Das sagt der Cast über «The Boys in the Band»
Netflix zeigt eins der queeren Filmhighlights des Jahres
Aus queerer Sicht eines der Filmereignisse des Jahres ist ohne Frage «The Boys in the Band», die Verfilmung des legendären gleichnamigen Theaterstücks von Mart Crowley aus dem Jahre 1968 (das bereits 1970 von William Friedkin ein erstes Mal für die Leinwand adaptiert wurde). Das sagen die Stars der Netflix-Produktion.
Regisseur Joe Mantello, zuletzt auch als Schauspieler in der Serie «Hollywood» mit von der Partie, brachte bereits vor zwei Jahren das Stück zurück auf die Theaterbühnen (MANNSCHAFT berichtete), nun stand er für den Film hinter der Kamera, der ab diesem Mittwoch bei Netflix zu sehen ist und von Ryan Murphy produziert wurde. Davor stand ein ausschliesslich aus schwulen Schauspielern bestehendes Ensemble, zu dem unter anderem Jim Parsons («The Big Bang Theory»), Matt Bomer («Magic Mike»), Zachary Quinto («Star Trek»), Andrew Rannells («Girls»), Charlie Carver («Teen Wolf») und Tuc Watkins («Desperate Housewives») gehören. Nach einem virtuellen Presse-Screening des Films standen kürzlich einige von ihnen in einer von Theaterautor Matthew Lopez («The Inheritance») geführten Fragerunde Rede und Antwort. Hier ein Auszug.
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Mr. Mantello, was war für Sie der Schlüssel bei der Übertragung Ihrer Theaterinszenierung ins Medium Film? Mantello: Ich hatte das grosse Glück, dass der wunderbare Mart Crowley, der Autor des Stücks, selbst Ende der Sechziger Jahre schon ein Drehbuch geschrieben hatte. Wir mussten also in dieser Hinsicht nicht bei null anfangen. Und natürlich war es ganz wunderbar, dass wir alle durch das Broadway-Revival so vertraut waren mit dem Stoff. Trotzdem bat ich unseren Produzenten Ryan Murphy darum, dass wir vor Drehbeginn eine Woche Zeit für Proben bekommen, was tatsächlich einen riesigen Unterschied machte. Das gab uns die Gelegenheit, die Spinnenweben abzuschütteln – und eine neue Version dieser Geschichte zu entdecken, die sie in gefilmter Form werden könnte.
Alle Schauspieler waren schon auf der Bühne mit von der Partie. War es eine grosse Umstellung, die gleichen Rollen nun vor der Kamera zu verkörpern? Parsons: Das einzige, was daran für mich merkwürdig war, war meine Angst, der Sache nicht gerecht werden zu können. Zusammen das Stück am Broadway auf die Bühne zu bringen war für mich menschlich wie beruflich ein derart einschneidendes, wunderbares Erlebnis, dass ich nun einfach fürchtete, dahinter zwingend zurückzubleiben. Aber meine Sorgen waren zum Glück unbegründet. Auch weil ich noch nie etwas gedreht habe, wo es eine solche Vertrautheit zwischen den Schauspielern gab und man vorher so viel geprobt und recherchiert hatte. Dieses Fundament liess uns auf einem Niveau spielen, wie es mir vorher noch nie vergönnt gewesen ist. Ich kann mich nur Matt Bomer anschliessen, der neulich irgendwo gesagt hat, er wolle am liebsten nie wieder einen Film drehen, der nicht vorher schon eine Spielzeit am Broadway hinter sich hatte.
Bomer: Das war einfach eine unglaubliche Freiheit, die wir da vor der Kamera erlebten. Wir kannten und liebten uns, das sorgte für ein riesiges Vertrauen. Und wir hatten den bestmöglichen Regisseur für dieses Projekt. (Kürzlich klagte Bomer, sein Coming-out habe ihn um Chancen in Hollywood gebracht – MANNSCHAFT berichtete).
Als das Theaterstück vor 52 Jahren Premiere feierte, war es ebenso sehr ein Skandal wie ein Erfolg. Das von Ihnen allen gestemmte Broadway-Revival 2018 war natürlich nicht mehr skandalös, aber immer noch sehr erfolgreich – und zieht nun eben diesen Film nach sich. Was genau ist es eigentlich an dieser Geschichte, das auch heute noch so hervorragend funktioniert? Quinto: Ich denke einfach, dass es hier im Kern um sehr universelle Themen geht, die auch heute nicht veraltet sind. Nämlich einmal den Wunsch nach einer Verbindung zu anderen, zu Gleichgesinnten, zu Menschen, mit denen man seine Erfahrungen teilen kann. Aber dann eben auch das Bedürfnis, sich selbst als das zu akzeptieren, was man wirklich ist. Jede dieser Figuren präsentiert eine andere Perspektive darauf, was es bedeutet, dazuzugehören und Teil der menschlichen Gesellschaft zu sein. Als schwuler Mann, aber auch ganz allgemein.
Sich repräsentiert zu sehen und geliebt zu werden – das sind ganz allgemeine Bedürfnisse, die jeder Mensch hat. Auch für ein heutiges Publikum – schwul oder nicht – ist die wichtigste Botschaft von «The Boys in the Band» deswegen meiner Meinung nach, dass die Liebe nicht nur im Aussen, also in anderen Menschen gefunden werden. Sondern dass sie, um tatsächlich wirken zu können, aus einem selbst entstehen muss.
Es ist wirklich bemerkenswert, wie sehr Autor Mart Crowley seiner Zeit eigentlich voraus war, oder? Bomer: Im Grunde war ein Stück wie «The Boys in the Band» damals wirklich radikal. Man muss sich nur Zeitgenossen von Crowley anschauen wie Edward Albee oder Tennessee Williams. Auch die schrieben letztlich über LGBTQ-Themen, versteckten sie allerdings in Geschichten über vermeintlich heterosexuelle Figuren. Mart dagegen brachte ganz direkt seine Wahrheit zu Papier, seine eigenen Erfahrungen. Das war damals wirklich revolutionär.
An der Broadway-Produktion vor zwei Jahren war er noch aktiv beteiligt … Quinto: Es war für uns alle eine magische Erfahrung, mit Mart zusammenzuarbeiten. Der unglaublichste Moment war, als wir miterleben durften, wie er letztes Jahr den Tony Award entgegen nehmen durfte, als «The Boys in the Band» als Beste Wiederaufführung ausgezeichnet wurde. Seine Freude sehen zu können und dort neben ihm auf der Bühne zu stehen, war unbeschreiblich. Es ist wirklich traurig, dass er nun nicht mehr miterleben kann, wie der Film ausgenommen wird, da er ja im März gestorben ist. Aber er war noch bei den Dreharbeiten dabei, und zu wissen, dass ihm noch die Anerkennung und der Erfolg der letzten Jahren zuteil wurde, ist ein schönes Gefühl.
Was, hoffen Sie, wird ein heutiges Publikum mitnehmen aus diesem Film? Watkins: Ich fand es immer wichtig, dass wir das Stück nicht modernisiert haben, sondern es immer noch 1968 spielt. Ryan Murphy war das immer wichtig, denn er meinte, dass wir mehr Geschichten über LGBTQ-Geschichte brauchen. Und damit hat er Recht. Wir müssen uns mehr mit der Vergangenheit unserer Community beschäftigen und wissen, wie es war, in den Sechziger als schwuler Mann zu leben. Denn alle Freiheiten, die wir heute haben, verdanken wir denen, die vor uns kamen und auf deren Schultern wir heute stehen.
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