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Trump muss gehen – sein LGBTIQ-feindliches Vermächtnis bleibt

Der aktuelle Bericht einer queeren Rechtsorganisation warnt vor Auswirkungen über Jahrzehnte

Joe Biden
Angetrieben durch Lügen über eine gestohlene Wahl durch Joe Biden überrannten Demonstranten am Mittwoch die Polizei und stürmten Amerikas Regierungssitz (Foto: J.M. Giordano/SOPA Images via ZUMA Wire/dpa)

Jetzt ist es amtlich: Joe Biden hat die US-Präsidentschaftswahl gewonnen. Der Kongress bestätigte das Wahlergebnis endgültig und unumstösslich. Das konnte auch ein aufgebrachter Mob von Trump-Fans nicht verhindern. Auch wenn der 45. US-Präsident nun abtritt: Sein LGBTIQ- und Demokratie-feindliches Vermächtnis bleibt.

Nach der gewaltsamen Erstürmung des US-Parlamentssitzes hat der Kongress am frühen Donnerstagmorgen (Ortszeit) den Sieg des Demokraten Joe Biden bei der Präsidentschaftswahl endgültig bestätigt. Der amtierende US-Vizepräsident Mike Pence gab das offizielle Endresultat in einer gemeinsamen Sitzung beider Kongresskammern bekannt. Zuvor hatte der Kongress seine Beratungen für mehrere Stunden unterbrechen müssen, weil aufgebrachte Anhänger*innen des abgewählten US-Präsidenten Donald Trump in das Kapitol eingedrungen waren.

Im formalen Nach-Wahl-Prozedere der USA ist vorgeschrieben, dass die Ergebnisse aus den einzelnen Bundesstaaten im Kongress zertifiziert werden. Erst dann ist amtlich, wer die Wahl gewonnen hat. Es ist der Endpunkt eines langen formalen Aktes vor der Vereidigung eines neuen Präsidenten. Üblicherweise ist dies eine schnelle formelle Prozedur.

Die Amtszeit vom Trump ist fast vorüber. Doch ein aktueller Bericht der LGBTIQ-Rechtsorganisation Lambda Legal enthält eine ernüchternde Analyse darüber, wie sich die Ernennung von Trump-Justizbeamt*innen auf die LGBTIQ-Rechte zumindest für die nächste Generation auswirken wird. Der Bericht beschreibt die Rekordzahl von Richter*innen, die Trump in nur vier Jahren ernannt hat, und beleuchtet die LGBTIQ-feindlichen Ansichten vieler von ihnen. Angesichts der Tatsache, dass Bundesrichter*innen lebenslang ernannt werden und nur über eine Amtsenthebung abgesetzt werden können, werden die Auswirkungen ihrer Entscheidungen von langer Dauer sein.


«Während Donald Trumps Präsidentschaft zu Ende geht, wird es Jahrzehnte dauern, bis sich seine verheerenden Auswirkungen auf unsere Bundesgerichte umkehren», erklärte Kevin Jennings, Vorstandsvorsitzender von Lambda Legal. «Wenn die grundlegenden Menschenrechte von LGBTIQ-Amerikaner*innen so oft vor Gericht angefochten werden, können wir keine Justiz akzeptieren, die aus Richtern besteht, die diese schutzbedürftigen Gruppen entrechtet.»

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Die Ergebnisse des Berichts sind zutiefst beunruhigend. 40 Prozent der von der Trump-Administration bestätigten Berufungsrichter haben eine nachgewiesene Feindseligkeit gegenüber LGBTIQ. Seine Ernennung von Amy Coney Barrett zum Obersten Gerichtshof der USA (MANNSCHAFT berichtete) war besonders besorgniserregend und wirkungsvoll angesichts ihrer Geschichte homophober Äusserungen und ihrer Verbindung als Treuhänderin von 2015 bis 2017 bei den Trinity Schools in Virginia, die lehrt «Homosexualität ist ein Greuel gegen Gott, Sex sollte nur innerhalb der Ehe stattfinden und die Ehe nur zwischen einem Mann und einer Frau stattfinden.»

Der abgewählte US-Präsident Donald Trump wird sich nicht weiter gegen die Machtübergabe an Nachfolger Joe Biden sperren. Die Amtsgeschäfte würden am 20. Januar geordnet übertragen, betonte Trump laut einer vom stellvertretenden Stabschef Dan Scavino per Twitter verbreiteten Mitteilung am Donnerstag. Zuvor hatte der US-Kongress den Wahlsieg Bidens offiziell bestätigt. Trump bekräftigte zugleich, dass er nicht mit dem Ausgang der Wahl einverstanden sei.


Nun gab es am Mittwoch noch den dramatischen Schlusspunkt eines beispiellosen Feldzugs von Amtsinhaber Trump gegen den Wahlausgang. Der Republikaner hatte die Wahl Anfang November mit deutlichem Abstand gegen seinen demokratischen Herausforderer Biden verloren. Trump weigert sich aber, seine Niederlage einzugestehen. Trump behauptet, er sei durch massiven Wahlbetrug um den Sieg gebracht worden. Weder er noch seine Anwälte legten aber stichhaltige Beweise dafür vor. Dutzende Klagen des Trump-Lagers wurden bislang von Gerichten abgeschmettert, auch vom Obersten US-Gericht.

Die Wahlleute aus den Bundesstaaten haben Bidens klaren Sieg bestätigt. Der Demokrat kam auf 306 der 538 Stimmen – 36 mehr als erforderlich. Für Trump stimmten 232 Wahlleute. Diese Zahlen wurden nun auch im Kongress förmlich bestätigt.

Trump hatte über Wochen diesen Tag der Kongresssitzung – ohne jegliche Grundlage – als letzte Möglichkeit dargestellt, den Wahlausgang noch umzustürzen. Angetrieben durch seine Betrugsbehauptungen legten Republikaner zwar Einsprüche gegen die Wahlergebnisse aus den Bundesstaaten Arizona und Pennsylvania ein und erzwangen so, dass sich das Repräsentantenhaus und der Senat beide Male zu getrennten Sitzungen zurückziehen mussten, um die Einwände zu debattieren. Die Aktion hatte jedoch von Anfang an keine Aussicht auf Erfolg. Die Kongresskammern wiesen beide Einsprüche ab.

Ursprünglich hatten Trump-getreue Republikaner auch die Resultate aus anderen Bundesstaaten anfechten wollen. Angesichts der schweren Randale am Kapitol zogen mehrere Senatoren ihre Unterstützung für die – parteiintern sehr umstrittene – Störaktion jedoch zurück.

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Tausende Trump-Fans waren am Mittwoch in die US-Hauptstadt geströmt, um gegen die Zertifizierung des Wahlausgangs zu protestieren. Nach einer einheizenden Rede des abgewählten Präsidenten marschierten dessen Unterstützer*innen vor dem Kapitol auf, um gegen die Zertifizierung der Präsidentschaftswahlergebnisse zu protestieren. Randalierer*innen stürmten das Kongressgebäude. Die beiden Kongresskammern mussten ihre Sitzungen abrupt unterbrechen, Parlamentssäle wurden geräumt, Abgeordnete und Senator*innen in Sicherheit gebracht. Erst nach mehreren Stunden brachten Sicherheitskräfte die Lage wieder unter Kontrolle, woraufhin der Kongress seine Arbeit demonstrativ wieder aufnahm.

Biden soll am 20. Januar vereidigt werden. Gemeinsam mit seiner Vize-Präsidentin Kamala Harris will er u.a. die Hassverbrechen gegen LGBTIQ bekämpfen, die unter Trump angestiegen sind (MANNSCHAFT berichtete) (mit dpa)


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