Bundestag beschliesst dritte Option «divers» – Attestpflicht bleibt

Die bisherige Pflicht, Menschen dem männlichen oder weiblichen Geschlecht zuzuordnen, verstiess gegen Persönlichkeitsrecht und Diskriminierungsverbot

Symbolfoto: iStock
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Neben «männlich» und «weiblich» gibt es im deutschen Geburtenregister künftig auch die Option «divers» für inter Menschen. Mit dem Beschluss vom späten Donnerstagabend setzt das Parlament ein Urteil aus Karlsruhe um. Die bisherige Pflicht, Menschen dem männlichen oder weiblichen Geschlecht zuzuordnen, wurde darin als Verstoss gegen das Persönlichkeitsrecht und das Diskriminierungsverbot gewertet.

Die binäre Zuschreibung des Geschlechts in Deutschland ist damit Geschichte. Allerdings standen die Reformpläne der Regierung in der Kritik, weil eine Änderung im Geburtenregister an die Vorlage eines ärztlichen Attests geknüpft wird. Darauf hatte die Union gedrängt. Diese Regelung wurde nur leicht abgeschwächt. In wenigen Ausnahmefällen soll eine eidesstattliche Versicherung des Antragstellers ausreichen.

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Mit dem Beschluss vom späten Donnerstagabend setzt das Parlament eine Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts aus dem vergangenen Jahr um. Die bisherige Pflicht, einen Menschen dem männlichen oder weiblichen Geschlecht zuzuordnen, wertete man als Verstoss gegen das Persönlichkeitsrecht und das Diskriminierungsverbot.

Der Gesetz soll nach dem Willen der Bundesregierung «die vom Bundesverfassungsgericht für das Personenstandsrecht geforderte Möglichkeit für Personen mit Varianten der Geschlechtsentwicklung» schaffen, einen anderen positiven Eintrag zu wählen. Die Wahl des Begriffs «divers» entspreche laut Regierung «dem Wunsch der Betroffenen, der in der Länder- und Verbändebeteiligung zum Ausdruck gekommen ist». Der zuständige Innenminister Horst Seehofer (CSU) hatte ursprünglich vorgeschlagen, die neue Kategorie «anderes» zu nennen. Aus dem Justiz- und Familienministerium (beide SPD) waren die Vorschläge wie «weiteres», «divers» oder «inter» gekommen.

Gesunde Menschen mit einem messerscharfen Verstand und glasklaren Gedanken müssen sich nicht begutachten lassen.

Julia Monro von der Deutschen Gesellschaft für Transidentität und Intersexualität e.V. kündigte in der Nacht bei Facebook an, sie werde «die nächste Runde einläuten», damit der Begriff «Erkrankung» mal aus den Köpfen verschwindet. «Denn gesunde Menschen mit einem messerscharfen Verstand und glasklaren Gedanken müssen sich bestimmt nicht begutachten lassen. Nur deswegen wird das Bild erzeugt es handelt sich um eine Krankheit Und man wird in allen Lebensbereichen ausgegrenzt. Liebe Regierung, wir sehen uns schon bald wieder…»

Der LSVD kritisierte, Intersexualität werde weitgehend auf körperliche Abweichungen eingeengt. LSVD-Vorstandsmitglied Henny Engels betonte, «dass sich das Geschlecht nicht allein nach körperlichen Merkmalen bestimmen lässt, sondern von sozialen und psychischen Faktoren mitbestimmt wird».

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Marc Henrichmann (CDU) verwies hingegen auf das staatliche Interesse an einem Personenstandsregister mit Beweiskraft. Dies lasse keine Selbsteinschätzung nach subjektiven Empfindungen zu. Noch deutlicher sprach sich die AfD gegen eine solche Möglichkeit aus. Die stellvertretende Fraktionschefin Beatrix von Storch erklärte: «Die Geschlechtszugehörigkeit ist seit Bestehen der Menschheit ein objektives Faktum – so wie Alter und Körpergrösse auch.»

Länder wie Kanada haben die dritte Option bereits im Sommer 2017 eingeführt. Dort können Menschen, für die Definitionen wie «männlich» oder «weiblich» nicht zutreffen, sich entsprechende Dokumente ausstellen lassen: Neben den Optionen M für männlich und F für weiblich gibt es auch ein X für «nicht spezifiziert».

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