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«Sie zeigten einfach die Bilder, die für die Geschichte passten»

Ein Fotograf fühlt sich von «20 Minuten» angeprangert

Björn E. (Name der Red. bekannt) kam wegen seiner Bilder und seines Jobs als Primarlehrer in die Schweizer Tagespresse. (Bild: instagram.com/bthisway)

Björn E. ist Fotograf und arbeitet hauptberuflich als Primarlehrer. Eine Frau aus dem Dorf beschwerte sich bei der Schulleitung und bei 20 Minuten über seine Bilder auf Instagram und trat eine mediale Diskussion über die Rolle des Lehrers los.

Björn, hatten die Artikel von 20 Minuten einen negativen Einfluss auf deinen Schulalltag?
Nein, aber auf mich, vor allem psychisch. Ich konnte nicht entspannt unterrichten. Ich erhielt jedoch viel Unterstützung von der Schulleitung. Auch viele Eltern schrieben mir, dass sie mich akzeptierten, wie ich bin, und es sie nicht interessiere, was ich in meiner Freizeit mache. Dass sie mich schätzten und nicht wollten, dass ich entlassen werde.

Ich fühle mich aber auch entlastet. Die Katze ist aus dem Sack und die Welt weiss jetzt, dass ich fotografiere. Es wäre allerdings schön gewesen, wenn es anders thematisiert worden wäre als in den Medien.

Hat dich 20 Minuten überhaupt für eine Stellungnahme kontaktiert?
Ja, aber sie konnten nicht warten, bis ich mich mit der Schulleitung abgesprochen hatte. Überhaupt war ihr Vorgehen sehr fraglich. Sie kontaktierten Models von mir und wollten meine Nummer haben. Zudem schrieben sie im Artikel, dass die Kinder mich auslachten oder eine Mutter ihre Tochter aus der Schule nehmen wolle. Das stimmt alles nicht.


Wurde die Geschichte aufgebauscht?
Die Geschichte wurde ganz klar ge­hypt. Im Coop zeigten sie meine Bilder vor allem älteren Leuten und fragten sie, ob eine Person wie ich Lehrer sein sollte. Auf meinem Instagram-­Ac­count (@bthisway) sind über tausend Fotos. 20 Minuten nahm einfach die Bilder heraus, die für ihre Geschichte passten, und bezeichneten mich dabei immer als Lehrer, obwohl ich auf In­sta­gram nur als Fotograf auftrete.

Der Dachverband Lehrerinnen und Lehrer Schweiz kritisierte dich aber, die halbnackten Bilder seien nicht mit deiner Vorbildfunktion vereinbar.
Ich finde auch, dass die Bilder nicht für Kinder sind. Ich finde aber nicht, dass ich diese Bilder nicht machen dürfte. Wie gesagt, wenn man alle meine Bilder sieht, realisiert man auch, dass ich viele andere Dinge fotografiere als nur nackte Haut. Man kann es auch als Chance sehen, das Thema soziale Medien mit den Kindern anzugehen statt es zu verbieten. Von einem Mindestalter zu sprechen, ist eine Illusion. Die Hälfte meiner Drittklässler*innen hat Zugang zu Instagram.

Hat die Gesellschaft Mühe mit Bildern von nackten Männern?
Diese Frau, die zu den Medien gegangen ist, ganz sicher. Mich erstaunt eher, wie negativ Menschen auf ein Bild reagieren, auf dem keine Gewalt und kein sexueller Akt dargestellt sind. Schwule in der Community sind da keine Ausnahme. Beispielsweise erntete mein Foto einer Dragqueen viele negative Reaktionen. Auf Ausgrenzungen innerhalb der Community reagiere ich sehr sensibel. Klar habe auch ich meine Ästhetik, aber es gibt viele Sachen, die ich schön finde.



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