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Pride in Taiwan: Über 170’000 feiern nach Eheöffnung

Der historische Parlamentsbeschluss lockte dieses Jahr besonders viele Feiernde nach Taipeh.

Pride in Taiwan 2019
(Bild: Twitter/Tsai Ing-wen)

Am Samstag marschierten an der Pride in Taipeh unter den Zehntausenden Teilnehmer*innen erstmals auch gleichgeschlechtliche taiwanesische Ehepaare mit. Es war die erste Pride nach dem Beschluss des Parlaments, die Ehe für alle einzuführen. Noch sind diese Ehepaare jedoch den Heteros nicht vollständig gleichgestellt.

Mindestens 170’000 Menschen marschierten anlässlich der Pride in Taiwan durch die Strassen Taipehs. Die Feiernden in der Hauptstadt des ostasiatischen Landes hatten dieses Jahr einen guten Grund für ihre Partylaune: Im Mai beschloss das Parlament die Eheöffnung in Taiwan (MANNSCHAFT berichtete). Seither haben sich schon über 2’100 gleichgeschlechtliche Paare das Jawort gegeben.

Unter den Feiernden waren dieses Mal entsprechend viele frischgebackene Eheleute wie etwa Shane Lin. Dieser heiratete nur wenige Tage nach der Einführung des Gesetzes seinen Partner. «Ich bin sehr berührt, dass sich Menschen rund um den Globus uns anschliessen», sagte er gegenüber The Guardian. Er und sein Partner waren das allererste gleichgeschlechtliche Paar Taiwans, das eine Heiratsurkunde entgegennehmen durfte.

Referenden zum Trotz
Auch wenn Taiwan das wohl LGBTIQ-freundlichste Land Asiens ist und die grösste Pride des Kontinents veranstaltet: Die Ehe für gleichgeschlechtliche Paare stand lange Zeit auf der Kippe. Das Oberste Gericht beschloss 2017 die Umsetzung der Ehe für alle innerhalb von zwei Jahren. Der Ausschluss homosexueller Paare von der Ehe sei verfassungswidrig, hiess es in einer Erklärung.


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Religiöse und konservative Gruppierungen ergriffen jedoch Referenden – zunächst mit Erfolg. Die Gegner*innen der Eheöffnung wollten die Ehe als Bund zwischen Mann und Frau definieren. Alternativ sollten gleichgeschlechtliche Paare in einer «gleichgeschlechtlichen Union» oder einer «gleichgeschlechtlichen Familienbeziehung» leben können. Diese Vorschläge fanden in der Bevölkerung im Gegensatz zur Eheöffnung eine Mehrheit.

Keine vollständige Gleichstellung
Da das Referendum nicht bindend war und die Regierung wohl einer erneuten Klage zuvorkommen wollte, ignorierte sie diese Einwände. Im Mai beschloss das Parlament die Ehe für alle, wie es das Oberste Gericht verlangt hatte.

Taiwans Präsidentin Tsai Ing-wen unterstützte den Gesetzesentwurf. «Wir haben heute die Möglichkeit, Geschichte zu schreiben und der Welt zu zeigen, dass progressive Werte in einer ostasiatischen Gesellschaft Wurzeln schlagen können», twitterte sie.


Noch haben jedoch gleichgeschlechtliche Ehepaare in Taiwan einen Sonderstatus. So dürfen nur biologische Kinder des Partners oder der Partnerin adoptiert werden. Ausserdem ist es nur dann erlaubt, eine Person mit anderer Staatsangehörigkeit zu heiratet, wenn sie aus einem Land kommt, wo die Ehe für alle auch akzeptiert ist. LGBTIQ-Aktivist*innen haben an der Pride wieder angekündigt, in diesen Bereichen weiter für die Gleichstellung zu kämpfen.

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Rasante Entwicklung
Die erste Pride in Taiwan 2003 hatte bloss 1’000 Teilnehmer*innen – viele von ihnen trugen Masken, um nicht erkannt zu werden. Inzwischen hat sich viel getan: Nicht nur die Pride-Märsche und die LGBTIQ-Community werden immer grösser. Auch die Akzeptanz in der Gesellschaft ist vergleichsweise hoch, wie eine Umfrage zeigt. Laut eines kanadischen Meinungsforschungsinstituts akzeptieren nämlich 75 Prozent der Bevölkerung homosexuelle Beziehungen.

Das ist sehr hoch im Vergleich zu anderen asiatischen Staaten, wo Schwule und Lesben verfolgt werden. Im muslimisch geprägten Malaysia droht ihnen eine mehrjährige Haft, in Brunei gar die Todesstrafe.

Wie offen dagegen grosse Teile der taiwanesischen Bevölkerung sind, zeigen auch einzelne Begegnungen an der Pride in Taipeh. The Guardian berichtet etwa von einem heterosexuellen Lehrer, der mit seinem fünfjährigen Sohn mitmarschierte. «Ich unterstütze die Ehe für alle, weil sie ein elementares Menschenrecht ist», erklärt er. «Ich bin sehr stolz, dass Taiwan das erste Land Asiens ist, das diesen Schritt getan hat.»


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