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Nach «Konversionstherapie» – LGBTIQ teilen ihre Geschichte auf TikTok

In den Vereinigten Staaten sind die schädlichen «Therapien» mehrheitlich erlaubt – auch bei Minderjährigen

Konversionstherapie
Bild: Screenshot Tiktok/mikecult

Unter dem Hashtag #conversiontherapy teilen TikToker*innen ihre Erfahrungen, beantworten Fragen und geben Tipps, wie man die Folter am besten überleben kann.

In vielen Ländern ist die so genannte «Konversionstherapie» noch immer legal. Damit könne, so wird vorgegaukelt, ein queerer Mensch «geheilt» werden. Die angewandten Techniken lassen sich mit psychischer oder auch physischer Folter gleichsetzen, sagt ein UNO-Experte (MANNSCHAFT berichtete).

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In Deutschland sind «Konversionstherapien» für Minderjährige nun verboten (MANNSCHAFT berichtete). Niemand zur Behandlung gezwungen werden, auch das Bewerben ist verboten. Österreich und die Schweiz haben sich bisher gegen ein Verbot ausgesprochen (MANNSCHAFT berichtete).

Auf der Videoplattform TikTok klären nun User*innen über die schädliche Praktik auf und erzählen von ihren eigenen Erfahrungen. Zu Beginn des Lockdowns in den USA startete Mike Dorn eine kleine Serie und erzählt in vier Schritten von den Erlebnissen.


@mikecultPart 2. Conversion therapy ##gay ##lgbtqia ##gaytiktok ##mystory ##conversiontherapy♬ original sound – mikecult

Mike Dorn ist nicht-binär und hat sich mit 15 Jahren bei den Eltern als schwul geoutet. «Erster Fehler» sagt Mike im Video, denn die Eltern sind streng konservative Christen. Mike wurde in ein Disziplinierungscamp im US-Bundesstaat Kalifornien geschickt und isoliert. Sie sagten, Mike würde in die Hölle kommen, weil Gott Homosexualität verabscheut. Zudem kam es auch zu physischer Folter.

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«Ich wurde physisch misshandelt, wenn ich etwas sagte oder tat, was sie nicht gutheissen», sagt Mike auf Tiktok. «Ich wurde praktisch jede Sekunde jeden Tages verbal beschimpft, weil wenn sie dir nicht die Angst vor Gott verinnerlichen können, wirst du dich nicht ändern.» Über eine Million mal wurden Mikes Videos bereist angesehen und erhielt tausende von Kommentaren.

Auch die 20-jährige Merry teilte ihre Geschichte auf TikTok und will anderen Jugendlichen helfen, die dasselbe durchmachen müssen. Ihre Serie «How to survive conversion therapy» (dt. «Wie man die Konversionstherapie überlebt») startete sie im Dezember 2019. Zu der Zeit kursierte auf TikTok das Gerücht, mit Trumps Impeachment würde Mike Pence Präsident werden und in «Sommer-Camps» LGBTIQ therapieren wollen.


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Während unter ihren Videos viele User*innen ungläubig fragen, ob es sowas wirklich gibt, erzählt Merry von ihrer Überlebensstrategie. «Erzähle ihnen nichts von deiner Vergangenheit», sagt sie. «Alle traumatischen Erlebnisse deines Lebens solltest du für dich behalten…. Sie werden dich überzeugen, dass das der Grund ist, warum du queer bist.» Noch heute leidet Merry an Albträumen, wenn sie am Tag durch irgendetwas an die Therapie erinnert wird.

Der Hashtag #conversiontherapy hat bereits über 9.6 Millionen Views – Tendenz steigend. «Je mehr ihre Geschichte teilen, desto mehr können wir Leute bilden, die noch nicht einmal wissen, dass das passiert», sagt Mike Dorn gegenüber Reuters.

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Wie schädlich die «Konversionstherapien» sind, zeigt sich am traurigen Beispiel einer jungen Inderin, die sich das Leben nahm, nachdem sie gegen ihren Willen medikamentös behandelt wurde (MANNSCHAFT berichtete). Auch der Film «Boy Erased» beschäftigt sich mit dem Thema von «Konversionstherapie»-Camps. Der Film basiert auf dem autobiografischen Roman von Gerrard Conley (MANNSCHAFT berichtete).


Brauchst du Hilfe? Wende dich in der Schweiz telefonisch an die Nummer 147 (mehr Informationen auf www.147.ch) oder schreibe an die Berater*innen von Du-bist-Du.ch. In Deutschland gibt es unter anderem den Verband für lesbische, schwule, bisexuelle, trans, intersexuelle und queere Menschen in der Psychologie, in Städten wie Köln hilft Rubicon.


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