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LGBTIQ-Schulungen für Österreichs Asyl-Amt geplant

Strukturelle Defizite gebe es im Amt nicht, erklärte das Innenministerium auf Anfrage der MANNSCHAFT

LGBTIQ-Geflüchtete sub
Symbolbild: Pixabay

2018 wurden mehrfach Fälle bekannt, wonach in Österreich schwule Asylbewerber mit absurden Begründungen abgelehnt wurden. Strukturelle Defizite sieht man nicht, erklärte das Innenministerium nun auf Anfrage der MANNSCHAFT. Im laufenden Jahr sieht man für die Interviewer im Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (BFA) zwei LGBTIQ-Schulungen vor.

Am Donnerstag zog das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (BFA) in Österreich Bilanz. Von den knapp 170.000 Asylanträgen, die in der Zeit von 2015 bis 2018 in Österreich gestellt wurden, seinen mit Ende 2018 bereits mehr als 95 Prozent erledigt gewesen, sagte Innenminister Herbert Kickl (FPÖ) bei einer Pressekonferenz in Wien. «Damit ist der Rückstand an Asylverfahren vollständig abgebaut.» Gleichzeitig habe sich die Verfahrensdauer deutlich verkürzt: Aktuell liege sie durchschnittlich unter drei Monaten», sagte Wolfgang Taucher, Leiter der Gruppe V/C (Asyl und Rückkehr) im Innenministerium.

Kickl und Taucher waren offensichtlich stolz, dass man eine «Trendumkehr» erreicht habe – weg von positiven, hin zu mehr negativen Entscheidungen. Während im Jahr 2018 elf Prozent mehr negative Entscheidungen getroffen wurden, sind die positiven Entscheidungen im Verhältnis um acht Prozent gesunken.

Asylbewerber aus Irak: «überzogen mädchenhaft»
Nun waren 2018 immer wieder absurde Fälle aus Österreich bekannt geworden. So bekam ein 18-jähriger Afghane kein Asyl, weil «sein Gehabe» nicht darauf hindeutete, dass er homosexuell sei. In einem anderen Fall fand man einen Iraker «überzogen mädchenhaft». Sind diese zweifelhaften Entscheidungen ein Hinweis darauf, dass man vor allem daran interessiert ist, viele Ablehnungen zu erreichen – egal wie?


Ralph Guth von Queer Base, einem Verein, der mehr als 300 queere Flüchtlinge in Österreich betreut, hatte letztes Jahr gegenüber der taz erklärt, es gebe «viel mehr systematische und strukturelle Probleme im gesamten Asylverfahren in Österreich», so Guth weiter. So mangle es etwa an Schulungen in den Behörden.

Hat Innenministerium Konsequenzen gezogen?
Wir wollten vom Bundesinnenministerium wissen: Inwiefern wurden die menschenunwürdigen Entscheidungen aus 2018 homosexuelle Asylbewerber betreffend aufgearbeitet und welche Konsequenzen hat man daraus gezogen?

Wir erhielten eine ausführliche Antwort, in der es heisst: Alle Interviews, die im BFA durchgeführt werden, beträfen einen äusserst sensiblen und persönlichen Bereich – das gelte auch für Fälle, in denen Personen angeben, aufgrund der sexuellen Identität oder Orientierung aus dem Herkunftsstaat geflüchtet zu sein.


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Aufgrund der Tatsache, «dass im Asylverfahren der verringerte Beweismassstab der Glaubhaftmachung gilt (d.h. das Vorbringen muss nicht bewiesen, sondern lediglich glaubhaft gemacht werden)», müssten von den Referent*innen umso genauer nachgefragt und der persönliche Lebensbereich der Personen berührt werden.

Im folgenden beschreibt man uns, dass es beim BFA eine Art Qualitätssicherung gäbe: «Denn: Aufgabe des BFA ist es, in diesem sensiblen Bereich penibel nachzufragen, eventuelle Widersprüche zu klären und dadurch letzten Endes festzustellen, ob eine Person einen Schutzbedarf hat oder nicht.»

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Die Qualitätssicherung wird wie folgt beschrieben: «Im mehrmonatigen Ausbildungslehrgang des Bundesamtes für verfahrensführende ReferentInnen wird auch das Thema vulnerable Gruppen behandelt. In diesem Lehrgang sind neben internen auch externe Trainerinnen und Trainer, wie z.B. von UNHCR, vertreten.»

2019 sind zwei LGBTIQ-Schulungen durch UNHCR geplant
Des weiteren würden im Rahmen des Fortbildungsprogrammes spezifische Schulungen angeboten, etwa Schulungen zu besonders vulnerablen Gruppen in Zusammenarbeit mit UNHCR Österreich, IOM und LEFÖ. «Im BFA-Fortbildungsprogramm 2019 sind vorerst zwei gesonderte Schulungen im Bereich LGBTIQ, welche durch den UNHCR in Zusammenarbeit mit weiteren Experten durchgeführt werden, geplant.»

Denn: «Qualitätsvolle Verfahren und Bescheide sind ein prioritäres Anliegen des BFA und als dieses ein ausgewiesenes Jahresziel, das sich in allen Tätigkeitsbereichen des Bundesamtes widerspiegelt. Das Bundesamt verfügt über ein gesamtheitliches Qualitätsmanagement, wofür die strukturelle Verankerung des Themas Qualität eine wesentliche Basis ist.»

Das BFA führe als wichtiges Instrument zur Qualitätskontrolle regelmäßig Evaluierungen von Bescheiden sowohl nach zentralen Vorgaben auf regionaler Ebene als auch zentral durch.

Keine grundsätzlichen strukturellen Defizite
So wurde beispielsweise anlassbezogen in der Zeit von 23.04.2018 bis 18.05.2018 eine umfassende Evaluierung von insgesamt 500 Bescheiden der gesamten Organisationseinheiten mit dem Schwerpunkt Beweiswürdigung und Formulierung durchgeführt. Die Auswertung hat ergeben, dass im Bereich der Bescheidformulierungen keine grundsätzlichen strukturellen Defizite vorliegen.

Laut einem Bericht der Kleinen Zeitung soll Innenminister Kickl am Donnerstag eine Verordnung erlassen haben, wonach nicht mehr der BFA-Leiter, sondern Kickl persönlich die Beamten, die für die Abwicklung der Asylverfahren zuständig sind, ernennen und kontrollieren kann.

Angriff auf die unabhängige Entscheidungspraxis des BFA
«Das ist hochgradig besorgniserregend», sagt Alma Zadic, Sprecherin für innere Sicherheit der linken Partei Jetzt – Liste Pilz. «Wenn Kickl die Beamten, welche über Asylverfahren entscheiden, selbst wählt, dann ist dies ein Angriff auf die unabhängige Entscheidungspraxis des BFA und ein weiterer Schritt in Richtung absolute Kontrolle durch den Minister. Hier wird ein Kickl’sches Asylamt geschaffen in dem der Innenminister am liebsten selbst jeden einzelnen Asylantrag entscheiden möchte.»


Jean Wyllys

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