Coming-out-Day: «Ich habe ihn sofort kräftig gedrückt»
Monika aus Niederösterreich erzählt, wie sich ihr bester Freund ihr anvertraute
Sich zu outen ist das eine – die Reaktion darauf das andere. Wie erleben Menschen das Coming-out einer nahestehenden Person? Und was passiert danach? Die Community teilt ihre Geschichten.
Am 11. Oktober feiern wir den Coming-out-Day. Letztes Jahr zu diesem Anlass öffneten sechs Menschen ihr Herz und sprachen in MANNSCHAFT über ihr Coming-out.
Dieses Jahr möchten wir von Familienmitgliedern und Freund*innen wissen, wie sie das Coming-out eines geliebten Menschen erlebt haben und was es bei ihnen ausgelöst hat. Im dritten Teil dieser Serie erzählt uns Monika, wie sie das Coming-out ihres besten Freundes erlebt hat.
Monika, Niederösterreich Im Frühling 2020 sagte Alex, dass er etwas mit mir zu besprechen habe. Ich war zu dieser Zeit beruflich im Ausland und es war geplant, dass er mich in wenigen Wochen besuchen kommen würde. Aufgrund von Corona kam es leider nie zu diesem Besuch.
Erst im Juli 2020 haben wir uns wiedergesehen. Dazwischen hatte ich ein paar Mal am Telefon nachgefragt, ob er über das Thema sprechen möchte, was er immer verneinte. Dadurch wusste ich: Es ist ihm besonders wichtig – es muss persönlich sein. Und so haben wir uns dann gleich am Tag nach meiner Ankunft in Österreich für einen Spaziergang getroffen.
Alexander war am Anfang nervös und sprach über alle möglichen Dinge. Nur nicht über «die wichtige Sache», die er mir eigentlich sagen wollte. Erst als ich nachhakte, antwortete er ohne Umschweife: «Ich bin schwul.» Ich bin sofort stehen geblieben, um ihn in den Arm zu nehmen und kräftig zu drücken. In mir ist ein sofortiges Gefühl der Freude aufgekommen. Freude darüber, dass er zu sich steht, seine Gefühle akzeptiert und respektiert und für sich selbst einsteht. Dies erfordert eine grosse Portion Mut.
Wir hatten bereits einige Jahre zuvor ein Gespräch, in dem ich ihn fragte, ob er auf Männer stehe. Ich hatte so ein Gefühl, weil er selten über Mädchen sprach. Ich wollte ihm damit ein «Hey, wieso nicht» vermitteln, ihm eine mögliche Hürde nehmen. Es entstand keine peinliche Stille. Er sagte nein und damit war die Sache gegessen.
«Er sprach über alles, ausser über ‹die wichtige Sache›.»
Monika
Ich hatte dann bei einigen unserer Gespräche immer wieder den Gedanken, dass er schwul sein könne, habe es allerdings nicht mehr aktiv angesprochen. Ich wusste, dass er selbst noch nicht so weit war.
Alex und ich kennen uns schon sehr lange, seit zehn Jahren innig. Unsere Freundschaft ist etwas Besonderes. Wir «funktionieren» oft ohne Worte, tauschen vielsagende Blicke aus und unterstützen uns bedingungslos – zu jeder Tages- und Nachtzeit. Daran hat sich seither nichts geändert. Ich mag meinen besten Freund, genauso wie er ist.
Zwei Tipps zum Coming-out Im 13-minütigen Video «Familie zerbrochen: Mein Papa war heimlich schwul» sprechen Vater Andreas und Sohn Raphael über das Coming-out nach 15 Jahren Ehe, drei Kindern und schwerer Alkoholsucht. Reporter Timm begleitet die beiden beim CSD, an den Andreas seinen Sohn zum ersten Mal mitnimmt. Wie kommt Raphael mit dieser Seite seines Vaters klar?
Das Buch «Endlich frei! Der queere Coming-out-Ratgeber» macht Mut zum Coming-out. Dieser Ratgeber ist ein stärkender Wegbegleiter: Persönliche Geschichten aus der LGBTIQ-Community zeigen, dass es ganz unterschiedliche Coming-outs gibt und geben darf. Zudem bietet es Informationen zu der Geschichte der queeren Bewegung und einen Überblick über queere Begriffe. Schritt für Schritt hilft ein Reflektionsteil, das eigene Coming-out zu planen, zu gestalten und gut vorzubereiten – oder Menschen zu unterstützen, die sich gerade outen.
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