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4 Jahre Kampf: erster Geschlechtseintrag «inter» in Österreich

Im Juni hatte Alex Jürgen noch Strafanzeige gegen die zuständigen Behörden gestellt

Geschlechtseintrag inter
Foto: VIMÖ

2016 ging Alex Jürgen zum Standesamt der oberösterreichischen Stadt Steyr und beantragte eine Berichtigung des Geschlechtseintrags auf eine dritte Kategorie: inter. Vier Jahre später hat er endlich seine Geburtsurkunde.

Alex Jürgen ist inter und wollte sich in den Identitäts-Dokumenten dementsprechend ausweisen können. Es befassten sich mehrere Höchstgerichte innerhalb von vier Jahren damit, dass es mehr als zwei Geschlechter gibt und gaben Alex Jürgen schliesslich Recht.

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Trotzdem wurde lange der beschiedene dritte Geschlechtseintrag nicht berichtigt – erst jetzt im Juli 2020, kurz nach Einbringen einer Strafanzeige gegen die zuständigen Behörden (MANNSCHAFT berichtete), hält Alex Jürgen nun die Geburtsurkunde mit dem Eintrag inter in Händen.

«Es ist ein voller Sieg für mich persönlich – aber solange es den Eintrag nur gegen ein medizinisches Gutachten gibt, unmündige inter* Personen weiterhin operiert, behandelt und zwangsnormiert werden und so gut wie niemand weiss, was Intergeschlechtlichkeit wirklich ist, sehe ich noch genug wofür weiterhin gekämpft werden muss.» Im Februar hatte der UN-Kinderrechtsausschuss Österreich für nicht notwendige Behandlungen an inter Kindern gerügt. Intersex-Genitalverstümmelung seien zu beenden und Kinder zu schützen (MANNSCHAFT berichtete).


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Die physischen Geschlechtsmerkmale von Alex Jürgen waren bei der Geburt uneindeutig und entsprachen bereits zum Zeitpunkt der Geburt weder dem männlichen noch weiblichen Geschlecht.
Im Laufe der folgenden Jahre wurden die ambivalenten körperlichen Geschlechtsmerkmale zum Teil entfernt, um Alex Jürgens Körper optisch dem eines Mädchens anzupassen. Doch das konstruierte Geschlecht entsprach nicht Alex Jürgens Identifikation. Seit 12 Jahren lebt Alex Jürgen offen als inter. 2016 hatte er die Eintragung eines dritten Geschlechtseintrags beim Standesamt beantragt

Im Juni 2018 hatte der Verfassungsgerichtshof auf Beschwerde von Alex Jürgen entschieden, dass inter Personen ein Grundrecht darauf haben, dass ihr Geschlecht im Zentralen Personenstandsregister und in Urkunden nicht als männlich oder weiblich eingetragen wird und die Geschlechtsbezeichnung inter als ausdrücklich zulässig erklärt. Das oberösterreichische Landesverwaltungsgericht hat daraufhin am 3. Juli 2018 geurteilt, dass das Geschlecht von Alex Jürgen im Zentralen Personenstandsregister, wie beantragt, mit inter einzutragen ist.

«Wir hoffen, dass das Innenministerium bald mit einer guten Neuregelung des Kickl-Erlasses nachzieht – wobei medizinische Begutachtungen unbedingt gestrichen werden müssen», so Tinou Ponzer vom Verein Intergeschlechtlicher Menschen Österreich (VIMÖ). «Ein alternativer Geschlechtseintrag zu weiblich und männlich, der die individuelle Geschlechtsidentität einer Person anerkennt, ist nicht an körperlichen Merkmalen festzumachen!»


«Alex Jürgen hat stark dazu beigetragen, dass Geschlechtervielfalt und die Wichtigkeit von Selbstbestimmung in der Gesellschaft sichtbar werden», erklärte Mart Enzendorfer von der Plattform Intersex Österreich. Es sei nun an der Zeit, dass nicht nur auf rechtlicher, sondern auch auf anderen Ebenen die Anerkennung von Geschlechtervielfalt erfolge. «Dafür braucht es eine umfassende Inklusion im Bildungssystem und endlich ein Verbot nicht notwendiger medizinischer Eingriffe, die Geschlechtsmerkmale von Kindern unwiederbringlich verändern und zweigeschlechtlich normieren.»

Medienberichten zufolge wird an einem neuen Erlass bereits gearbeitet. VIMÖ fordert weiterhin Selbstbestimmung über den eigenen Geschlechtseintrag.


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