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Küsschen, die ich nicht (geben) will

Lieber Philipp, die Begrüssungsküsschen sind nicht nur unter schwulen Männern üblich, sondern auch zwischen Männlein und Weiblein. Frauen tuns untereinander, auch wenn sie nicht lesbisch sind. In unseren Breitengraden, anders als zum Beispiel in Italien, zieren sich die heterosexuellen Männern noch etwas mit den Küsschen. Das könnte sich langsam ändern, denn die heutige Jugend nimmt diese strenge Trennung der Sexualitäten nicht mehr so todernst. Von einem «veralteten Brauch» des Küsschengebens kann also keineswegs die Rede sein.

Doch dein Anliegen stösst bei mir auf offene Ohren. Mir geht es ähnlich: Ich mag einfach nicht jeden küssen, und schon gar keine Fremden. Und ganz ehrlich gesagt, geht mir manchmal sogar das Hände­schütteln zu weit. Wer weiss denn schon, wo
der andere seine Hände vorher gehabt hat.
Horror.

Nun ist den Menschen aber eigen, dass sie in Gesellschaft leben. Nur wenige von uns sind zum Beispiel Eremiten und leben ganz alleine, ganz weit weg. Du und ich, wir gehören nicht dazu. Das hat unweigerlich Begrüssungsrituale zur Folge.


«Arrogant« und «unnahbar» zu wirken, scheint dir mehr Mühe zu bereiten als mir. Wenns mir nicht ums Küsschenverteilen ist, strecke ich einfach die Hand aus und lächle charmant. Das schafft Distanz, und das Gegenüber kann diese Geste lesen. Es erwidert den Händedruck und macht vielleicht noch einen kleinen, blöden Spruch. Was solls. Es handelt sich ja (noch) nicht um deinen besten Freund. Du siehst: Aus mir sprechen die Arroganz und die Unnahbarkeit. Ich kann damit leben, denn ich muss nicht alle Menschen mögen, auch nicht, wenn sie schwul sind. Kann ja gut sein, dass du dein Gegenüber in Zukunft regelmässiger siehst. Kann sein, dass ihr sogar so etwas wie gute Bekannte werdet. Dann wirst du mit den Küsschen, die trocken und niemals in die Luft sondern auf die Wange platziert werden, auch keine Probleme mehr haben.

Unter guten Freunden finde es übrigens angebrachter, sich zu drücken, statt sich zu küssen. Das wollte ich noch sagen.

Brennt eine Frage zum guten Ton oder zu verzwickten Liebes- oder Freundschaftssituationen? Frag Marco, eine Antwort hat er bestimmt auf Lager. Ob sie dir gefällt, ist allerdings die andere Frage – marco@mannschaft.com.



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