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Harter Tobak für Odenthal – «Tatort» über Gewalt gegen Frauen

Die Sommerpause ist vorbei

Ulrike Folkerts
Ulrike Folkerts (Axel Heimken/dpa)

Immer wieder erfahren Frauen, die selbstbestimmt leben wollen, Gewalt durch Männer. Woher kommt der Hass? Der Sonntagskrimi «Das Verhör» geht dieser Frage nach. Für die Kommissarin wird es persönlich.

Von Wolfgang Jung, dpa

Ludwigshafen (dpa) – Mit grösstmöglicher Brutalität tötet ein Unbekannter die Investmentbankerin Ann-Kathrin Werfel. Der Angreifer zertrümmert erst die Scheibe ihres Autos, dann verbrennt er die Frau bei lebendigem Leib. «Das Verhör» heisst der «Tatort», den das Erste an diesem Sonntag um 20.15 Uhr als ersten neuen Sonntagskrimi nach der Sommerpause ausstrahlt.

Es geht um starke Frauen und um weibliche Führungskräfte in den traditionellen Männerwelten Polizei und Militär – selten war der dienstältesten «Tatort»-Kommissarin Lena Odenthal (Ulrike Folkerts) ein Thema persönlich so nah. Im Zentrum steht ein nervenaufreibendes Katz- und Maus-Spiel, das polarisiert.


Für den Mord an seiner Ex-Frau hat Patrick Werfel ein Alibi. Spuren führen Odenthal zu Hajo Kessler – allerdings scheint es zwischen dem Bundeswehrhauptmann und dem Opfer keine Verbindung zu geben. Odenthal glaubt bei den Männern schwelenden Hass zu erkennen – ein mögliches Motiv für das Töten einer Frau aufgrund ihres Geschlechts, einen sogenannten Femizid. Werfel ertrug demnach den Berufserfolg seiner Frau nicht, Kessler leidet unter einer selbstbewussten Chefin in der Kaserne. Doch – stimmt das? Die Indizienlage ist dünn. «In was haben Sie sich da verrannt?», faucht der Oberstaatsanwalt etwa Odenthal an.


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Mit starken Dialogen lotet dieser 76. Odenthal-«Tatort» das Thema Gewalt gegen Frauen aus. «Sie versuchen, mir ein ganz dumpfes Männerbild anzudichten», schimpft Kessler einmal. Odenthal gibt zurück: «Testosteron ist doch Ihr ganz spezieller Treibstoff.» Und sie kritisiert Kesslers herablassende Sicht auf Frauen: «Mit dieser Meinung stehen Sie in unserer Gesellschaft ziemlich allein da.» Der Soldat antwortet ruhig: «Nein, Frau Odenthal. Da irren Sie sich.»


25 Jahre nach ihrem gemeinsamen «Tatort: Nahkampf» (1997) treffen Götz Otto als arroganter Offizier Kessler und eine gewohnt engagierte Ulrike Folkerts in Deutschlands TV-Dauerbrenner erneut aufeinander. Dabei bezieht sich der Titel «Das Verhör» auf die oft beklemmende Atmosphäre bei der polizeilichen Vernehmung. Der Schlagabtausch zwischen Otto und Folkerts gehört zu den Stärken dieses Krimis.

Einige Szenen allerdings strapazieren arg die Grenzen der Plausibilität. Zudem geht die Deutlichkeit des Themas Femizid diesmal auf Kosten der Zwischentöne, für die kaum Raum bleibt.

Regisseurin Esther Wenger zeigt nach einem Buch von Stefan Dähnert, wie Gewalt gegen Frauen entstehen und wohin sie führen kann. Die Opferschutzorganisation Weisser Ring fordert immer wieder dazu auf, stärker gegen Femizide vorzugehen. «Mehr als jeden dritten Tag wird im Durchschnitt in Deutschland eine Frau in einer Partnerschaft getötet», sagte der Vorsitzende Jörg Ziercke im vergangenen Jahr. Früher wurden solche Tötungen oft mit Begriffen wie «Beziehungstat» oder «Familientragödie» verharmlost.

«Femizid ist ein wahnsinnig wichtiges Thema», sagt Folkerts. «Das ist schon harter Tobak für Lena Odenthal und auch für Ulrike.» Ihr Odenthal-Satz «Die Männer in meiner Abteilung mussten sich auch erst daran gewöhnen, dass ich das Sagen habe» ist wohl auch eine Erinnerung daran, wie schwer sie es zu Beginn ihrer «Tatort»-Karriere vor mehr als 30 Jahren selbst hatte. «Ich glaube, wir haben tatsächlich ein paar Türen aufgebrochen für starke Frauenfiguren im Fernsehen und Film», sagte Folkerts einmal. Ans Aufhören denkt die offen lesbische Schauspielerin noch lange nicht (MANNSCHAFT berichtete).

Der «Tatort: Das Verhör» ist voll davon: neben Lisa Bitter als Odenthals Kollegin Johanna Stern etwa auch Katrin Röver als Oberstleutnant Angelika Limbach. Eingefangen wird dies von einer starken Kamera (Cornelia Janssen). Wem übrigens das kriminalistische Grundmotiv bekannt vorkommen sollte: Alfred Hitchcock hat in seinem Klassiker «Der Fremde im Zug» (1951) eine ähnliche Idee verarbeitet.


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