«Ich wollte bei Freddies 1. Mal mit einem Mann dabei sein!»
Adam Lambert über seine musikalischen Einflüsse und seine Rolle in «Bohemian Rhapsody»
Im Sommer tourte er noch mit Queen durch die USA, jetzt rückt wieder seine eigene Musik in den Vordergrund: Adam Lambert veröffentlicht in zwei Wochen die erste Hälfte seines neuen Albums «Velvet» (Side A) (MANNSCHAFT berichtete). Wir sprachen mit ihm über seine musikalischen Einflüsse und seine Mini-Rolle im Queen-Film «Bohemian Rhapsody».
Adam, es gibt Leute, die Dein neues Album hören und Dich mit Marvin Gaye vergleichen. Damit kann man leben, oder? Das ist ein wundervolles Kompliment. Ich würde jetzt nicht einen spezifischen Künstler rauspicken, aber als ich klein war, lief bei uns viel Musik, meine Mutter hatte all diese Soulplatten, Al Green, Roberta Flack und so weiter. Mein Vater war eher für Classic Rock zu haben, Über meine Eltern habe ich viel Musik kennengelernt. Bei der neuen Platte ging es mir nicht darum irgendwelchen Trends nachzueifern, ich wollte etwas eher Zeitloses schaffen.
Queen gehörte wahrscheinlich auch zu den Platten, die dein Vater zu Hause spielte? Ja, aber auch bei Sportveranstaltungen, zu denen man mich als Kind mitgenommen hat, da lief das immer. Die Musik von Queen ist so überpräsent in der Popkultur. Das erste Mal, dass ich wirklich nach Queen fragte, war als ich den Film «Wayne’s World» sah. Wir kamen nach Hause und mein Vater zeigt mir ein Album von Queen und ich sah Freddie. Er trug Eyeliner und die Fingernägel waren schwarz angemalt. Ich dachte: Uuuh, ich mag, wie der aussieht! Damals faszinierten mich auch die Fotos von David Bowie, der auch wild aussah. Das war alles in meinen frühen Teenager Jahren … Ich glaube, ich bin in der falschen Generation gross geworden. Vielleicht habe ich den 70ern schonmal gelebt, und bin im Studio 54 gestorben.
Es gibt schlimmere Wege zu sterben. (lacht) Death by dancing,
Wessen Idee war es eigentlich, dir die kleine Rolle des Truckers im Film «Bohemian Rhapsody» (MANNSCHAFT berichtete) zu geben? Die Band. Sie meinten: Hey, wir machen diesen Film, und fragten: Willst du der LKW-Fahrer sein? Ich sagte: auf jeden Fall! Klar wollte ich in der Szene dabei sein, die zu Freddies erstem Mal mit einem Mann führt. Ich mochte die Idee, die Ironie darin.
«Laut YouTube-Kommentaren bin ich der hässlichste Mensch»
Ihr tauscht vor dem Klo deutliche Blicke. Habt Ihr noch mehr gedreht? Es ist alles, was wir gefilmt haben. Ich meinte: Seid Ihr sicher, dass wir nicht auch noch im Klo was drehen wollen? Aber sie sagten, nee, das ist schon okay. (lacht)
Trotzdem wurde zum Film der Vorwurf des Straightwashings geäussert. Ich würde sagen, es ist eine Interpretation des Lebens dieses Mannes. Der Film will dir erzählen, wie grossartig Freddie als Sänger war und als Künstler, und wie fantastisch die Band war und ist, und das ist ihnen gut gelungen. Es gibt wegen des Films jetzt all diese jungen neuen Fans, die zu den Konzerten kommen. Die Tour im Sommer hat sich binnen Minuten verkauft. Es gibt einfach viele Leute, die jetzt erst auf Queen gekommen sind.
Nach der Tour mit Queen kannst du dich wieder um Adam Lambert kümmern. Mit den neuen Songs steht vermutlich die nächste Tournee an. Es gibt noch keine Termine, aber ja: Performing ist für mich total wichtig. Ich wollte Songs schreiben, die man auch mit der akustischen Gitarre spielen könnte und einem Tambourin. Musik von heute hat so viele Ebenen beim Produzieren, und auch bei den neuen Songs haben wir eine Menge Spezialsosse drübergegossen. Aber es ist alles auf echten Instrumenten entstanden, das ist die Wurzel von allem, wie früher. Das Aufregende ist, dass man das auch mit einer Band machen kann.
Nicht überall, wo du auftrittst, bist du willkommen. Vor einem Konzert in Malaysia gab es mal Proteste. Religiöse Kreise warnten vor einer zu anstössigen Show. Ja, no homo! (lacht) In Singapur hab ich das auch mal erlebt, bei einem Konzert an Silvester. Da konnte ich nur drüber lachen. Ich dachte mir: Was glaubt ihr denn, was ich bei der Show mache?! Ihr habt die Show selber noch gar nicht gesehen! Es war überhaupt nicht obszön oder schlüpfrig. Das war auch gar nicht mein Plan.
Ich habe früher Performances gemacht, die etwas wilder waren. Das war kontrovers, dafür hat man mir auf die Finger gehauen, das ist zehn Jahre her! Manchmal schadet es nicht, ein bisschen zu recherchieren, bevor man Verurteilungen ausspricht. Die Show fand statt, ohne Kontroversen, alle liebten sie, und ich dachte mir: Siehst du! Verschwendet doch eure Energie nicht! Die Leute glauben immer das, was sie glauben wollen.
Trittst du weiter in diesen Ländern auf? Wenn die Sicherheit auf dem Spiel steht, müsste man es sich überlegen. Aber auch dort sind Fans, die meine Musik hören wollen. Wenn da hasserfüllte Leute aufkreuzen . . . fuck the haters! Damit befasse ich mich nicht, das kostet Energie. Mir geht es um Inklusion, Akzeptanz, Authentizität – sei, wer du bist. Das ist eine universelle Botschaft.
Ist etwas in der Art noch mal passiert? Es hat sich etwas gebessert.
Wie ist es in den USA? In Utah hatten wir das mal. Es gibt da diese rechte Kirchengruppe, die protestieren überall, die Westboro Baptist Church. Die standen tatsächlich draussen vor der Halle. Ich denke immer: Wenn es Leute gibt, die sich so aufregen und so ein Theater machen – da mache ich wohl irgendwas richtig. Man trifft einen Nerv.
Du hast 2009 bei American Idol den zweiten Platz gemacht . . . Ich habe fast gewonnen! (lacht)
. . . und warst später selber Juror, bei «The X Factor Australia» Ja, 2016 war ich der Mentor von Isaiah Firebrace, der gewonnen hat und dann beim Eurovision Song Contest teilnehmen durfte. Er hatte mit «It’s Gotta Be You» einen echt guten Song und eine super Stimme, voller Soul.
Was hältst du vom ESC? Ich war vor ein paar Jahren in London und hab es gesehen. In den USA kann man es ja leider nicht anschauen. Was für ein Event! Alle redeten drüber!
Du hast 2003 mal eine Weile in Berlin gelebt. Ja, wir haben damals «Hair» gespielt im Schiller-Theater. Es war eine tolle Hippie-Show, und wir haben das damals auch gelebt. Es war ein bisschen wie im Klassenlager. Ich hatte eine Wohnung in der Nähe des Nollendorfplatzes.
Erkennst du die Stadt heute noch? Weitgehend schon. Es war so beeindruckend, ich bin hier mit grossen Augen durch die Stadt gelaufen. Als ich danach zurück nach L. A. bin, sagten meine Freunde: Irgendwas ist anders an dir. Die Stadt hat mich inspiriert, mehr derjenige zu sein, der ich sein will, und das etwas mehr nach aussen zu kehren, mehr nach meiner eigenen Pfeife zu tanzen. Kalifornien ist ganz cool, aber die Szene in L. A. war relativ homogen, alle zogen sich gleich an. Das ändert sich gerade, glaube ich. Aber Berlin war damals auf jeden Fall sehr inspirierend.
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