«Pharao der Fabelhaftigkeit» – André Leon Talley ist tot
Bei der Vogue war er der erste schwarze Creative Director
Der US-Mode-Experte André Leon Talley ist mit 73 Jahren gestorben. «Talley war der überlebensgrosse, langjährige Kreativdirektor der Vogue während ihres Aufstiegs als Modebibel der Welt», hiess es in einer Stellungnahme auf seinem offiziellen Instagram-Kanal
André Leon Talley war ein Mann, der Eindruck hinterliess und in Erinnerung blieb, und das nicht nur, weil über zwei Meter gross und über weite Strecken seines Lebens auch ein buchstäbliches Schwergewicht war. Aufsehen erregen und auffallen – optisch, aber vor allem mit in jeder Hinsicht klaren, lauten und sehr ehrlichen Worten – war seit seiner Kindheit in den von Rassentrennung geprägten Südstaaten der Talleys Weg, sich gegen Rassismus, Homophobie und auch «Sizeism» (also der Diskriminierung wegen seiner Grösse und seines Gewichts) zu stellen. So wurde er zu einer der wichtigsten stilprägenden Stimmen der Modewelt.
Geboren 1948 in Washington D.C. wuchs Talley bei seiner Grossmutter mütterlicherseits in North Carolina auf. Die von ihm über alles geliebte Putzfrau, so berichtete er, habe ihm ein Verständnis dafür vermittelt, was Luxus sei. Dass er schon als Kind in der Stadtbücherei die Vogue für sich entdeckte, tat sein Übriges. Auf ein Masterstudium der Französischen Literatur folgte 1974 ein Praktikum bei Diana Vreeland – und der Einstieg in die Welt der Mode.
Er jobbte bei Andy Warhols Interview Magazine, schrieb für die New York Times oder W, leitete das Paris-Büro von Women’s Wear Daily. Von 1983 an wurde die amerikanische Vogue sein berufliches Zuhause: er wurde ihr erster schwarzer Creative Director, später war er von 1998 bis 2013 Editor-at-Large, bis seine langjährige Freundin und Chefin Anna Wintour ihn schliesslich fallen liess.
«Plötzlich war ich ihr zu alt, zu übergewichtig und zu uncool», schrieb er dazu in seiner zweiten Autobiografie «The Chiffon Trenches», die 2020 zum Bestseller wurde.
Talley, der über seine sexuelle Identität öffentlich selten mehr sagte, als dass er nicht heterosexuell, sondern fluide sei, hatte zeitlebens keine Beziehung, was er selbst unter anderem auf Missbrauchserfahrungen in der Kindheit zurückführte. Ihm reichten, so gab er öfter zu Protokoll, seine engen Freundschaften, nicht zuletzt mit Designer*innen wie Karl Lagerfeld (dessen Leben als Mini-Serie verfilmt werden soll – MANNSCHAFT berichtete), Yves Saint Laurent, Azzedine Alaïa oder Diane von Furstenberg.
Dass er auch über die Mode- und Magazinwelt hinaus zu einer Berühmtheit wurde, deren Erscheinung sich einbrannte, begann nach der Jahrtausendwende. Talley und seine spektakulären Kaftans, Umhänge und Hüte hatten Gastauftritte im «Sex and the City»-Kinofilm oder Mariah Careys «Say Somethin»-Musikvideo, von 2010 an war er vier Staffeln lang Juror neben Tyra Banks bei «America’s Next Top Model».
Er stand den Obamas als Modeberater zur Seite, stylte Melania Trump für ihre Hochzeit mit Donald und kam in Dokumentationen wie «The September Issue» oder «The First Monday in May» zu Wort. 2018 kam mit «The Gospel According to André» sogar ein Dokumentarfilm in die US-Kinos, der sich ganz seinem Leben widmete. Im deutschsprachigen Raum ist der Film von Regisseurin Kate Novack beim Streamingdienst RTL+ zu sehen.
Am 18. Januar ist André Leon Talley, den man bei der Vogue auch mal als «Pharao der Fabelhaftigkeit» bezeichnete, in einem New Yorker Krankenhaus in Folge eines Herzinfarkts gestorben.
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