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Rehabilitierung für Verurteilte nach § 175 – „ein lange überfälliges Signal“

Gestern wurde im Rechtsausschuss noch eine Änderung verabschiedet: Es sollen nur Männer rehabilitiert werden, deren Partner mindestens 16 Jahre alt waren.

Morgen soll im Bundestag das „Gesetz zur strafrechtlichen Rehabilitierung der nach dem 8. Mai 1945 wegen einvernehmlicher homosexueller Handlungen verurteilten Personen“ endgültig beraten und verabschiedet werden. Es sieht vor, dass Verurteilte pauschal 3.000 Euro erhalten sollen sowie 1.500 Euro je angefangenem Jahr ihrer Inhaftierung. Gestern wurde im Rechtsausschuss noch eine Änderung verabschiedet: Demnach sollen nur Männer rehabilitiert werden, deren Partner mindestens 16 Jahre alt waren. In Deutschland gilt seit der Aufhebung des § 175 im Jahr 1994 allerdings ein Schutzalter für Homo- und Heterosexuelle von 14 Jahren; bei Straftaten wie der Ausnutzung von Abhängigkeitsverhältnissen liegt es 16 bzw. 17 Jahren.

Wir haben bei offen schwulen Bundestagsabgeordneten nachgefragt, die in der gestern verabschiedeten Einschränkung kein Problem sehen.

CSU
Bernd Fabritius, CSU (Foto: Patrick Levin)

„In der fraglichen Zeit lag das Schutzalter auch für eine sexuelle Beziehung eines erwachsenen Heteromannes mit einem Mädchen bei 16 Jahren. Mit der Änderung wollen wir dem Jugendschutz – unabhängig von der sexuellen Orientierung möglichst umfassend Rechnung tragen“, erklärt der CSU-Bundestagsabgeordnete Bernd Fabritius gegenüber der Mannschaft. Er wolle dem Gesetz morgen zustimmen.


[perfectpullquote align=“full“ cite=““ link=““ color=““ class=““ size=““]Es gab Bedenken, es könnten Fälle wegen homosexueller Handlungen rehabilitiert werden, die nach damaligem Recht auch bei entsprechender heterosexueller Begehung strafbar gewesen wären.[/perfectpullquote]
„Ich habe mich von Anfang an für dieses Gesetz stark gemacht und will unbedingt, dass es noch in dieser Legislaturperiode kommt“, so Fabritius, der 2014 vom Deutschen Bundestag als Vertreter in das Kuratorium der Bundesstiftung Magnus Hirschfeld entsandt wurde. „Es gab in unserer Fraktion Bedenken, es könnten Fälle wegen homosexueller Handlungen rehabilitiert werden, die nach damaligem Recht auch bei entsprechender heterosexueller Begehung strafbar gewesen wären. Darauf wollten wir eine Antwort finden. Mit dem vorliegenden Änderungsantrag haben wir diese Bedenken nun ausräumen können. Ich freue mich, dass den damals wegen homosexueller Handlungen zu Unrecht verurteilten Männern nun Gerechtigkeit widerfährt. Das ist ein lange überfälliges Signal.“

Gleichbehandlung hetero- und homosexueller Sachverhalte

Auch Stefan Kaufmann (CDU) will dem Gesetzentwurf morgen zustimmen. „Mit der auf Antrag der Koalitionsfraktionen erfolgten Anpassung der Altersgrenze auf 16 Jahre ist eine Gleichbehandlung hetero- und homosexueller Sachverhalte erzielt worden, die ich mittrage.“ Der schwule Bundestagsabgeordnete aus Stuttgart sei „sehr froh, dass wir endlich die Rehabilitierung und Entschädigung von Homosexuellen, die nach dem früheren § 175 StGB verurteilt worden sind, auf den Weg bringen können.“


In der Bundesrepublik wurden laut der Antidiskriminierungsstelle des Bundes (ADS) bis 1969 etwa 50.000 Männer verurteilt, bis 1994 folgten weitere 3.500 Urteile. In der DDR waren es insgesamt etwa 4.000.

Viele verurteilte Homosexuelle warten seit Jahrzehnten auf ihre Rehabiliterung. Klaus Born (siehe Titelbild) wurde im Jahr 1963 verhaftet, damals war er 18. Bei Fritz Schmehling ist die Verurteilung in diesem Jahr sogar 60 Jahre her. Er wurde damals direkt von der Polizei bei seiner Lehrstelle abgeholt. Gleichgeschlechtliche Unzucht mit Männern“ warf man dem Teenager vor.


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