«Anders fühlen» erzählt deutsche Homosexualitätengeschichte
«Unser Fühlen ist untrennbar verflochten mit der Position, die wir in der Gesellschaft einnehmen», so der Autor
Benno Gammerl hat ein dickes Buch zu einem bislang wenig beleuchteten Aspekt Geschichte der Bundesrepublik geschrieben: «Anders fühlen». Er sagt: «Als schwuler Historiker wollte ich schon lange etwas zur Homosexualitätengeschichte schreiben.»
«Wie fühlten frauenliebende Frauen und männerliebende Männer und wie haben sich diese Gefühle seit den 1950er Jahren verändert?» Schwule und Lesben fühlten natürlich anders, auch wenn viele vielleicht in einem Anflug von besonderem Respekt das verneinen wollten.
«Kenne mindestens vier Schauspieler, die ihr Schwulsein verstecken»
«Unser Fühlen ist untrennbar verflochten mit der Position, die wir in der Gesellschaft einnehmen.» Wenn sich das Empfinden in einem zentralen Punkt von dem der Mehrheit unterscheide, auf deren Wünsche alles ausgerichtet sei, von den Schulbüchern bis zu den Figurenpaaren auf Hochzeitstorten, dann präge das auch die Gefühle. Das Buch macht es sich nicht leicht, denn Gammerl ist wichtig, dass es bei dem Thema keine saubere Entwicklung gebe, von «Stigmatisierung» (Wer schwul ist, fliegt raus) über Emanzipation (Ich bin lesbisch – und da müsst Ihr jetzt mit zurechtkommen) hin zur sogenannten Normalisierung (Ehe für alle) heute.
Benno Gammerl ist Historiker mit den Schwerpunkten Imperiengeschichte und Emotionsgeschichte. Er gilt als führend in der Erforschung von queerem Leben in Deutschland. Nach Stationen am Max-Planck-Institut für Bildungsforschung in Berlin und am Goldsmiths College in London lehrt er ab 2021 als Professor für Gender- und Sexualitätengeschichte am Europäischen Hochschulinstitut in Florenz. Für seine Forschung wurde er mehrfach ausgezeichnet. anders fühlen ist sein Sachbuch-Debüt.
Benno Gammerl: «Anders fühlen.» Schwules und lesbisches Leben in der Bundesrepublik. Eine Emotionsgeschichte, Hanser Verlag, 416 Seiten, 25,00 Euro, ISBN 978-3-446-26928-6
Mehr Lesetipps gefällig? Wegen einer berüchtigten taz-Kolumne über die Polizei hätte Horst Seehofer Hengameh Yaghoobifarah beinahe angezeigt. Nun hat das provokante Schreibtalent das Genre gewechselt und einen Debütroman vorgelegt: «Ministerium der Träume».
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