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Zensur in der Türkei: Netflix bricht Serie ab

Der Streamingdienst sollte eine schwule Hauptfigur streichen

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Unbestätigte Gerüchte über die Netflix-Serie «Love 101» sorgte im April 2020 für Boykottaufrufe. (Bild: Netflix)

Türkische Behörden drohten mit dem Entzug der Filmbewilligung, sollte Netflix nicht eine schwule Hauptfigur aus einer Serienproduktion entfernen. Der Onlinegigant liess sich das nicht bieten.

Nach Zensurversuchen seitens der Türkei sagte Netflix die Produktion einer türkischen Serie ab. Der Streamingdienst hatte die achtteilige Dramaserie «If Only» im März angekündigt, die Dreharbeiten hatten bereits begonnen.

Wie die Nachrichtenagentur Reuters berichtet, verweigerten die türkischen Behörden der von Netflix beauftragen Produktionsfirma Ay Yapim die erforderliche Bewilligung. Der Grund: Einer der fünf Hauptfiguren sollte offen schwul sein. Statt das Drehbuch zu ändern, entschied sich Netflix den Stecker zu ziehen und die Produktion komplett abzusagen.

«Aufgrund eines schwulen Charakters erhielt die Serie keine Bewilligung. Für die Zukunft ist das sehr beängstigend», sagte Ece Yörenç, Schöpferin von «If Only» gegenüber den türkischen Medien. Für die schwule Figur seien weder Sexszenen noch Berührungen mit einem anderen Mann vorgesehen gewesen.


Wo der Regenbogen auch in der Krise unerwünscht ist

Die Handlung von «If Only» häte sich um Reyhan gedreht. Die unglücklich verheiratete Frau reist 30 Jahre in die Zeit zurück zum Moment, in dem ihr Ehemann ihr den Heiratsantrag machte. Letzte Woche postete Schauspielerin Özge Özpirinçci ein Foto vom Set.

«Netflix wird sich weiterhin stark für unsere türkischen Abonnent*innen und die kreative Gemeinschaft in der Türkei engagieren», sagte ein Netflix-Sprecher in einer Medienmitteilung, die den Abbruch der Dreharbeiten bestätigt. «

Mahir Unal, Sprecher der regierenden AKP-Partei, zeigte sich via Twitter überzeugt, dass der US-amerikanische Streamingdienst auch weiterhin in der Türkei Produktionen realisieren werde. «Warum sollten sie darüber nachdenken, die Türkei zu verlassen», schrieb er. «Ich glaube, dass Netflix nun entschlossener ist, mehr Feingefühl gegenüber der türkischen Kunst und Kultur an den Tag zu legen.»


Türkei: Gerücht über schwule Figur führt zu Netflix-Boykott

Es ist nicht das erste Mal, dass eine türkische Netflix-Produktion in der Türkei für Schlagzeilen sorgt. Im April führten unbestätigte Gerüchte über eine schwule Figur in der Serie «Love 101» zu heftigen Boykott-Aufrufen. Im selben Monat hetzt Erdogans Religionsbeauftragter gegen Homosexuelle und brachte sie mit Krankheit und Korruption in Verbindung (MANNSCHAFT berichtete).

In der Türkei verschärft sich die Haltung gegenüber LGBTIQ-Personen. Erst vor wenigen Wochen wies die türkische Modekette LC Waikiki ihre Angestellten an, sämtliche Regenbogenfarben und LGBTIQ-Symbole von der Ladenfläche zu entfernen (MANNSCHAFT berichtete).


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