Nachmittag bekannt wurde, dass der Fanmarsch über den Nordring zum Wankdorf führt, also am Kairo vorbei.
Mit einem Grossaufgebot der Kantonspolizei ist die Bundesstadt in Alarmbereitschaft. Rund ums Wankdorf Stadion führen Polizist*innen Verkehrskontrollen durch, das ganze Areal wird kurz vor Spielbeginn abgesperrt.
Trine fügt stolz hinzu, dass das Café Kairo die MANNSCHAFT abonniert habe. «Wir wollen uns nicht von ein paar Faschos einschüchtern lassen, sondern zu unserer Fahne und zu unseren Freund*innen stehen.»
Von Bern nach Wien: Eurogames ziehen weiter (MANNSCHAFT berichtete)
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