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Dass George Michael schwul war, «war offenes Geheimnis in der Szene»

George Michael würde dieser Tage 60 werden

Wham
Das Wham-Duo (Foto: Netflix)

George Michael wäre am Sonntag 60 Jahre alt. Vor seiner Solokarriere feierte der Sänger und Songwriter mit seiner Band Wham! weltweit Erfolge. Sein Bandkollege und Freund Andrew Ridgeley erinnert sich an die gemeinsame Zeit – und das letzte Treffen.

Von Philip Dethlefs, dpa

Rückblickend war es nur eine kurze Zeit, in der die beiden Schulfreunde George Michael und Andrew Ridgeley als Wham! für einen regelrechten Hype sorgten. 1981 wurde die Band gegründet und unterschrieb einen Plattenvertrag. Nach drei Studioalben, unzähligen Tophits, darunter «Wake Me Up Before You Go-Go» oder «Last Christmas», und gigantischen Konzerttourneen lösten sie sich schon 1986 auf.

Für Ridgeley fühlte es sich damals sehr viel länger an. «Wenn man 19 Jahre alt ist, dann sind viereinhalb Jahre eine lange Zeit», sagt der 60 Jahre alte Musiker im Interview der Deutschen Presse-Agentur in London. «Wenn man sich frühe Bilder von George und mir von 1982 ansieht und dann Fotos von uns beim letzten Konzert 1986, dann sieht man, dass wir von Jungs zu Männern gereift sind.»


Eine neue Dokumentation, die ab 5. Juli beim Streamingdienst Netflix abrufbar ist, beleuchtet die Wham!-Jahre. Zwei Tage später erscheint die Singles-Sammlung «Echoes From The Edge Of Heaven» in verschiedenen Formaten, unter anderem als opulentes Vinyl-Boxset. Anlass ist das 40. Bandjubiläum. «Mit Verspätung», sagt Ridgeley und lacht. «Sowas passiert.» Wham! hat nun sogar einen TikTok-Kanal.


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Sechseinhalb Jahre nach dem Tod seines Freundes und Bandkollegen soll es der Auftakt für diverse Wham!-Projekte werden. «Als George noch am Leben war und seine Solokarriere verfolgt hat, waren Elemente von Wham! immer ein Teil davon», sagt er. Dadurch sei Wham! stets präsent gewesen. «Mit seinem Tod hat sich das natürlich geändert.»


Am 25. Dezember 2016 war George Michael im Alter von 53 Jahren gestorben. Er hatte unter einer Herzerkrankung und einer Fettleber gelitten. Jahre zuvor hatte er wegen einer schweren Lungenentzündung Konzerte absagen müssen. «Seine gesundheitlichen Probleme waren bekannt», so Ridgeley. «Um ehrlich zu sein, ich dachte, er übersteht das. Aber es war ein langer Weg und eine schwere Zeit für ihn und auch für seine Freunde.»

Mit elf Jahren hatte Andrew Ridgeley den damals zehnjährigen George kennengelernt, der am 25. Juni 1963 als Georgios Kyriacos Panayiotou zur Welt gekommen war und den er meist Yog nannte. «Wir sind sehr schnell enge Freunde geworden», erinnert sich Ridgeley. «Der Kern unserer Freundschaft blieb unser ganzes Leben lang derselbe. Jeder, der einen besten Freund hat, kennt diese Art der Zuneigung und dieses gegenseitige Verständnis, die gegenseitige Anerkennung.»

Der weltweite Wham!-Hype, der 1984 nach dem zweiten Album «Make It Big» einsetzte, änderte laut Ridgeley nichts daran. «Der Erfolg hat sich nicht auf die Freundschaft ausgewirkt, der Erfolg war das Ergebnis der Freundschaft», stellt er klar. «Wham! war der musikalische Ausdruck unserer Freundschaft und unserer Erfahrungen als Jugendliche. Das spiegelte unsere Freundschaft wider.»

Anfangs schrieb das Duo gemeinsam. «Wham Rap! (Enjoy What You Do)», «Club Tropicana» und die Megaballade «Careless Whisper» listen beide als Autoren. Doch dann übernahm George Michael als der begabtere Songschreiber die kreative Führung. «Georges Entwicklung als Songwriter war etwas Wundersames», sagt Ridgeley. «Für mich war es wunderbar, das zu erleben. Ich war extrem stolz auf seine Entwicklung zu dem Songwriter, der er geworden ist, auch in Wham!.» Ridgeley räumt aber auch seine damalige Unzufriedenheit darüber ein, dass Michael allein das Songwriting übernahm – Michael sagt, man habe es schnell geklärt. Näher wird darauf aber nicht eingegangen.

Das Ende der Band sei eine gemeinsame Entscheidung gewesen, stellt der Gitarrist und gelegentliche Sänger klar. «Wir haben aufgehört, weil Wham! eine begrenzte Lebensdauer hatte», sagt der 60-Jährige. «Wir haben irgendwie ein bisschen den Ehrgeiz verloren. Wir hatten ja weit mehr erreicht, als wir wahrscheinlich jemals erwartet hatten.»

Ridgeley lässt gleichzeitig durchblicken, dass George Michael, der in jeder Hinsicht im Vordergrund stand, zu gross für die Band geworden war. «Es war uns klar, dass er sich irgendwann von Wham! lösen musste, um sein Potenzial und seine Bestimmung als Songwriter voll auszuleben.» Ein Abschiedskonzert im Wembley-Stadion markierte den Schlusspunkt.

Im Duett mit Aretha Franklin landete George Michael Anfang 1987 mit «I Knew You Were Waiting» einen Nummer-Eins-Hit in Grossbritannien und den USA, der ihm auch einen Grammy einbrachte. Im Oktober desselben Jahres erschien sein erstes Soloalbum «Faith», das mit Hits wie «Faith», «Father Figure» oder «I Want Your Sex» ein Megaseller wurde und ihn endgültig zum globalen Superstar machte.

Es folgten weitere Hits wie «Freedom! ’90», «Jesus To A Child» oder «Fastlove», aber die 1990er Jahre entpuppten sich als schwieriges Jahrzehnt für die MTV-Ikone. Michaels Lebensgefährte Anselmo Feleppa starb an den Folgen von Aids. Seine Mutter erlag dem Krebs. Er verlor einen Rechtsstreit gegen seine Plattenfirma Sony. Obendrein folgte 1998 das unfreiwillige öffentliche Coming-out, nachdem ihn die Polizei auf einer öffentlichen Toilette in Beverly Hills wegen «unsittlichen Verhaltens» festgenommen hatte.

Wirklich geheim gehalten hatte George Michael seine Homosexualität schon zu Wham!-Zeiten nicht. «Es war in gewisser Weise ein offenes Geheimnis in der Londoner Gay-Club-Szene», sagt Ridgeley, dem sich Michael beim Dreh zum Video von «Club Tropicana» auf Ibiza anvertraut haben soll. Aus Angst um die Karriere habe er sie aber nicht öffentlich gemacht. «Ob er damit richtig lag oder nicht, werden wir nie wissen. Aber ich denke, er hatte damit zu kämpfen, dass er es in gewisser Weise verstecken musste. Und ich glaube, er hat es später bereut.»

In die Tiefe geht die 90-minütige Dokumentation auch hier kaum. Wie es George Michael mit der Vermarktung als Sexsymbol weiblicher Begierde ging, bleibt offen.

Auch nach der Trennung von Wham! trat Andrew Ridgeley gelegentlich mit George Michael auf. Der Kontakt zwischen den Schulfreunden und Bandkollegen sei nie abgebrochen. Bei ihrem letzten Treffen, kurz vor Michaels Tod, spielten die beiden wie zu Wham!-Zeiten Scrabble.

«Wir hatten etwas weniger Haare, ansonsten hatte sich wenig verändert», erinnert sich Andrew Ridgeley amüsiert. «Es war so albern und kindisch, wie als wir 14 oder 15 waren. Die Zuneigung, die wir füreinander empfunden haben und der Humor, den wir miteinander hatten, war 30 oder 40 Jahre später immer noch genauso stark.»


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