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«Hexenjagd» auf homosexuelle Soldaten in Südkorea

Eigentlich ist Homosexualität in Südkorea legal, die einzige Ausnahme bildet das «Sodomie-Gesetz» des Militärs

Soldaten der südkoreanischen Armee bei einer Kampfsportveranstaltung (Foto: Republic of Korea Army / Facebook)

Das Militär in Südkorea hat seine «Jagd» auf homosexuelle Soldaten wieder aufgenommen, meldet das Center for Military Human Rights Korea. Drei Männer, die in der Marine dienen, werden derzeit wegen homosexueller Aktivitäten vernommen. Ihnen drohen bis zu zwei Jahre Gefängnis nach dem umstrittenen «Sodomie-Gesetz» des Militärs.

Die Staatsanwaltschaft kann dieses Gesetz auch anwenden, wenn sexuelle Akte ausserhalb vom Militärbereich stattgefunden haben. Ausserhalb des Militärs ist Homosexualität in Südkorea allerdings legal, das Schutzalter liegt bei 14 Jahren.

Ein zweijähriger Militärdienst ist für alle «körperlich fähigen» südkoreanischen Männer verpflichtend. 2017 kam das für all diese Männer geltende «Sodomie»-Verbot in die Schlagzeilen, nachdem herauskam, dass ein ranghoher General eine schwule Dating App benutzte, um Soldaten in die Falle zu locken.

Sein als «Hexenjagd» bezeichnetes Vorgehen überführte damals 50 Soldaten. Dafür wurde Südkoreas Militär von vielen LGBTIQ-Organisationen und von der UN gerügt und aufgefordert, das Gesetz zu überdenken.


Soldaten und Soldatinnen des südkoreanischen Militärs- ein Militärdienst von zwei Jahren ist für Männer verpflichtend (Foto: Republic of Korea Army / Facebook)

Laut Zentrum für militärische Menschenrechte werden die drei jetzt festgenommenen Soldaten momentan verhört – sie werden in den Akten unter den Namen «A», «B» und «C» geführt. Angeblich soll «A» eine Therapie wegen seiner sexuellen Orientierung angefragt haben. Er habe gestanden, mit einem anderen Soldaten Sex gehabt zu haben.

Degradierende Fragen: Hat er ejakuliert?

Die Militärpolizei verlangte daraufhin von «A» den Namen des anderen Soldaten. Sie durchsuchte in der Folge das Telefon von «B» und fand Hinweise auf ein Verhältnis mit «C».


Das Zentrum für militärische Menschenrechte schreibt, die Untersuchungskommission habe im Verlauf des Verhörs und der Untersuchungen «irrelevante» und «degradierende» Fragen gestellt. Die Militärpolizei wollte von «B» wissen, ob er sich als homosexuell oder bisexuell identifiziere. Sie wollte auch wissen, welche Position er beim Sex einnähme und ob er ejakuliert habe. «C» wurde mitten in seinem mit Kollegen besetzten Büro mit der Frage konfrontiert, ob er homosexuell sei. Danach wurde er abgeführt.

Kein Platz für Homosexualität in Nordkorea

Erst letzte Woche hatte Human Rights Watch (HRW) Südkorea aufgefordert, das «Sodomie-Gesetz» ganz abzuschaffen. HRW hat einen entsprechenden Antrag beim Constitutional Court of Korea eingereicht, dem Verfassungsgericht des Landes.

«Südkoreas Militär-Sodomie-Gesetz ist ein Schandfleck für die Errungenschaften des Landes auf dem Gebiet der Menschenrechte, mehrere Menschenrechtsorganisationen haben zur Abschaffung des Gesetzes aufgerufen», erklärte Graeme Reid von HRW. «Die Kriminalisierung von einvernehmlichem gleichgeschlechtlichem Sex gehört in die Geschichtsbücher, dafür gibt es keinen Platz in der koreanischen Gesellschaft», so Reid.

Disziplin muss gewahrt werden

Südkorea hat allerdings erst kürzlich das Verbot von Homosexualität im Militär verteidigt. Es teilte der UN mit, dass die Verfolgung von «anstössigem Verhalten» wichtig sei, um Disziplin zu wahren im Männer-dominierten Militär.

Letztes Jahr im Mai hatte ein Gericht einen Offizier verurteilt, weil er Sex mit einem Soldaten hatte. Das verhängte Strafmass waren sechs Monate Gefängnis. Allerdings wurde das Urteil ausgesetzt. Im August 2018 versicherte die Regierung, sie würde das «Sodomie-Gesetz» überprüfen.

Soldaten des südkoreanischen Militärs posieren oberkörperfrei für eine PR-Kampagne (Foto: Republic of Korea Army / Facebook)

Insgesamt sei Südkoreas aufblühende LGBTIQ-Bewegung mit einem konservativen gesellschaftlichen Roll-back konfrontiert, warnte HRW Anfang 2019. In ihrem Jahresbericht zur Weltlage meldete HRW, dass südkoreanische Politiker wenig für den Schutz und die Rechte von LGBTIQ täten.

Der Menschenrechtsgruppe zufolge haben 210.000 Menschen eine Petition gegen einen Pride-Marsch in der Hauptstadt Seoul unterschrieben. Ein Anti-LGBTIQ-Block bestehend aus über 1.000 «christlichen» Demonstranten stellte sich im September 2018 einem Pride-Festival in der Hafen- und Industriestadt Incheon an der Nordwestküste Südkoreas entgegen und verhinderte einen Umzug.

Die Organisatoren von Südkoreas grösster LGBTIQ- Parade appellierten Ende Februar an die Regierung, konservativen Gruppen nicht nachzugeben und die Teilnehmenden des 20. Queer Culture Festival zu schützen, das im Mai stattfinden soll und einen Strassenumzug am 1. Juni vorsieht.

Keine Vergabe von Genehmigungen

Solche Pride-Märsche kommen in Südkorea zunehmend unter Beschuss von konservativen Christen. Diese Gruppen üben Druck auf Behörden aus, um die Vergabe von Genehmigungen zu verhindern, sie greifen aber auch eigenhändig brutal ein, um Veranstaltungen zu beenden.

Die Richtlinien des Unterrichtsministeriums orientieren sich an solchen christlichen Wertevorstellungen und diskriminieren damit LGBTIQ-Jugendliche, wie HRW im Jahresbericht feststellt. Damit werde ein problematisches Gesellschaftsbild weitergegeben an die nächste Generation.

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Die Menschenrechtskommission Südkoreas hatte erst Ende letzten Monat betont, dass sie die Anerkennung einer gleichgeschlechtlichen Ehe zwischen dem 35-jährigen Briten namens Simon Hunter-Williams und einem Südkoreaner, den er 2015 in Grossbritannien geheiratet hatte, nicht «verweigere». Darüber berichtete The Korea Herald. Aber: Die Kommission sagte, es müsste erst die Gesetzeslage überprüft werden und der soziale Konsens im Land müsse sich ändern, bevor gleichgeschlechtliche Ehen vom Gesetzt anerkannt werden könnten – auch Ehen, die rechtskräftig im Ausland geschlossen wurden.

Vor dem Gebäude der Kommission protestierten damals mehrere christlich-konservative Gruppen gegen die Anerkennung der Ehe der beiden Männer.

Konservative Christen protesieren vorm Eingang der Nationalen Menschenrechtskommission Südkoreas (Foto: Raphael Rashid / Twitter)

Hunter-Williams hatte ein Ehegattenvisum für Korea beantragt, um im Land zu leben und zu arbeiten, er wollte eine Garantie, dass ihm die gleichen Rechte zustehen, wie einem Koreaner. Seinen Antrag hatte er an den sozialliberalen Präsidenten Moon Jae-in persönlich geschickt, vom Justizministerium jedoch eine negative Antwort erhalten.

Wie es mit «A», «B» und «C» weitergeht, ist bislang nicht bekannt.


Dragan Marković

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