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Lesbisches Paar beklagt Mobbing durch Nachbarschaft

Es gab anonyme Mitteilungen, Kratzer am Auto und Manipulationen am Kinderfahrrad

Mobbing
Ein lesbisches Paar klagt über Mobbing (Symbolbild: Pixabay)

Ein lesbisches Paar, das mit zwei Kindern als Regenbogenfamilie im Landkreis Darmstadt-Dieburg lebt, klagt über Mobbing. Nun wollen die beiden Frauen umziehen.

Immer wieder wenden sich LGBTIQ an die Antidiskriminierungsstelle des Bundes (ADS) und berichten über Diskriminierungserfahrungen wegen ihrer sexuellen Identität bei der Wohnungssuche. Norbert und sein Partner Ralph aus Nordrheinwestfalen haben es gleich mehrfach erlebt, mal in Duisburg, mal in Mühlheim/Ruhr (MANNSCHAFT berichtete).

Deutlich mehr Diskriminierungsfälle aus rassistischen Gründen

Martina Gutsmann (Name geändert), lebt mit ihren neun und 12 Jahre alten Töchtern in einem Mehrparteienhaus. Das Verhältnis zu den Nachbar*innen war lange nett, wie sie der Allgemeinen Zeitung berichteten. Bis vor einem knappen Jahr ihre Freundin Sabine bei ihr einzog.

«Es ist meine erste Beziehung zu einer Frau, am Anfang wollte ich es nicht an die grosse Glocke hängen.» Aber verheimlicht habe sie es auch nicht – nicht vor den Kindern, noch vor ihrem Chef oder im Freundeskreis, die es alle positiv aufgenommen hätten. Ihre Freundin  ergänzt, dass sie keines der Paare wären, die ihre Liebe provokativ nach aussen zeigten. „Wir sind einfach glücklich miteinander, und wir wollen auch heiraten.»


Ob die anderen Mieter*innen etwas gegen die lesbische Beziehung haben, weiss Martina Gutsmann nicht, aber sie vermutet es. «Am Anfang dachte ich, das könne nicht sein, aber derzeit fühlen wir uns absolut nicht mehr wohl, meine Kinder haben mittlerweile richtig Angst», erzählt sie.

Es gab plötzlich anonyme Zettel im Briefkasten – angeblich trennten die Frauen den Müll nicht richtig. Ein anderes Mal fehlte in der Gemeinschafts-Waschküche im Keller plötzlich ihr Waschmittel oder es war auf dem Boden verstreut.

«Hellhörig wurden wir erst, als plötzlich im ganzen Treppenhaus bis zu unserem Stockwerk Erde verteilt wurde, die Spur direkt vor das Fahrrad meiner Tochter in den Keller führte und auch der Sattel mit Erde verschmiert war», erzählt Gutsmann. Das Kind sei an dem Tag aber gar nicht Rad gefahren.


Später lag die Wäsche auf dem Boden oder hing über den Rädern der Kinder. Dazu kamen Kratzer an ihrem Auto, das vor dem Haus geparkt war, auch ein Nagel steckte im Reifen. Beweisen kann man das alles nicht; auch ob Einzelperson oder mehrere Nachbar*innen hinter den Taten stecken, weiss das Paar nicht.

«Diskriminierung beginnt nicht erst beim Fusstritt»

Kürzlich folgte noch ein anonymer handschriftlich verfasster Zettel im Briefkasten: Achtung Gutsmanns, stand darauf. Für Martina Gutmann reicht es jetzt. Sie haben ein ungutes Gefühl, wenn sie abends nach Hause kommen, auch die Kinder hätten Angst. «Es ist einfach kein schönes Miteinander mehr», sagt Gutsmann.

Das Paar wandte sich mit einem Brief an die Nachbar*innen und lud sie zum Gespräch, sollte jemand offen reden wollen. Dann legten sich die Vorfälle erstmal. Doch Mitte Juni stellten die Mütter fest, dass die Räder des Fahrrads der jüngsten Tochter stark gelockert waren. «Wenn sie damit gefahren wäre, hätte sie sich schwer verletzten können, das ist versuchte gefährliche Körperverletzung», sagt Gutsmann. Sie hat Anzeige bei der Polizei erstattet.

Alexander Arnold, Vorsitzender des Darmstädter Vereins Vielbunt, sagte der Zeitung, Nachbarschaftsmobbing bei Homosexuellen sei vor allem im ländlichen Raum keine Seltenheit. Sein Verein unterstützt LGBTIQ und will durch Aufklärung Diskriminierung entgegenwirken. Arnold bestätigt: «Mit Diskriminierung hat sicher jeder Homosexuelle im Laufe seines Lebens mal mehr, mal weniger schlimme Erfahrungen gemacht.»

«Die Beschimpfung als Schwuchtel fällt unter Hasskriminalität»

Das Paar wird umziehen. Die Frauen haben einen Vermieter gefunden, denen ihre Beziehung egal ist – und sie hoffen, dass auch die Nachbar*innen offen für sie sind.

Grundsätzlich verbietet das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz (AGG) Diskriminierung beim Zugang zu Wohnraum wegen der sexuellen Identität. Bei der Wohnraumvermietung darf die sexuelle Orientierung prinzipiell keine Rolle spielen – weder bei der Auswahl von Wohnungssuchenden noch bei der Beendigung eines Mietverhältnisses. Auch innerhalb eines bestehenden Mietverhältnisses sind solche Diskriminierungen verboten, so Sebastian Bickerich von der ADS. Die Antidiskriminierungsstelle bietet eine rechtliche Einschätzung im Einzelfall.


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