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Wann kommt vollständiger Diskriminierungsschutz für LGBTIQ?

Nach dem Skandal um das «Anti-Homo-Haus» erfährt die Diskussion neuen Aufwind

Corona Solidarität
Foto: Sharon McCutcheon/Unsplash

Seit vielen Jahren fordern die politischen Vertreter*innen von den Parteien SPÖ, Grünen und NEOS das Levelling-Up: den vollständigen Diskriminierungsschutz für LGBTIQ. Der Skandal um das «Anti-Homo-Haus» (MANNSCHAFT berichtete) könnte die Chancen verbessert haben.

Mit dem Levelling up wäre Diskriminierung aus Gründen der Religion, des Alters, der sexuellen Orientierung verboten – auch abseits der Arbeitswelt, wo der gesetzliche Schutz bereits gilt.

Das Sora-Institut in Wien wies kürzlich darauf hin, dass österreichische LGBTIQ bereits in der Schule Diskriminierung erfahren, die sich später im Alltag fortsetze – ob beim Vorstellungsgespräch oder der Wohnungsbesichtigung. Auch Beleidigungen durch Vermieter*innen oder Makler*innen seien nicht selten.

Unsere Diskriminierungsstudie hat gezeigt: Bereits in der Schule erfahren LGBTIQ-Menschen in Österreich Diskriminierung, die sich später im Alltag fortsetzt. In vielen Bereichen können sie sich aber nicht gegen Diskriminierung wehren. #levellingup https://t.co/XKr7CZwpQ8 pic.twitter.com/g7JGtppSQz

— SORA Institut (@sora_institut) February 11, 2022

Mindestens genauso lang wie der politische Kampf für das Levelling-up dauert, genauso existiert auch der Widerstand seitens der konservativen Österreichischen Volkspartei (ÖVP) – sie blockiert einen Mehrheitsbeschluss im Österreichischen Nationalrat. Doch dann wurde kürzlich ein Skandal über einen homophoben Privatzimmervermieter in der Wachau aufgedeckt (MANNSCHAFT berichtete). Dass homosexuelle Gäste in öffentlichen Übernachtungsquartieren unerwünscht seien, weil der Vermieter Angst vor einer Ansteckung von AIDS oder Syphilis hat, sorgte für einen Aufschrei, nicht nur in der Community. Schliesslich zeigte auch die Statistik der AIDS-Hilfe Wien auf: Die Mehrheit an HIV-Infizierten und an AIDS-Erkrankten sind heterosexuelle Männer.


Aber auch die ÖVP könnte sich noch bewegen. Schliesslich gebe es bei der ÖVP «unterschiedliche Lobby-Gruppen, wie beispielsweise auf der wirtschaftlichen Ebene oder im religiösen Bereich, die das Ganze noch blockieren“, sagte Ewa Ernst-Dziedzic, die LGBTIQ-Sprecherin der Grünen gegenüber dem ORF.

Allerdings wird bei Teilen der ÖVP inzwischen laut über einen besseren Diskriminierungsschutz nachgedacht. So sagt auch der einzige offen schwule Nationalratsabgeordneter, Nico Marchetti, im Interview mit dem Standard: «Ich wünsche mir, dass meine Partei ihre Position hinterfragt», denn die Diskriminierungsfreiheit sei ein wichtiges Anliegen, was im türkis-grünen Regierungsprogramm festgeschrieben ist. So setze sich Marchetti auch für den Ausbau des Diskriminierungsschutzes für die Homosexuelle ein.

Der 31-jährige Nationalratsabgeordnete ist davon überzeugt, endlich Mehrheiten im Hohen Haus zu bekommen, um einen ausgeweiteten und umfassenden Diskriminierungsschutz zu beschliessen. Er glaube auch nicht daran, dass die Vertreter*nnen aus dem Wirtschaftsbereich dagegen seien, weil es auch gegen den Volldiskriminierungsschutz am Arbeitsplatz keine Klagewellen gebe, sagt Marchetti.


Auch die Chefin des ÖVP-Seniorenbundes, Ingrid Korosec, ist für einen erweiterten Diskriminierungsschutz, für Ältere: «Eine Reform ist überfällig», sagte sie laut Presse.

In der ÖVP formiert sich aber längst Widerstand gegen eine Gesetzesänderung: um die Abgeordnete Gudrun Kugler, die sich in der Vergangenheit etwa deutlich gegen die Eheöffnung positioniert hatte. So hatte sie 2015 erklärt, die Ehe für alle werde «unweigerlich zu schrittweisen Erweiterungen» führen, etwa der «Ehe unter Geschwistern», wie im Standard nachzulesen ist.

ÖVP Abgeordneter @niiico_laus
hat in der #ZiBNacht ein Umdenken der ÖVP beim Diskriminierungsverbot gefordert. Jetzt formiert sich rund um die Abgeordneten Kugler, Gerstl und Stocker Widerstand gegen das Levelling Up – mit sagen wir „kreativen Argumenten“https://t.co/4KDtvnEELt

— Patrick Gruska (@PatrickGruska) February 18, 2022

Auch Mario Pulker, Obmann der Gastronomie in der Wirtschaftskammer Österreich, erklärte, der jüngste Skandal rund um das sogenannte «Anti-Homo-Haus» in der Wachau sei für ihn eine unterirdische Diskriminierung, die der gesamten Tourismusbranche schade. So sei es einfach nicht in Ordnung, jemanden mit einer anderen sexuellen Orientierung den Zutritt zu Privatzimmern oder einem Lokal abzulehnen.

Allerdings ob sich tatsächlich ein Umdenken bei der ÖVP ergibt, bleibt abzuwarten. Generalsekretärin Laura Sachslehner äusserte sich gegenüber dem ORF kryptisch: Die sexuelle Orientierung eines Menschen sei Privatsache – und dürfe niemandem als Nachteil ausgelegt werden.

Offene Homophobie sieht SPÖ–LGBTIQ-Sprecher Mario Lindner in Auszügen aus neuen ÖVP-Chats: Darin werden interne Chats aus dem ÖVP-Innenministerium zitiert (MANNSCHAFT berichtete).


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