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Ungarn-Veto bremst Sanktionen gegen Moskau – wegen Patriarch Kirill

Orbán verlangt, die Strafmassnahmen gegen das Oberhaupt der russisch-orthodoxen Kirche zu streichen

Patriarch Kirill
Patriarch Kirill (Foto: Serge Serebro / Wiki Commons)

Darf man einen homophoben Kirchenführer wegen seiner politischen Haltung bestrafen? Ungarn sagt Nein und blockiert die geplanten EU-Sanktionen.

Das neue EU-Sanktionspaket gegen Russland wegen des Angriffskrieges auf die Ukraine kann wegen eines weiteren Einspruchs aus Ungarn nicht in Kraft treten. Die Regierung in Budapest verlangt, die geplanten Strafmassnahmen gegen Patriarch Kirill, das Oberhaupt der russisch-orthodoxen Kirche, zu streichen. (MANNSCHAFT berichtete über Orbáns Anti-LGBTIQ-Gesetze.)

Das bestätigten mehrere Diplomat*innen in Brüssel der Deutschen Presse-Agentur. Der Ausweg aus dieser diplomatischen Blockade war am Donnerstag zunächst unklar.

Patriarch Kirill soll nach dem Willen der anderen EU-Staaten wegen seiner Unterstützung für den russischen Angriffskrieg auf die Sanktionsliste kommen (MANNSCHAFT berichtete). Der 75-jährige Kirchenführer pflegt engen Kontakt zu Präsident Wladimir Putin. Er stellte sich in seinen Predigten immer wieder hinter den Kriegskurs und begründete das u. a. damit, dass man die Gläubigen im Donbass vor Homosexualität schützen müsse. Denn: Durch westliche Einflüsse seien christliche Werte in der Ukraine gefährdet.


Die Militäraktion in der Ukraine schütze die Menschen auch vor Pride-Paraden, so Kirill.

«Ungarn wird seine Zustimmung nicht geben, so mit Kirchenführern umzugehen»
Plan in Brüssel war eigentlich, das Beschlussverfahren für das sechste Sanktionspaket am Mittwoch auf den Weg zu bringen. Zuvor war in der Nacht zum Dienstag nach langem Streit eine Einigung im Streit über das geplante Öl-Embargo erzielt worden. Ungarn setzte durch, dass Öllieferungen per Pipeline zunächst ausgenommen werden.

Ungarn
Ungarns Ministerpräsident Viktor Orbán (Foto: John Thys/AFP Pool/AP/dpa)

Konkret würden Sanktionen gegen Kirill bedeuten, dass der Geistliche nicht mehr in die EU einreisen darf. Möglicherweise vorhandene Vermögenswerte würden eingefroren. Der ungarische Ministerpräsident Viktor Orban hatte aber schon Anfang Mai Bedenken geäussert. «Ungarn wird seine Zustimmung nicht dazu geben, dass man mit Kirchenführern auf eine solche Weise umgeht», sagte er. «Aus prinzipiellen Gründen ist das eine noch wichtigere Angelegenheit als das Öl-Embargo.»


Dass ausgerechnet Viktor Orbán sich für diesen Mann stark macht, mag wenig überraschen. Immerhin hört man von Orbán seit langem ähnliche Anti-LGBTIQ-Statements wie von Kirill. (MANNSCHAFT berichtete, dass Orbáns homophobe Fidesz-Partei die EVP-Fraktion verliess.)

Vermögen von 4 Milliarden Dollar angehäuft
Die Neue Zürcher Zeitung wies jüngst in einem Artikel darauf hin, dass den Kirchenmann und Putin eine Vergangenheit beim sowjetischen Geheimdienst verbinde. «Offenbar noch als Archimandrit (eine ähnliche Position wie die des Abtes in der katholischen Kirche) liess sich Kirill in den 1970er-Jahren vom KGB anwerben und wurde zum Mitarbeiter ‹Michailow›. Öffentlich bestätigt hat Kirill seine Geheimdiensttätigkeit nie, in den Archiven aber fanden Aktivisten bereits vor Jahren gut dokumentiertes Material dazu.»

Die NZZ weist auch darauf hin, dass Kirill im Luxus lebe: «Laut russischen Investigativjournalisten soll sich sein Vermögen auf 4 Milliarden Dollar belaufen. Zu seinen Besitztümern gehören unter anderem eine Penthousewohnung und eine Mercedes-Maybach-Luxuslimousine.»

Die russische Orthodoxie sei längst zu einem der mächtigsten Pfeiler von Putins imperialer Neurussland-Ideologie geworden, so die NZZ. «Die Kirche schafft eine wirksame Bühne zur Stärkung und Inszenierung eines traditionsbewussten Nationalismus. Dass Kirill auf dieser Bühne die christlichen Gebote pervertiert, ist Nebensache.»

Putin
Putin (l.) und Kirill (Foto: Twitter/President of Russia)

Während in Brüssel nach Wegen zur Überwindung des ungarischen Vetos gesucht wird, wird in der slowakischen Hauptstadt Bratislava über die Sicherheitslage im Osten Europas gesprochen. Zu den prominentesten Redner*innen beim Globsec Forum Bratislava 2022 zählen gleich am ersten Tag EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen und der per Videokonferenz zugeschaltete Selenskyj.


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