«Immer häufiger wollen Singles mit einer Leihmutter Vater werden»

Zum dritten Mal kommt die Messe Men Having Babies nach Deutschland

Wenn die Mutter nicht auf dem Familienbild ist: Familien mit Leihmutterschaft.

Wer als schwuler Mann mit seinem Partner eine Familie gründen möchte, hat in Berlin viele Möglichkeiten: Co-Parenting, Pflegekind, Adoption – oder über eine Agentur auch die Leihmutterschaft.

In Deutschland ist diese zwar verboten, aber es darf dafür geworben werden. Auf einer Konferenz in Berlin vom 2. bis 4. Mai stellen verschiedene Expert*innen die neuesten Erkenntnisse vor und Agenturen, Kliniken und Anwält*innen präsentieren sich für rund 250 Teilnehmer*innen. Das Klima ist rauer geworden.

Ron Poole-Dayan ist einer der Gründer und selbst Familienvater mit seinem Ehemann. «Als wir in New York im Jahr 2001 mit unseren Kinderwagen die Strasse entlangliefen», sagt er zu MANNSCHAFT, «wurden wir noch von Katholiken beschimpft und angegriffen.» Das sei unter der Bush-Administration gewesen. Inzwischen habe sich viel verändert, was die Akzeptanz von Leihmutterschaft angeht. Er weiss um den schlechten Ruf seiner Branche, aber möchte eben gerade deshalb dafür werben, dass seine Organisation mit Profis zusammen arbeite, die jegliche Ausbeutung in diesem Zusammenhang verhindern.

Obwohl inzwischen Prominente wie Cristiano Ronaldo und Nicole Kidman über Leihmütter Eltern geworden sind, gibt es in Europa nach wie vor Vorbehalte. Es gibt keine Statistik von Leihmutterschaft in Deutschland, doch Schätzungen gehen von 50 bis 100 Kindern pro Jahr aus, die in Deutschland auf diese Art gezeugt werden. Viele Paare wenden sich an Agenturen im Ausland – und informieren sich auf Messen wie Men Having Babies.

«Wir haben inzwischen auch immer wieder Hetero-Paare mit Kinderwunsch, die sich bei uns informieren», sagt Ron Poole-Dayan, «letztes Jahr kamen zwei Paare aus Deutschland und Österreich, die selbst auf natürlichem Weg keine Kinder bekommen konnten.» Auffällig sei aber, dass jedes Jahr die Zahl der Interessierten steige und sie immer jünger würden. «Eine weitere Beobachtung ist, dass immer häufiger Singles kommen, die gern mit einer Leihmutter Vater werden wollen.»

Themen, die gerade am Anfang häufig aus dem Weg geräumt werden müssen, sind Ängste, die oft unbegründet sind. Auch HIV-Positive können über Leihmutterschaft Kinder zeugen und Vater werden, ohne dass das Virus übertragen wird. Eine weiterer wichtiger Punkt für viele, ist die ethische Frage: Werden Frauen ausgebeutet, um den Kinderwunsch zu erfüllen? Was ist, wenn die Mutter später im Leben des Kindes doch eine Rolle spielen möchte – oder umgekehrt das Kind mit der Mutter eine Beziehung sucht?

«Das sind alles Fragen, mit denen wir uns viel beschäftigt haben», sagt Ron Poole-Dayan, «und wir stellen eben durch die Organisationen, die bei uns mitmachen sicher, dass die Leihmutterschaft für alle Beteiligten ein positives Erlebnis ist.» Er könne nicht für alle Programme in Indien oder in Russland garantieren, dass sie ethisch einwandfrei ablaufen. «Aber wir schauen uns gerade Projekte in Mexiko und vielleicht auch Kolumbien an», sagt er, «wenn diese unseren ethischen Standards entsprechen, können wir uns vorstellen, auch mit Leihmüttern dort zusammenzuarbeiten.» Die Kosten können für werdende Eltern zwischen 100'000 und 180'000 Euro liegen (mehr über Kosten hier).

«Viele äussern sich gegen Leihmütter, ohne sich mit dem Thema wirklich beschäftigt zu haben.»

Ron Poole-Dayan

Auch dieses Jahr rechnen die Veranstalter*innen von Men Having Babies mit Protest. Den gab es auch in den vergangenen Jahren. Doch dieses Jahr ist das Klima rund um Regenbogenfamilien weltweit gerade rauer. In Italien werden unter der neuen Regierung nur noch leibliche Eltern anerkannt (MANNSCHAFT berichtete), was Regenbogenfamilien in unangenehme Situationen bringt. Auch Geburtsurkunden, auf denen schon jetzt zwei Mütter eingetragen sind, werden von der Regierung angefochten. Ungarn geht einen ganz ähnlichen Weg und erschwert queeren Menschen die Familiengründung.

«Was in Italien geschieht», sagt Ron Poole-Dayan, «ist eine Warnung an uns alle.» Es bedeute, dass einige Menschen schlicht nicht wollen, dass LGBTIQ-Menschen Familien gründen. Doch auch in anderen europäischen Ländern sieht er die Leihmutterschaft von Politikern zu unrecht angegriffen. «Viele äussern sich gegen Leihmütter, ohne sich mit dem Thema wirklich beschäftigt zu haben.» Das sei auch in den USA nicht anders. «Aber genau dafür haben wir diese Messe geschaffen, dass sich Menschen informieren können und sehen, dass wir eine Lösung für ein Problem schaffen – und wie viele Menschen über uns bereits Familien gegründet haben.»

Angelina Maccarone kehrt mit «Klandestin» auf die grosse Leinwand zurück. Ein Interview über die Queer-Sättigung der Filmbranche (MANNSCHAFT-Interview).

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