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So verteidigt Iran die Hinrichtung Homosexueller

Bei einer Pressekonferenz fragt Bild-Reporter Paul Ronzheimer den iranischen Aussenminister, warum das Land Homosexuelle hinrichtet. Der antwortet nur ausweichend.

Irans Aussenminister Mohammed Dschawad Sarif, hier bei der Münchener Sicherheitskonferenz 2017. Foto: Mueller /MSC - CC BY 3.0 DE

Aussenminister Heiko Maas (SPD) war im Iran, um über den Atomdeal zu sprechen. Bei der anschliessenden Pressekonferenz wollte Bild-Chefreporter Paul Ronzheimer – selbst schwul – wissen, warum im Land Menschen aufgrund ihrer sexuellen Orientierung mit der Todesstrafe bestraft werden.

Es war keine leichte Reise für den deutschen Aussenminister Heiko Maas: Er war im Nahen Osten, um dafür zu werben, den sogenannten Atomdeal zu erhalten und einzuhalten, obwohl sich die USA aus dem Abkommen zurückgezogen haben.

Bei der anschliessenden Pressekonferenz am Montag hatte Bild-Chefreporter Paul Ronzheimer jedoch zwei andere Fragen: Er wollte von Maas‘ iranischen Amtskollegen Mohammed Javad Zarif wissen, wie der Iran zum Existenzrecht Israels stehe, und weshalb das Land Homosexuelle hinrichte.

Der iranische Aussenminister reagiert zurückhaltend. «Sarifs Gesicht versteinert sich. Dann lächelt er verlegen – und beginnt mit einem Rundumschlag gegen Israel und die USA», schreibt Ronzheimer in seinem Beitrag.


Maas einen Tag später auf Twitter: «Liebe darf nie wieder strafbar sein!»

Auf die Frage nach der Hinrichtung Homosexueller weicht Sarif aus. Er spricht nicht über die Todesstrafe, das Wort homosexuell nutzt er nicht: «Unsere Gesellschaft hat moralische Prinzipien und gemäss dieser Prinzipien leben wir. Das sind moralische Prinzipien in Bezug auf das Verhalten von Leuten im Allgemeinen. Und das besteht darin, dass das Recht eingehalten wird und dass man sich an Gesetze hält», antwortet er laut Ronzheimer. In der später veröffentlichten Mitteilung des iranischen Aussenministeriums tauchen weder Frage noch Antwort auf.

Zwar äusserte sich Heiko Maas unmissverständlich zum Existenzrecht Israels, das «zur deutschen Staatsräson gehöre und nicht verhandelbar» sei, zur Todesstrafe für Homosexuelle sagte er jedoch nichts, was später kritisiert wurde. Einen Tag später twitterte er – anlässlich des 25. Jahrestags der Streichung von Paragraf 175 – ein Foto von sich vor einer Regenbogenfahne und schrieb: «Vor genau 25 Jahren verschwand Homosexualität endgültig als Straftatbestand aus dem Strafgesetzbuch. Gut so. Liebe darf nie wieder strafbar sein!»


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Michael Roth, Staatsminister im Auswärtigen Amt, erklärte später gegenüber Bild: «LGBTI-Rechte sind Menschenrechte. Und zwar immer. Und überall. Keine religiöse, kulturelle oder ethnische Tradition rechtfertigt die staatliche Verfolgung, gar Hinrichtung Homosexueller. In Iran und sieben weiteren Staaten weltweit droht Homosexuellen die Todesstrafe. Das ist unmenschlich und völlig inakzeptabel.» Auch FDP-Aussenexperte Alexander Graf Lambsdorff und Volker Beck (Grüne) kritisierten die Äusserungen scharf.

Für Richard Grenell, US-amerikanischer Botschafter in Deutschland und offen schwul, ist die Entkriminalisierung von Homosexualität eine besonders wichtige Angelegenheit. Auf Twitter lobte er Ronzheimer für seine Frage. Der Jerusalem Post sagte er, die Antworten von Sarif verstössen gegen grundlegende UN-Prinzipien. «UN-Mitglieder sollten der Erklärung zustimmen, um Mitglieder zu sein. Die Kriminalisierung von Homosexualität verstösst schlicht und einfach gegen die Erklärung.»

Laut Amnesty International Tausende homosexuelle Opfer

Paul Ronzheimer, seit 2012 Chefreporter der Bild und selbst schwul, sagte der Washington Post, sein US-amerikanischer Partner habe ihm bei der Frage geholfen. Sie sei ungewöhnlich persönlich für ihn gewesen: «Ich glaube, ich hatte gegen Ende eine etwas zittrige Stimme», zitiert ihn die Zeitung.

Offizielle Zahlen zu Hinrichtungen im Iran gibt es nicht. Das Land steht nach China auf dem zweiten Platz der Länder mit den meisten vollstreckten Todesstrafen. Laut Amnesty International wurden seit der Iranischen Revolution 1979 Tausende Homosexuelle Opfer. Berichte zu Hinrichtungen sind jedoch häufig zu hinterfragen, da es im Iran keine freie Presse gibt. Erst Anfang des Jahres soll ein 31-Jähriger aufgrund seiner Homosexualität hingerichtet worden sein. Viele Details sind jedoch unklar.


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