in

Indonesien: Entscheid über Sexverbot vorerst vertagt

Die geplante Strafgesetzreform spaltet die Bevölkerung des südostasiatischen Staats

Indonesien homosexuell
Bild: Patrik M. Loeff (CC BY-NC-ND 2.0)

Gestern Montag demonstrierten mehrere tausend Studierende gegen die geplante Strafgesetzreform in Indonesien. Unter anderem sollen sexuelle Handlungen zwischen unverheirateten und/oder gleichgeschlechtlichen Paaren kriminalisiert werden.

Sowohl in der indonesischen Hauptstadt Jakarta als auch in den Städten Yogyakarta und Makassar gingen mehrere tausend Studierende auf die Strassen, um gegen eine geplante Strafgesetzreform zu protestieren. Unter anderem soll Sex zwischen unverheirateten heterosexuellen Paaren und homosexuellen Paaren verboten werden.

Die Kriminalisierung sexueller Handlungen spaltet die Bevölkerung. Die Reform sei eine Einschränkung der Meinungsfreiheit und diskriminiere Frauen, LGBTIQ-Personen sowie religiöse Minderheiten, sagen die einen. Für andere, darunter die muslimische Gruppierung Nahdlatul Ulama, vertrete die Gesetzesänderungen den «Charakter und die Persönlichkeit des indonesischen Volkes und des Landes».

Präsident Joko Widodo hat die Parlamentsdebatte, die heute Dienstag auf dem Programm stand, vorerst auf Oktober verschoben. Dann soll das neue Parlament darüber befinden. «Der Gesetzesentwurf wurde vertagt, damit wir einen Input erhalten und Grundlagen erarbeiten können, die dem Volkswillen entsprechen», sagte er gemäss der Nachrichtenagentur Reuters.


Embed from Getty Images

Es wäre die erste Reform seit der Einführung des Strafgesetzbuches in der holländischen Kolonialzeit im 20. Jahrhundert. Unter der gegenwärtigen Rechtslage kann beispielsweise die Ausübung schwarzer Magie oder eine Beleidigung des Präsidenten mit Haftstrafen und Bussen geahndet werden. Für Frauen ist eine Abtreibung nur legal, falls ein medizinischer Notfall vorliegt oder sie vergewaltigt wurden.

Obwohl die Einführung eines Verbots von sexuellen Handlungen zwischen homosexuellen und unverheirateten heterosexuellen Paaren noch nicht beschlossen ist, hat Australien die Reisehinweise für Indonesien angepasst. Besonders Bali, eine hinduistisch geprägte Enklave im vorwiegend muslimischen Indonesien, ist für Australier*innen ein beliebtes Reiseziel.


Indonesien: Moralische Panikwelle gegen «homosexuelle Bedrohung»

Eine Verschärfung der Lage für Minderheiten in Indonesien hat sich bereits in den vergangenen Jahren abgzeichnet (MANNSCHAFT berichtete). Vor zwei Jahren nahmen die Behörden mehrere Männer in einer Sauna in Jakarta fest, Anfang 2019 fiel die HIV-Organisation «OPSI» einer Razzia zum Opfer.  Mit öffentlichen Züchtigungen homosexueller Männer und Frauen, unter anderem mit Stockhieben, ist auch die Provinz Aceh immer wieder in den Schlagzeilen (MANNSCHAFT berichtete).


Magnus-Hirschfeld-Ufer

Deutlich mehr Anschläge auf LGBTIQ-Gedenkstätten

homophobie zürich IDAHOBIT-Stand

Angreifer des IDAHOBIT-Stands gefasst und geständig