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Samba-Interpretin und LGBTIQ-Ikone: Sängerin Elza Soares tot

Sie galt als eine der grössten und beliebtesten Sängerinnen Brasiliens

Sie kam vom «Planeten Hunger» und wurde zur «Königin des Samba», machte bis zuletzt Musik und übte Sozialkritik. Nun ist die brasilianische Sängerin Elza Soares im Alter von 91 Jahren gestorben. Ihr Tod löste in Brasilien eine Welle von Huldigungen aus. Auch die LGBTQ-Community trauert.

von Martina Farmbauer, dpa

Die in ihrer Heimat als «Sängerin des Jahrtausends» gefeierte brasilianische Sängerin Elza Soares ist im Alter von 91 Jahren in Rio de Janeiro gestorben. Dies berichteten brasilianische Medien unter Berufung auf ihr Management am Donnerstag (Ortszeit) übereinstimmend.

 

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Soares sei in ihrem Zuhause in Rio unter natürlichen Umständen gestorben, hiess es in einer Veröffentlichung auf dem Instagram-Account der Künstlerin. «Die Sängerin bewegte die Welt mit ihrer Stimme, ihrer Kraft und ihrer Entschlossenheit.»


Auch unter Aktivist*innen der LGBTIQ-Community, die die Sängerin seit jeher uneingeschränkt unterstützt hat, ist die Trauer gross, berichtete das brasilianische Portal queer.ig.com.

Sie wird mit den Worten zitiert: «Ich sehe mich in einer sehr grossen Verantwortung und wenn wir in einer Mission engagiert sind, müssen wir den Job machen! Ich spreche für Frauen, Schwarze und Schwule. Meine Mission ist also sehr lang.»

Die schwule Welt habe ihr mir sehr geholfen, hat sie einmal gesagt. «Ich bekomme dort viel Respekt und Zuneigung.»


Soares, die Samba, Jazz, Elektro, Hip Hop und Funk mischte und mehr als 30 Alben veröffentlichte, gilt als eine der grössten und beliebtesten Sängerinnen Brasiliens. Ihre höchste Ehrung: Beim Karneval von Rio 2020 widmete die Sambaschule «Mocidade» ihr einen eigenen Umzug im Sambodrom.

Die Ehrerbietungen nach Soares‘ Tod folgten ebenfalls prompt: Bürgermeister Eduardo Paes etwa, ein Samba- und Karnevalsfan, schrieb auf Twitter, dass er am Freitag drei Tage Trauer in Rio erklären würde: «Elza lebt!». Musiker-Kollegen wie Caetano Veloso oder Maria Rita lobten die «ausserordentliche Kombination von Talent und Energie» und feierten Soares als «Lichtgestalt».

Zur zunächst für Familie und Freunde und dann für das Publikum geöffneten Totenwache im «Teatro Municipal» im Zentrum von Rio standen Fans am Freitag Schlange. Ständig wurden neue Blumenkränze gebracht. Der Trauerzug sollte am Nachmittag unter anderem durch Copacabana führen, wo die Sängerin viele Jahre lebte.

Geboren 1930 in dem Armenviertel Moça Bonita in Rio de Janeiro, wurde Elza Soares mit zwölf Jahren verheiratet, mit 13 wurde sie zum ersten Mal Mutter, mit 15 verlor sie ihr zweites Kind wegen Unterernährung, mit 21 war sie Witwe.

Von welchem Planeten sie komme, wurde Soares im Radio 1953 aufgrund ihrer geliehenen Kleidung gefragt, als sie mit der Musik anfing. «Vom gleichen Planeten wie Sie – vom Hunger-Planeten», lautete ihre berühmte Antwort, die auch ihrem 34. und letzten Album «Planeta Fome» von 2019 den Namen gab.

Dennoch gelang der Frau mit dem rauen Gesangsstil 1959, auf dem Höhepunkt der Bossa Nova, der Durchbruch; in den 1960er Jahren etablierte sie sich als eine der führenden Samba-Interpretinnen des Landes. Viele Jahre trug Soares den Titel «Königin des Samba», auch wenn sie sich nie darauf beschränkte.

Die stets elegante Elza Soares sang bis ins hohe Alter und wurde dabei zu einer feministischen Ikone. Konzerte wie bei der Vorstellung von «Planeta Fome» im «Circo Voador» in Rio oder beim Festival «Rock in Rio» 2019, bei denen sie auf einem Sessel thronte, waren Ereignisse, fast Manifeste. Auch bei der Eröffnung der Olympischen Spiele in Rio 2016 sang sie – sitzend.

«Wir haben nicht nur eine der kraftvollsten Stimmen verloren, sondern auch eine grosse Frau, die immer die Demokratie und die gute Sache verteidigt hat», twitterte der ehemalige brasilianische Präsident Luiz Inácio Lula da Silva. Soares kritisierte etwa soziale Strukturen und Rassismus.

Privat machte Elza Soares mit ihrer Beziehung zu Starspieler Garrincha Schlagzeilen, der nach der Fussball-Weltmeisterschaft in Chile 1962 wegen ihr seine Familie verliess. Während der Militärdiktatur in Brasilien (1964-1985) ging das Ehepaar für einige Jahre ins Exil nach Italien, wo die Sängerin im «Teatro Sistina» in Rom auftrat. Brasilianische Medien erinnerten daran, dass Garrincha 1983 ebenfalls an einem 20. Januar gestorben war.

Anfang der Woche war der «Pharao der Fabelhaftigkeit» gestorben, André Leon Talley. Bei der Vogue war er einst der erste schwarze Creative Director (MANNSCHAFT berichtete).


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