«Sehr froh, dass ich Homosexuelle nicht mehr wegschicken muss»
In Stuttgart findet am Sonntag der erste Segnungsgottesdienst für ein schwules Paar statt
Lange hatte die evangelische Landeskirche Württemberg mit sich und den Segnungsgottesdiensten für homosexuelle Paare gerungen. Dann gelang der Kompromiss. Nun traut sich das erste Paar – und der Pfarrer ist erleichtert.
Die Landeskirche Württemberg war lange eine der letzten Gliedkirchen der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD), die weder die öffentliche Segnung noch die öffentliche Trauung von gleichgeschlechtlichen Paaren erlaubte. Doch nach dem Beschluss der Landessynode vom März 2019 wurde ein Segnungsgottesdienst für gleichgeschlechtliche Paare ab diesem Jahr ermöglicht – Trauung darf es weiterhin nur bei Heteros heissen.
Schwule und Lesben dürfen in Costa Rica jetzt heiraten
Auf einer Unterschriftenliste erklärten immerhin 335 Pfarrer aus der Landeskirche in Württemberg, sie würden keine öffentlichen Segnungen gleichgeschlechtlicher Paare vollziehen
Nun steht aber am Sonntag um 10.00 Uhr erstmals ein schwules Paar in der Evangelischen Landeskirche in Württemberg vor dem Altar, um sich in einem öffentlichen Gottesdienst in der Leonhardskirche segnen zu lassen. Gerald und Ahmad Wolf sind bereits verpartnert und wollen nun kirchlich heiraten. «Unser Glaube ist uns beiden sehr wichtig», erzählt Gerald der Heidenheimer Zeitung.
Rund 20 Freund*innen und Bekannte habe das Paar zur Segnung eingeladen. Eltern und Geschwister würden nicht kommen. Dass die Männer schwul sind, stosse in beiden Familien auf Ablehnung.
Das württembergische Kirchenparlament, die sogenannte Synode, hatte vor mehr als einem Jahr beschlossen, dass ein Viertel der Kirchengemeinden ihre örtliche Gottesdienstordnung ändern und Segnungsgottesdienste nach der zivilen Eheschliessung anbieten dürfen. Das Gesetz schliesst auch trans und inter Menschen ein.
Der Pfarrer der Stuttgarter Leonhardsgemeinde, Christoph Doll, sagte im Vorfeld des Gottesdienstes zur dpa: «Ich bin sehr froh, dass ich künftig lesbische und schwule Ehepaare nicht mehr wegschicken muss.» Es sei überfällig gewesen, solche Gottesdienste zu ermöglichen. «Für die bisher sehr hartherzige Linie in unserer Landeskirche habe ich mich oft geschämt», sagte Doll.
Nach Angaben der Landeskirche können bislang 23 der rund 1300 württembergischen Gemeinden Segnungsgottesdienste für gleichgeschlechtliche Paare anbieten. Rund 170 der 1300 landeskirchlichen Gemeinden sind im Gespräch mit dem Evangelischen Oberkirchenrat, um die lokale Gottesdienstordnung zu ändern.
Inklusion und Hoffnung – Irland feiert 5 Jahre Eheöffnung
Ebenfalls in Stuttgart wollte schon vor einigen Jahren der dortige CDU-Bundestagsabgeordnete Stefan Kaufmann und sein Partner Rolf Pfander den Segen von der Römisch-katholischen Kirche haben. Doch die Diözese Rottenburg-Stuttgart wies das zurück . Das Sakrament der Ehe müsse in seiner «unverwechselbaren Form» – gemeint war: der heterosexuellen – gewahrt bleiben, fand der Bischof.
2015 kam es aber doch noch zum Happy-End: Kaufmann und Pfander bekamen den gewünschten kirchlichen Segen bei einem alt-katholischen Gottesdienst in der Schlosskirche in Stuttgarts Altem Schloss.
Das könnte dich auch interessieren
Community
Gegen die «Aufgeheiztheit» der linksradikalen queeren Szene
Der Publizist Jan Feddersen hat mit «Meine Sonnenallee: Notizen aus Neukölln» seine Verarbeitung des Traumas vom 7. Oktober 2023 vorgelegt
Von Newsdesk Staff
Buch
Religion
TIN
Berlin
Nach Mobbing gegen schwulen Lehrer: Schule offen für queere Projekte
Seit einer Woche ist eine Schule in den Negativschlagzeilen, weil dort ein Lehrer monatelang wegen seiner Homosexualität gemobbt worden sein soll. Nun kommt etwas Bewegung in den Fall.
Von Newsdesk/©DPA
Bildung
Deutschland
Queerfeindlichkeit
Religion
Schwul
Deutschland
SPD-Frau aus Sachsen: Sophie Koch ist die neue Queerbeauftragte
Ihr Vorgänger hat sich für seine Initiativen Respekt erworben. Nun will sich eine Frau aus Sachsen um die Rechte und das Ansehen queerer Menschen kümmern.
Von Newsdesk/©DPA
News
Politik
Ungarn
Pride-Verbot: 20 EU-Länder erhöhen den Druck auf Ungarn
20 EU-Staaten stellen sich klar gegen Ungarns Pride-Verbot. Auch Deutschland verschärft den Ton Richtung Budapest – und bringt einen möglichen Entzug der Stimmrechte ins Spiel.
Von Newsdesk/©DPA
News
Österreich
Pride
Deutschland