Lewis Hamilton fährt Regenbogen-Sieg in Katar ein
Am Wochenende war die Premiere der Formel 1 im Wüstenstaat
Zweiter Sieg nacheinander. Hamilton verkürzt weiter den Rückstand im erbitterten WM-Kampf. Die Premiere in Katar wird zur Solo-Show des Briten mit einer besonderen Note im Kampf für LGBTIQ Menschenrechte. Von Thomas Wolfer und Jens Marx, dpa
Unter dem tosenden Lärm des Feuerwerks über dem hell erleuchteten Losail International Circuit zeigte Lewis Hamilton kurz die Siegerfaust, ehe er schweissgebadet das Formel-1-Premierenpodium im umstrittenen Emirat Katar bestieg. Mit seinem neuen demonstrativen Regenbogen-Helm setzte der siebenmalige Weltmeister seine Aufholjagd im erbitterten WM-Kampf fort und lieferte am Sonntag eine erneute Machtdemonstration ab.
Hamilton will seinen neuen Helm mit einer Regenbogen-Lackierung bei allen drei verbleibenden Rennen in dieser Saison tragen. Das sagte der 36 Jahre alte Brite am Rande des Grossen Preises von Katar. «Auf der Rückseite steht: ‚Wir stehen zusammen‘ und ‚Liebe ist Liebe‘. Es ist wichtig für mich, diese Gemeinschaft hier zu vertreten, da ich weiss, dass die Situation für sie hier nicht perfekt ist und darauf aufmerksam gemacht werden muss», sagte der Mercedes-Fahrer. Er habe für seine Aktion bislang kein negatives Feedback erhalten, sagte der Rekordweltmeister.
Der siebenmalige Champion trug seinen neuen Kopfschutz nahe Doha erstmals im Training am Freitag. Hamilton möchte die LGBTIQ-Community auf der Arabischen Halbinsel unterstützen, da diese über weniger Rechte verfügt und unterdrückt wird.
«Diese Orte müssen genau im Blick behalten werden. Gleichberechtigung ist ein ernstes Thema», hatte Weltmeister Hamilton vorab erklärt (MANNSCHAFT berichtete). Der Brite sei sich über die schwierige Menschenrechtslage und die Situation vieler unterdrückter Menschen in dem Emirat bewusst. «Da der Sport an diese Orte geht, ist er verpflichtet, das Bewusstsein für diese Themen zu schärfen», sagte der 36 Jahre alte Mercedes-Pilot, vermied aber ebenso wie alle seine Fahrer-Kollegen direkte Kritik an Katar.
«Es ist mehr eine Frage für die ganze Formel 1 und nicht nur für mich als Einzelnen», sagte Vettel. Der Ex-Weltmeister Sebastian Vettel hatte im November 2020 in Istanbul einen ähnlichen Helm getragen, der wurde mittlerweile für 225 000 Euro versteigert (MANNSCHAFT berichtete).
Nach dem zweiten Erfolg nacheinander liegt der 36 Jahre alte Hamilton bei noch zwei ausstehenden Rennen nur noch acht Punkte hinter Verstappen. Dem zwölf Jahre jüngeren Niederländer gelang beim Grossen Preis von Katar auch vor den Augen von FIFA-Boss Gianni Infantino exakt ein Jahr vor Beginn der Fussball-WM dennoch maximale Schadensbegrenzung nach einer Startplatzstrafe. «Am Ende des Tages war es gut», sagte er und freute sich auch noch über den Extrapunkt für die schnellste Rennrunde vorm nächsten kontroversen Rennen in zwei Wochen in Saudi-Arabien und dem grossen Finale in Abu Dhabi.
Gut möglich, dass erst dann die WM-Entscheidung fällt. Zuletzt war das 2016 der Fall, als Hamilton in Abu Dhabi gegen Nico Rosberg verlor. «Sicher war das nicht unser bestes Wochenende, weil uns die Geschwindigkeit gefehlt hat», sagte Verstappen, der positiv blieb: «Aber es sind eben noch zwei Rennen, da kann noch viel passieren.»
Dritter wurde beim 102. Grand-Prix-Sieg nach der 102. Grand-Prix-Pole von Hamilton sensationell der zweifache Weltmeister Fernando Alonso mit 40 Jahren im Alpine. «Ich habe so lange darauf gewartet», sagte der Spanier nach «Olé, Olé»-Rufen noch im Auto – 2014 hatte er es zuletzt aufs Podium geschafft. Sebastian Vettel holte im Aston Martin einen Punkte als Zehnter. Mick Schumacher wurde im Haas 16.
Verstappen holte gegen einen rechtzeitig zur entscheidenden WM-Phase wieder erstarkten Hamilton das Beste raus, nachdem die Stimmung beim ehemaligen Branchenführer schon mächtig im Keller gewesen war. Zunächst verpasste Sergio Perez im zweiten Wagen die Top Ten in der Qualifikation und fehlte als taktischer Gehilfe im Kampf gegen die Silberpfeile als letztlich Vierter.
Und dann bekam Verstappen knapp zwei Stunden vor dem Rennstart auch noch eine Strafe von fünf Positionen nach Missachtung – wenn auch fälschlich – doppelt geschwenkter Gelber Flaggen in der K.o.-Ausscheidung. Startrang sieben statt zwei direkt neben Pole-Hamilton. «Es hätte nicht schlimmer kommen können», wütete Red Bulls Teamchef Christian Horner. «Es ist unglaublich. Wir haben einen Milliardensport» und der Internationale Automobil-Verband Fia habe die Stewards nicht im Griff. Einer der Streckenposten hatte selbstständig doppelt gewunken. Beachten müssen hätte Verstappen das trotzdem. Und Horner musste nach seiner verbalen Attacke gegen die Fia am Sonntagabend noch bei den Rennkommissaren zum Rapport.
Getose und Gepolter gehören aber seit Wochen zum vergifteten Titelkampf zwischen Herausforderer Red Bull und Titelverteidiger Mercedes. Silberpfeil-Teamchef Toto Wolff hatte eine Woche zuvor, als ein äusserst diskutierbares Verstappen-Manöver gegen Hamilton in Brasilien nicht mal angeschaut worden war, bereits das Ende der Diplomatie ausgerufen.
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