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Daten zur sexuellen Orientierung im Ausländerzentralregister speichern?

LSVD: «Gefährliches Gesetz» muss gestoppt werden!

EU-Antidiskriminierungs-Richtlinie
Foto: AdobeStock

Ein Gesetz der Bundesregierung zu einem weiterentwickelten Ausländerzentralregister müsse gestoppt werden, warnt der LSVD. Es bestehe eine massive Gefahr für queere Geflüchtete in Deutschland und deren Umfeld im Herkunftsland.

Mit dem Entwurf zum Gesetz zur Weiterentwicklung des Ausländerzentralregisters (AZR) plant die Bundesregierung, dass die in Asylverfahren verfassten Asylbescheide, aber auch asyl- und aufenthaltsrechtliche Gerichtsentscheidungen, in das Ausländerzentralregister im Volltext aufgenommen werden sollen. Somit hätten in Zukunft 600 lokale Ausländerbehörden, die Geflüchtetenunterkünfte der Bundesländer, die Bundesagentur für Arbeit, Sozialämter und Jobcenter, die Bundespolizei, alle «sonstigen» Polizeivollzugsbehörden, Zolldienststellen, Staatsanwaltschaften, das Bundeskriminalamt, die Landeskriminalämter sowie deutsche Auslandsvertretungen Zugriff auf Informationen unter anderem zur sexuellen Orientierung bzw. Geschlechtsidentität queerer Asyl-Antragsteller*innen.

Dazu erklärt Patrick Dörr, Mitglied im Bundesvorstand des LSVD, man lehne den Gesetzesvorschlag nicht nur aus datenschutzrechtlichen Überlegungen aufs Schärfste ab, sondern sehe in dem Vorhaben der Bundesregierung eine massive Gefahr für queere Geflüchtete in Deutschland und deren Umfeld im Herkunftsland.

«Die sexuelle Orientierung bzw. Geschlechtsidentität der Asylantragsteller*innen bzw. die aufgrund dessen erlebten Verfolgungshandlungen sind oft zentraler Aspekt in ihrem Asylverfahren. Nach dem Willen der Bundesregierung würden diese Informationen nun im Ausländerzentralregister gesammelt werden und unzähligen Behördenmitarbeitenden zugänglich. Der geplante Gesetzesentwurf ist ein vollkommen ungerechtfertigter und massiver Einschnitt in das Recht der Betroffenen auf Privatleben (Art. 8 EMRK, Art. 17 UN-Zivilpakt) und auf Datenschutz (DGSVO, Art. 9) und in die informationelle Selbstbestimmung (Art. 2 Grundgesetz).»


Ein Diskriminierungsrisiko durch Behörden ist keineswegs ausgeschlossen

Der Gesetzesentwurf der Bundesregierung müsse gestoppt oder zumindest dringend nachgebessert werden. «Nicht ohne Grund gelten Daten zur sexuellen Orientierung entsprechend der Datenschutzgrundverordnung als besonders geschützt. Ein Diskriminierungsrisiko durch hiesige Behörden ist keineswegs ausgeschlossen. Die Information könnte aber auch in die Herkunftsländer von Geflüchteten gelangen. In 70 Staaten der Welt stehen homosexuelle Handlungen unter Strafe, in 11 Ländern ist sogar die Todesstrafe möglich. Sollten Daten des Ausländerzentralregisters zur sexuellen Orientierung beispielsweise eines schwulen iranischen Asylantragstellers im Herkunftsland der Polizei oder der Familie bekannt werden, könnte dies eine massive Gefährdung für ihn selbst – sollte er ins Herkunftsland zurückgeschickt werden – in jedem Fall aber eine sehr konkrete Gefahr für ehemalige Partner*innen und queere Bekannte bedeuten.»

An diesem Montag findet zu dem Gesetzentwurf der Bundesregierung im Bundestag eine Expert*innenanhörung statt. Der Bundesdatenschutzbeauftragte Ulrich Kelber und Philipp Wittmann, Richter am Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg, haben in ihren Stellungnahmen zur Anhörung wegen der datenschutzrechtlichen Implikationen massive Bedenken geäussert und sind dabei auch auf das Thema sexuelle Orientierung eingegangen. Auch der Paritätische, die Caritas und ProAsyl haben ihre Ablehnung der geplanten ebenso gefährlichen wie unnötigen Speicherung solch sensibler Daten geäussert. Pro Asyl, der Verein Digitalcourage und die Flüchtlingsräte warnen vor massenhaftem Datenmissbrauch durch deutsche Behörden.

Der Entwurf sehe laut LSVD zwar vor, dass entsprechende BAMF-Bescheide und Gerichtsentscheidungen nur gespeichert werden, «soweit besondere gesetzliche Verarbeitungsregelungen oder überwiegende schutzwürdige Interessen der betroffenen Person dem nicht entgegenstehen». Wie jedoch in der Praxis überhaupt solche Daten gespeichert werden sollen, ohne dass Informationen bezüglich der – sexuellen Orientierung gespeichert werden, und welche Kontrollrechte die Betroffenen haben, bleibe unklar.


In Österreich haben queere Geflüchtete weiter mit Schikanen im Asylverfahren zu kämpfen. Das kritisieren die NEOS. Die Partei beruft sich auf Protokolle, bei denen retraumatisierende und «die Intimsphäre verletzende Fragen» durch das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (BFA) gestellt worden seien (MANNSCHAFT berichtete).


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