25 Jahre nach Unfalltod: Kampf um das Erbe von Prinzessin Diana
Harry hat das Gefühl, sie habe sich ihm stärker zugewandt als William
Kein anderes Mitglied der britischen Königsfamilie hat je solch eine Magie mit der Öffentlichkeit entfaltet wie Prinzessin Diana. Ein Vierteljahrhundert nach ihrem tragischen Unfalltod ringen ihre Söhne William und Harry darum, wer als Hüter ihres Vermächtnisses gilt.
Von Christoph Meyer, dpa
Als Prinz William (40) und sein jüngerer Bruder Prinz Harry (37) vor gut einem Jahr ein neues Denkmal für ihre vor 25 Jahren gestorbene Mutter Diana enthüllten, war nicht nur räumlich eine deutliche Distanz zwischen den beiden zu bemerken. Augenkontakt schienen sie zu vermeiden und nur wenige Worte zu wechseln. Prinzessin Diana war am 31. August 1997 im Alter von 36 Jahren gestorben, als ihr Wagen auf der Flucht vor Paparazzi in einem Pariser Tunnel zerschellte. Doch ihre beiden Söhne, die das tragische Schicksal ihrer Mutter jahrelang zusammengeschweisst zu haben schien, haben sich entfremdet. Nun ringen sie um ihr Vermächtnis.
Deutlich wurde das bei einem Interview, das der inzwischen im US-Bundesstaat Kalifornien lebende Harry dem US-Sender NBC im Frühjahr gab. Er fühle die Präsenz seiner Mutter in den vergangenen zwei Jahren mehr als je zuvor seit ihrem Tod, sagte Harry. Er habe sogar das Gefühl, sie habe sich ihm nun stärker zugewandt als William. «Es ist beinahe so, als habe sie ihren Teil mit meinem Bruder erledigt und helfe jetzt vor allem mir», erklärte Harry im Hinblick auf seine kleine Familie mit den beiden Kindern Archie (3) und Lilibet (1) und fügte hinzu: «Sie hat uns im Blick.» Er sei sich sicher, dass sie stolz auf ihn sei.
Ende dieses Jahres will Harry sogar noch einmal nachlegen mit der geplanten Veröffentlichung seiner Memoiren, in denen er auspacken will über das Aufwachsen am Hof. Der Tod seiner Mutter dürfte darin eine wichtige Rolle spielen. Für das ohnehin gestörte Verhältnis zu den übrigen Royals verheisst das nichts Gutes.
Auch Prinz William arbeitet daran, sichtbar in die Fussstapfen seiner Mutter zu treten, die als «Königin der Herzen» galt und sich in ganz neuer Weise den Ausgestossenen und Stigmatisierten zuwandte. Kurz vor seinem 40. Geburtstag in diesem Jahr verdingte sich William einen Tag lang als Verkäufer der Obdachlosenzeitschrift The Big Issue in London.
«Seit ich mit meiner Mutter hierher kam, war Obdachlosigkeit ein Problem, gegen das ich angehen wollte. Ich habe alles getan, was ich konnte, um die Obdachlosen in den Fokus zu bringen, und ich will noch viel mehr tun», sagte er über einen Besuch in einem Heim für Obdachlose mit seiner Mutter im Jahr 1993.
Doch Harry gibt den Takt an: Als er im vergangenen Jahr zusammen mit seiner Frau Meghan (41) der US-Talkshowlegende Oprah Winfrey ein ausführliches Interview gab, stellte er sogar einen Zusammenhang zwischen dem Schicksal seiner Mutter und der eigenen Abwendung vom Königshaus her. «Ich kann mir gar nicht vorstellen, wie es für sie gewesen sein musste, durch diesen Prozess ganz alleine gehen zu müssen vor all diesen Jahren. Weil es unglaublich hart für uns beide war, aber wenigstens hatten wir uns gegenseitig», sagte Harry über sich und seine Frau – die beiden hatten vor mehr als zwei Jahren ihren Dienst als arbeitende Royals quittiert.
Doch Craig Prescott, der in dem walisischen Städtchen Bangor an der Universität britisches Verfassungsrecht lehrt und sich einen Namen als Royal-Experte gemacht hat, glaubt, dass der Vergleich hinkt. Diana habe ihre Rolle als arbeitendes Mitglied im Königshaus sehr ernst genommen. «Es scheint mir, dass Diana sehr daran gelegen war, ein Mitglied der Königsfamilie zu sein, und zwar auch ein arbeitendes, bis sehr kurz vor dem Ende», sagt Prescott im Gespräch mit der Deutschen Presse-Agentur. Ursprünglich sei sogar geplant gewesen, dass sie trotz ihrer Trennung von Charles zur Königin gekrönt werden solle.
Das änderte sich erst durch die Scheidung im Jahr 1996. Ausschlaggebend dafür soll ein Interview mit der BBC im Jahr davor gewesen sein, in dem Diana Klartext redete. Sie beschrieb darin, wie sie sich in der medialen Dauerbeobachtung zuerst vom Königshaus alleine gelassen und dann nach der Trennung regelrecht sabotiert und gezielt in ihrem Ruf beschädigt fühlte. «Wir waren zu dritt in dieser Ehe, deswegen war es ein bisschen eng», sagte sie im Hinblick auf die Affäre ihres Mannes mit Camilla Parker-Bowles. Das Tischtuch war zerschnitten.
Spekuliert wurde, die legendäre Abrechnung seiner Mutter im Fernsehen könnte Harry dazu ermutigt haben, ebenfalls die Öffentlichkeit zu suchen. Doch auch hier gibt es einen entscheidenden Unterschied: Mehr als 25 Jahre nach dem BBC-Interview stellte sich heraus, dass Diana ein Opfer von Manipulation geworden war. Reporter Martin Bashir hatte gefälschte Kontoauszüge vorgelegt, die beweisen sollten, dass die Prinzessin von Menschen in ihrem Umfeld bespitzelt wurde. Diana, die als paranoid galt und überall Verschwörungen gegen sich vermutete, fühlte sich dadurch bestätigt – und packte aus.
William zeigte sich überzeugt, dass seine Mutter das Interview ohne die Schummeleien nicht gegeben hätte. Es habe einen «wesentlichen Beitrag» geleistet, dass sich die Beziehung seiner Eltern verschlechtert habe, sagte er nach Veröffentlichung des abschliessenden Untersuchungsberichts im vergangenen Jahr. Die betrügerische Art und Weise, in der das Interview zustande gekommen sei, habe substanziell beeinflusst, was seine Mutter sagte, so der Zweite in der britischen Thronfolge.
In einem sind sich die Brüder einig: Sowohl William als auch Harry haben nie einen Zweifel daran gelassen, dass sie die Schuld für den Tod ihrer Mutter nicht etwa bei deren betrunkenem Fahrer, sondern bei den Medien sehen, die sie hetzten. Deutlich unterscheidet sich jedoch ihre Bewertung darin, welchen Anteil das Königshaus hatte.
Nimmt man die Popularität der beiden Prinzen in der britischen Bevölkerung zum Massstab, dann hat William im Wettlauf mit seinem Bruder um das Erbe der «Königin der Herzen» deutlich die Nase vorn. Er liegt laut Meinungsforschungsinstitut Yougov nach der Queen und nach seiner Frau Herzogin Kate auf Platz 3 der Beliebtheitsskala. Harry ist weit abgeschlagen auf Platz 11.
Lady Diana hatte viele schwule Freunde und Verehrer. Sir Elton John, George Michael und Freddie Mercury: Der Queen-Sänger hat sie sogar mal in eine Schwulenbar mitgenommen. Mit Militärjacke, Mütze und Sonnenbrille verkleidet feierte die Prinzessin Ende der 80er Jahre in London – eine Anekdote, die seit ein paar Jahren kursiert. Vor fünf Jahren outete sich auch ihr Butler als schwul (MANNSCHAFT berichtete)
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