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Das BAMF will geflüchtetes Paar nach Malaysia zurückschicken

Der trans Mann Ong und seine Freundin Tina sind aus ihrer Heimat nach Deutschland geflohen

Malaysia
Tina (li) und Ong auf der ITB Berlin (Foto: Kriss Rudolph)

Bei der Reisemesse ITB Berlin sagte der Tourismusminister von Malaysia, Datuk Mohammaddin bin Ketapi, zum Thema Homosexualität: «Ich glaube, wir haben so etwas nicht in unserem Land.» Tatsächlich werden dort queere Menschen verfolgt und unterdrückt. Wer kann, verlässt das Land. So wie Ong und Tina.

Ong (24) und Tina (21) sind seit drei Jahren ein Paar. Über gemeinsame Freunde haben sie sich einst bei Facebook kennengelernt. Gemeinsam kamen sie im Herbst 2018 nach Deutschland. Kanada stand auch noch zur Wahl, aber die Tickets waren zu teuer. Zuvor im August  waren zwei Lesben verurteilt und in der malaysischen Großstadt Kuala Terengganu ausgepeitscht worden – man hatte sie zusammen im Auto erwischt, wo sie Sex hatten. In Folge des Urteils kontrollierte die Polizei nun verstärkt queere Menschen.

«Staaten, die LGBTIQ verfolgen, sind keine akzeptablen Gastgeber»

«Auf der Straße wurden wir angehalten, einfach so. Sie sahen uns Händchen halten», erzählt Tina. «Was tut ihr da, seid Ihr zwei Lesben?», rief ein Polizist. „Ihr könnt euch nicht in der Öffentlichkeit umarmen!»

Zu Ong  sagte der Polizist: «Du siehst wie ein Junge aus, aber im Pass steht, du bist eine Frau!», sagten sie. Der Polizist zog Ong das Portemonnaie aus der Tasche und verlangte Geld. 1000 Ringgit – das sind etwa 2015 Euro.«Aber soviel hatten wir nicht. Er nahm sich 150 und sagte, das nächste mal müsst ihr mit aufs Revier kommen.»


Tina fiel vor ihm auf die Knie und bat ihn, sie ihn Ruhe zu lassen. Sie hatte Angst, sie könnten unsere Namen veröffentlichen. «Wir haben doch nichts getan!», sagte sie. Der Polizist entgegnete, die beiden beschmutzten seine Religion. «Ihr solltet als LGBTIQ nicht in diesem Land sein.» Er spürte sie immer wieder auf, eine Woche lang, jeden Tag.

Die beiden sind daraufhin in eine andere Stadt geflohen. «Wir hatten Angst. Wir wollten nicht ins Gefängnis. Wir wollten einfach nur unser Leben leben. Da beschlossen wir nach Deutschland zu fliehen.» Am Flughafen, bei ihrer Ausreise, war es nochmal kritisch. Bei der Kontrolle wurde Ong wegen seiner kurzen Haare kritisch gemustert. Aber dann tauchte eine Gruppe von Chinesen auf, zu denen auch einige Mädchen mit kurzen Haaren gehörten – unter die mischten sie sich dann. Und so kamen die durch.

Malaysia ist ein sicheres Land. Ihr müsst Eure Beziehung eben verstecken.

Bei ihrer Ankunft in Deutschland sagte man den beiden beim Bundesamt für Migration und Flüchtlinge: «Malaysia ist ein sicheres Land. Ihr müsst Eure Beziehung eben verstecken.» Ihr Antrag auf Asyl wurde abgelehnt. Dagegen klagen sie nun.


Sich verstecken oder ihre Liebe, ihre Beziehung verheimlichen – das kommt für sie nicht in Frage. Zurückgehen können und wollen sie nicht. Ong hat seinen Job bei einem Telekommunikationsunternehmen verloren, weil er trans ist. Andere Jobs bekam er nicht: Man fürchtete, er könnte die anderen Mitarbeiter negativ beeinflussen.

«Fortdauernde Drangsalierung von LGBTIQ schreit zum Himmel»

Tina ist Waise, Familie hat sie nicht mehr. In Malaysia vertraute sie sich ihrer Mitbewohnerin an, doch die erzählte es weiter. Mehrere Männer versuchten daraufhin, sie zu vergewaltigen. Tina wollte sich das Leben nehmen. Dann aber schöpfte sie neue Kraft und beschloss, dass sie nicht aufgeben werde. «Wir sind doch auch Menschen», sagt Tina.«Wir tun niemandem etwas. Wenn ich Ong heirate, nehmen wir keinem was weg.»

Auch im Auffanglager riet man ihnen, sich zu verstecken, weil dort viele Muslime lebten. Aber Ong will sich nicht verstecken. Dass Malaysias Tourismus-Minister auf der ITB sagte, er wisse nichts von LGBTIQ in seinem Land, können die beiden nicht nachvollziehen. Immer wieder hören sie Nachrichten, dass trans Personen in Malaysia getötet werden.

Malaysia
Ong (li) und Tina waren auf der ITB Berlin, um über ihre Flucht aus Malaysia zu reden (Foto: Kriss Rudolph)

Ong ahnt seit seinem 5. Lebensjahr, dass er trans ist. Seit er ist 12, weiss er es ganz sicher. Mit seiner Familie konnte er darüber nicht sprechen. Immerhin, es gibt einen schwulen Onkel, aber der lebt mittlerweile in Chile. Auch der Bruder seiner Großmutter ist schwul, lebt in China. Die homosexuellen Familienmitglieder wurden im Laufe der Zeit akzeptiert; mit dem trans Mann Ong haben sie noch ihre Probleme. E hofft, dass sich das bald bessert.

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Im Mainzer Flüchtlingsheim haben Ong und Tina ein Zimmer zusammen. Klo und Dusche nutzten sie gemeinsam mit anderen. So verbringen sie eigentlich die ganze Zeit auf dem Zimmer. Denn rauszugehen ist zu gefährlich. «Wenn wir den Deutschkurs haben, ist das wie Paradies! Dann kommen wir mal raus!“ Die Organisation Rainbow Refugees versucht jetzt, eine Wohnung für das Paar zu finden.

Die beiden lernen schon fleissig Deutsch, sie wollen hier bleiben. Hier fühlen sie sich sicher, treffen viele freundliche Menschen, die ihnen helfen und sie unterstützen. Ong will Sozialarbeiter werden, anderen LGBTIQ-Menschen helfen. «Wir wollen einfach nur in Ruhe und Frieden leben und arbeiten», sagt Tina. In Deutschland, sagen sie, liegt ihre Zukunft.


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