185 Fussballer*innen outen sich als queer – «das wäre mein Traum»
Jannik Schümann im Interview mit DB mobil
Für Jannik Schümann ist es wichtig, öffentlich Haltung zu zeigen. «Ich versuche, ein Sprachrohr zu sein für diejenigen, die in einer gerechteren, freieren Welt leben wollen. Ich sehe das als meine Verantwortung, mit der Reichweite, die ich habe», sagt der Schauspieler in DB mobil.
Jannik Schümann gab das Titelinterview der 250. Ausgabe von DB mobil, dem Kundenmagazin der Deutschen Bahn (Ausgabe Dezember). Der 28-Jährige sieht sich als Vertreter der Millennials: «Ich zähle auf unsere Generation und auf die, die jetzt kommt, und der einfachste Weg, diese Generationen zu erreichen, ist der über die sozialen Medien.»
Schümann ist der Titelheld der 250. Ausgabe. Die Redaktion und die Deutsche Bahn feiern diese Wegmarke mit einem grossen Gewinnspiel mit 250 Preisen sowie mit 250 Tipps für ein grossartiges kommendes Jahr. Ausserdem bekennen sich frühere Titelprominente wie Iris Berben, Anne Will, Matthias Schweighöfer und Philipp Lahm zu ihren Festtagsmarotten.
Vor einem Jahr hat sich Schümann, bekannt aus Kinofilmen wie «Dem Horizont so nah», der TV-Serie «Charité» und bald auf RTL+ als Kaiser Franz Joseph in der Neuverfilmung «Sisi» zu sehen, auf Instagram als homosexuell geoutet (MANNSCHAFT berichtete).
Der Schauspieler erzählt im Interview, dass er befürchtet habe, danach bestimmte Rollen nicht mehr zu bekommen: «Das war kurz vor dem Post ein Gedanke. Weil es damals keine Vorreiter:innen gab und ich nicht wusste, was passieren wird.» Die einzigen öffentlich homosexuellen und aus seiner Branche deutschlandweit bekannten Männer seien Clemens Schick und Jochen Schropp gewesen. Es habe aber für ihn ausser Frage gestanden, dass er es tue. «Ich wusste: Wenn ich deshalb nicht besetzt werde, möchte ich auch gar nicht mit den betreffenden Leuten zusammenarbeiten. Aber es ist nie passiert. Und es soll nicht arrogant klingen, doch die Leute haben ja gesehen, dass ich einen heterosexuellen Liebhaber spielen kann.»
Kurze Zeit nach Schümanns Coming-out sprach Deutschland über #actout: ein Manifest, in dem sich 185 deutsche Schauspieler*innen, die schwul, lesbisch, bisexuell, queer, nicht-binär oder transsexuell sind, in der Süddeutschen Zeitung gezeigt haben (MANNSCHAFT berichtete). Schümann war auch dabei. Die Reaktionen darauf seien nicht nur positiv gewesen: «Wir bekamen zum Beispiel auch zu hören, dass wir das nur gemacht hätten, um in die Medien zu kommen.»
Trotzdem ist Schümann glücklich über die Bewegung und wünscht sich, dass sie ein Aufbruchssignal gesendet hat: «Ich hoffe, dass andere Branchen uns folgen. Ich bin manchmal zu hart und direkt und ecke auch oft an, weil ich radikal denke.» Aber es mache ihn sehr wütend, dass Fussballer nicht endlich mal den Mund aufbekämen und als Branche überhaupt nicht vertreten seien im LGBTIQ-Bereich.
Zu verheimlichen, wer ich wirklich bin, wäre für mich keine Option.
«Da hilft es auch nicht, eine Regenbogenflagge in die Hand zu nehmen und zu sagen: ,Wir stehen dazu.‘ Eigentlich müssten sich alle outen. Stellen Sie sich vor, es würde eine #actout-Bewegung für den Fussball geben: 185 deutsche Spieler*innen würden sich zusammentun und öffentlich als queer bezeichnen. Das wäre mein Traum.»
Der Schauspieler ist überzeugt, dass er offen über seine Homosexualität reden würde, wenn er ein Bundesligaspieler wäre, auch wenn ihm bewusst sei, dass es sich um eine andere Branche handle: «Aber trotzdem: Ja, wenn ich aktiver Spieler wäre, würde ich mich outen – oder mir einen anderen Beruf suchen. Ich würde nicht in einer Branche arbeiten wollen, in der ich nicht akzeptiert werde, wie ich bin. Zu verheimlichen, wer ich wirklich bin, wäre für mich keine Option.»
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