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Proudr macht die Jobsuche queer

Die neue Plattform will Jobsuchende mit offenen Unternehmen verbinden und gleichzeitig ein berufliches Netzwerk für alle queeren Berufstätigen schaffen

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Mit Proudr will Stuart Cameron die Community als Ganzes stärken. (Bild: Bild: Business Punk)

Am Arbeitsplatz anders zu sein als die Norm, ist für viele ein Nachteil. Die neue Plattform Proudr will LGBTIQ-Berufstätigen nun einen Vorteil verschaffen. Queere Organisationen und Verbände können dort jetzt kostenlos Stellenanzeigen veröffentlichen.

Gemessen an den vielen Firmen und Konzernen, die an den Prides und CSDs Präsenz zeigen, könnte man auf eine hohe LGBTIQ-Akzeptanz am Arbeitsplatz schliessen. Dem ist aber nicht so. Einer im Februar veröffentlichten Studie der Boston Consulting Group zufolge, ist nur ein Drittel der LGBTIQ-Berufstätigen in Deutschland, Österreich und der Schweiz geoutet. Eine ähnliche Studie der OECD kam zum Schluss, dass schwule Männer rund 5 % weniger verdienen als ihre heterosexuellen Kollegen. Zudem sei es anderthalbmal weniger wahrscheinlich, dass eine offen homosexuelle Person an ein Bewerbungsgespräch eingeladen werde, als eine heterosexuelle.

Diskriminierung am Arbeitsplatz – beim Jahresgehalt von LGBTIQ?

Proudr will LGBTIQ-Menschen nun einen Vorteil verschaffen. Die im Mai lancierte App und Plattform will Jobsuchende mit offenen Unternehmen verbinden und gleichzeitig ein berufliches Netzwerk für alle queere Berufstätige schaffen – eine queere Version von LinkedIn sozusagen.

Hinter Proudr steckt Stuart Cameron. Der gebürtige Münchner hat Mobbing am Arbeitsplatz am eigenen Leib erfahren müssen. Während seiner Ausbildung bei einer grossen Elektronikkette in München kam seine Sexualität unfreiwillig ans Licht. Es folgten dumme Sprüche, sein Auto auf dem Mitarbeiterparkplatz wurde zerkratzt, und Stuart musste sich das Schimpfwort «Schwuchtel» gefallen lassen. «Dort zu arbeiten war alles andere als ein Zuckerschlecken», erinnert sich der heute 39-Jährige.


Ein Tag nach der Absolvierung seiner Ausbildung reichte Cameron die Kündigung ein. Später landete er bei einem Unternehmen, in dem der Chef selbst offen schwul war. «Es war ein Traum», sagt er gegenüber der Mannschaft. Die Tatsache, dass die Sexualität eben kein Thema sei, war eine Befreiung. «Ich konnte von meinem Freund erzählen, wenn es sich im Gespräch ergab. Bis dahin dachte ich, dass Diskriminierung am Arbeitsplatz zum Alltag gehöre und normal sei.»

In den folgenden Jahren war Cameron unter anderem in der Eventplanung und in der Messeorganisation tätig. Und hatte auf einmal einen Gedanken: «Ich dachte mir, dass es doch schön wäre, wenn ein Aufsteller auf die LGBTIQ-Freundlichkeit eines Arbeitgebers hinweisen würde.»

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Diversity bei Bosch und Coca-Cola
Daraus entwickelte sich 2009 schliesslich die Karrieremesse «Sticks & Stones» und somit Camerons Selbstständigkeit mit der Uhlala Group. Zu den Ausstellern gehören zahlreiche Firmen und Konzerne, darunter Bosch, Coca-Cola und Ernst & Young, die an der Berliner Messe einerseits ihre Diversity-Programme vorstellen, andererseits auch LGBTIQ-Talente rekrutieren. Vorträge und Diskussionsrunden zu den Themen LGBTIQ und Arbeitsplatz runden das Programm ab.


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Seit 2009 führt Cameron die LGBTIQ-Karrieremesse «Sticks & Stones» durch. (Bild: Business Punk)

Für Cameron war die Lancierung von Proudr der nächste logische Schritt. User*innen können in der App ein Karriereprofil erstellen, den Lebenslauf hochladen und so berufliche Kontakte knüpfen oder nach Jobs suchen. Zudem findet man eine Übersicht LGBTIQ-freundlicher Arbeitgeber. Umgekehrt sollen mit Proudr auch Unternehmen die Möglichkeit haben, nach neuen Mitarbeiter*innen zu suchen.

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Nach eigenen Angaben ist Proudr weltweit die erste Plattform ihrer Art. «Wir waren wohl nicht die ersten mit der Idee», sagt Cameron. «Die Umsetzung ist allerdings schwierig und nicht gerade günstig.» Für die Lancierung der App konnte Cameron auf sein langjähriges Netzwerk mit Firmen und das ihm entgegengebrachte Vertrauen zurückgreifen. So habe man die Finanzierung für die ersten drei Jahre sichern können.

Der ausführliche Artikel ist in der Juli-August-Ausgabe der MANNSCHAFT erschienen. Hier geht es zum Abo für die Schweiz oder für Deutschland.


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