Ein Wiener Kuss und seine Folgen
Zwei Frauen küssen sich in einem Kaffeehaus in Wien – und werden hinausgeworfen. Hunderte treffen sich daraufhin zum «Knutschprotest». Denn trotz Conchita Wurst sind Homosexuelle in Österreich offenbar immer noch Diskriminierungen ausgesetzt.
(dpa) – Wie intensiv sich Eva Prewein und Anastasia Lopez im Kaffeehaus «Prückel» geküsst haben, dürfte im Nachhinein nur noch schwer herauszufinden sein. Fest steht: Nach ihrer Zuneigungsbekundung in dem bekannten Wiener Innenstadt-Café werden sie von der Chefin hinausgeworfen. Aus Anstandsgründen, wie diese gegenüber österreichischen Medien sagt. Aus Homophobie, kontern die beiden Frauen. Die Alpenrepublik diskutiert nun über die Situation von Homosexuellen in der Gesellschaft.
Das Kaffeehaus «Prückel» ist ein Traditionsbetrieb, es besteht seit mehr als 100 Jahren in bester Wiener Innenstadtlage. Hier werden «gepflegte Wiener Küche, täglich frische, hausgemachte Mehlspeisen und vor allem, traditionell unentbehrlich, das Glas Wasser zum Kaffee» geboten, wie es auf der Internetseite heisst. Das Team sei bemüht, den Besuch «zum Vergnügen und Erlebnis zu gestalten».
Protest vor dem Café: Betreiberin legt Ruhetag ein Für Anastasia Lopez, 19, und Eva Prewein, 26, war ihr Aufenthalt im «Prückel» allerdings eher unerfreulich. Als sie sich dort zur Begrüssung küssten, wurden sie zunächst vom Kellner zurechtgewiesen. Sie beschwerten sich bei der Geschäftsführerin – und wurden schliesslich hinausgeworfen. Der Fall ereignete sich bereits vor etwas mehr als einer Woche. Nun könnte er Folgen nach sich ziehen.
«Schmusende» wolle sie nicht in ihrem Kaffeehaus haben, sagte Betreiberin Christl Sedlar der Tageszeitung «Kurier» zufolge. Doch laut den beiden Frauen ging es um mehr als das. Sie seien homophob beleidigt worden, erklärten sie in österreichischen Medien. In sozialen Netzwerken riefen sie zu Demonstrationen auf. Ende der vergangenen Woche versammelten sich gemäss der Nachrichtenagentur dpa mehrere hundert Menschen zum «Knutschprotest» vor dem «Prückel». Gelegenheit sich in dem Café zu küssen, bekamen sie nicht. Die Betreiberin entschuldigte sich für den Vorfall – und legte einen Ruhetag ein.
Doch den Betroffenen geht es mittlerweile um mehr als das. «Wir sind für ein weltoffenes Wien», sagen Prewein und Lopez. Es gehe auch darum, dass homosexuelle Menschen in der Gesellschaft nach wie vor kaum sichtbar seien.
Diskriminierung in Wiener Cafés gibt es zudem offenbar immer wieder. «Es gab im Vorjahr zwischen fünf und sieben ähnlicher Vorfälle in Wiener Kaffeehäusern», sagt Gerd Picher vom Netzwerk «To Russia With Love Austria», einem Bündnis, das sich gegen die Diskriminierung von Schwulen, Lesben, Bi- und Transsexuellen einsetzt. Auch im «Prückel» habe es 2005 einen ähnlichen Fall gegeben.
Die mit den Konservativen regierenden Sozialdemokraten wollen deshalb nun politische Konsequenzen ziehen. Sie fordern, den Schutz vor Diskriminierung in der Alpenrepublik auszuweiten. Bislang gilt dieser lediglich am Arbeitsplatz, aber nicht bei Dienstleistungen.
Erst vor kurzem hatte zudem das Verfassungsgericht die Rechte von Homosexuellen gestärkt, und das bislang bestehende Adoptionsverbot aufgehoben. Homosexuelle Paare durften in der Alpenrepublik seit 2013 die leiblichen Kinder eines der beiden Partner adoptieren, nicht jedoch fremde Kinder. Dagegen hatte nun ebenfalls ein lesbisches Paar geklagt.
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